Kapitel 25

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Das war es jetzt also. Endgültig. Das mit Martha und mir würde nichts werden. Das hatte sie ja mehr als deutlich klar gemacht. Ich war gerade in meinem Zimmer und zog mir meine Laufsachen an. Ich musste jetzt vor meinen Gefühlen und Gedanken weglaufen. Wortwörtlich. Anderseits würde ich hier komplett durchdrehen. Vorher wollte ich aber noch in die Küche und meine Flasche mit Wasser auffüllen. Doch an der Tür hielt ich inne, weil ich Marthas Stimme wahr nahm. Und ihr wollte ich jetzt echt nicht begegnen. Doch dann hörte ich auch noch eine andere Stimme.
Sie war also nicht alleine. Mit wem redete sie da? Und schon wieder erwischte ich mich dabei, wie ich Leute belauschte. Ich war einfach zu neugierig.
"Man Sibel, was mache ich denn jetzt?!", hörte ich Martha verzweifelt sagen. Ging es etwa um mich und den Kuss? "Martha, es ist Till. Der spinnt sich da doch eh nur was zusammen. Außerdem hat dir der Kuss nichts bedeutet, dann kannst du ihn echt einfach vergessen. Und wie schon gesagt : Niemand mag Till. Also verschwende nicht deine Zeit mit ihm, sondern konzentrier dich lieber auf Kasimir." "Stimmt, niemand mag Till.", hörte ich sie noch leise sagen. Autsch. Das hatte gesessen. Ich wusste ja, dass ich nicht der beliebteste Typ der Schule war, aber dass mich anscheinend niemand mochte war mir neu. Wieder machte sich dieses Stechen in meiner Brust breit und schnürte mir die Luft ab. Nirgends war ich willkommen. Nirgends wurde ich akzeptiert. Nicht mal geduldet wurde ich. Weder zu Hause noch hier im Internat.
Mein Blick wurde starr und wütend und ich stürmte raus, um laufen zu gehen.

Ich lief und lief und lief und wusste schon gar nicht mehr wo ich war, bis ich stehen bleiben musste. Meine Beine konnten nicht mehr und meine Lunge brannte wie Feuer. Genau wie die Tränen, die stumm über meine Wangen liefen. 'Wie schon gesagt: Niemand mag Till' , wirbelten die Worte durch meinen Kopf. Martha war also auch der Meinung? Aber wieso zur Hölle, hatte sie diesen blöden Kuss dann erwidert?! Wieso warf sie mir so gemeine Dinge an den Kopf?! Und wieso verletzte mich es so krass?! Früher wäre mir egal gewesen, was so eine wie Martha denkt, aber seit diesem Schuljahr war alles anders. Und seit dem Kuss noch viel mehr. Ich hatte mich lange nicht mehr so wohl in der Nähe einer Person gefühlt, doch dann musste sie das alles mit ihren Worten zerstören.
Wütend wischte ich mir die Tränen weg. Das Rumgeheule war jetzt vorbei. Ich würde ihr aus dem Weg gehen und mich wieder voll und ganz auf meinen Sport konzentrieren. Denn der hatte mich noch nie enttäuscht. Er erfüllte immer seinen Zweck. Entschlossen lief ich weiter Richtung Stadion, um dort noch ein paar Runden zu drehen.

Zurück im Internat ging ich duschen und machte mich dann auch schon fürs Bett fertig, da es mittlerweile schon nach 22 Uhr war. Ich war doch länger unterwegs als ich gedacht hätte.

Am nächsten Morgen stand ich sogar extra früher auf, um Martha auf keinen Fall zu begegnen. Sie würde nie freiwillig eher aufstehen, deswegen war ich beim Frühstück schon mal safe.
Doch dann traf mich in der Schule der Schlag. Frau Miesbach hatte die Fotos aus dem Kurs in eine Diashow gepackt und ließ sie jetzt auf dem Bildschirm laufen, auf dem normalerweise der Vertretungsplan angezeigt wurde. Ich starrte drauf und wartete auf die Bilder von Martha und mir. Auch wenn ich wusste das es mir einen Stich versetzen würde. Und ich hatte Recht. Als ich die Bilder dann sah, kam direkt der Schmerz wieder hoch. Und ausgerechnet in dem Moment, kam Martha auch zu ihrem Spind, sah ebenfalls die Fotos und blickte mich dann traurig an. Auch ich warf ihr einen kurzen Blick zu. Sie konnte ruhig sehen, dass sie mir wehgetan hatte. Dann ging ich so schnell wie möglich nach draußen. Ich brauchte Abstand von ihr.
In meinem Kopf war das reinste Chaos. Genau wie in meinem Herz. Ich mochte sie sehr, aber was sie mir da an den Kopf geworfen hatte, würde ich ihr nie verzeihen können.

What if?Where stories live. Discover now