Kapitel 62

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Tills Sicht:

Wieso log ich Martha schon wieder an ?
Warum konnte ich ihr nicht einfach sagen, was mit mir los war ?
Wieso stand ich mir nur wieder selbst im Weg ?
Ich konnte ihr doch alles anvertrauen, bei ihr fühlte ich mich geborgen und sicher und jetzt schaffte ich es nicht einmal,ihr die Wahrheit zu sagen. Was für ein Versager ich doch war. Ich hatte Martha nicht verdient. Sie war viel zu gut für mich.
Dann plötzlich leuchtete mein Handy auf und ich las erneut den Namen meiner Mum auf dem Display. Direkt spannte ich mich an, was Martha natürlich merkte. "Was ist los?" "Meine Mum hat mir geschrieben." "Das ist doch super! Endlich hat sie sich gemeldet. Komm lesen!", sagte sie ganz aufgeregt. "Naja sie hat mir heute Morgen auch schon ne Nachricht geschickt. Ich habe aber nicht darauf geantwortet, weil sie nicht so nett war.", gab ich dann beschämt zu und senkte meinen Blick. "Was? Wieso hast du mir nichts gesagt?" Ich hörte die bittere Enttäuschung in ihrer Stimme und es machte mich jetzt schon fertig. Wieso war ich auch so dumm und hatte ihr nichts gesagt?! Man ich musste mir immer alles selbst kaputt machen mit meinem Verhalten. Und schon wieder kochte diese unkontrollierbare Wut auf mich selbst in mir hoch. "Ich wollte dich nicht beunruhigen."  "Na komm zeig die Nachrichten her.", sagte sie dann überraschenderweise und hielt mir fordernd ihre geöffnete Handfläche hin. Zögerlich legte ich mein Handy hinein und sie zog es dann zu sich, nahm es in beide Hände und fing an zu lesen. Ich beobachtete ihr Gesicht dabei und versuchte so heraus zu finden, was sie über die erste Nachricht dachte und was wohl in der zweiten stehen würde. Sie runzelte die Stirn und schnaubte fassungslos auf. "Das ist doch echt nicht zufassen!" Dann wanderte ihr Blick zu mir und ich sah Mitleid in ihnen. "Was hat sie geschrieben?", fragte ich leise und machte mich innerlich schon auf die nächste Ohrfeige  von meiner Mum gefasst. "Till es tut mir so Leid.", sagte sie und gab mir dann mein Handy zurück. Verunsichert schaute ich aufs Display dann huschte mein Blick zu Martha und ich fing dann an den Text zulesen, den mir meine Mum geschickt hatte.
"Till? Ich hoffe dir geht es heute ein bisschen besser. Wir wären dich heute besuchen gekommen, aber wir haben den Kleinen versprochen, dass wir heute in den Zoo fahren, deshalb konnten wir das nicht absagen. Sie würden sonst einen riesen Aufstand machen. Das verstehst du sicher. Du bist ja schon ein großer Junge und kannst gut auf dich selbst aufpassen. Wenn du willst telefonieren wir heute Abend mal okay? Hab dich Lieb, Mama."
Ich starrte mein Display an und fühlte nichts. Nichts außer diese Leere, die sich urplötzlich in mir breit machte und mich mit sich in die Tiefe zog.
Ich wusste, dass Martha da war, aber ich konnte sie weder hören noch sehen. Meine Gedanken drehten sich und führten mir nur immer wieder diese zwei Nachrichten von meiner Mum vor Augen. 'Du bist ihr egal. Du interessierst sie nicht mehr. Sie hat die neuen Kinder viel lieber als dich. Du existierst in ihrer Welt nicht.' redeten mir meine Selbstzweifel auf Dauerschleife diese fiesen Worte ein. Und ich glaubte jedes einzelne davon. Wieso hatte ich mir auch wieder Hoffnungen gemacht? Es war doch klar, dass sie mich wieder fallen lassen würde. Ich versuchte krampfhaft die Tränen, die in mir aufstiegen nicht nach draußen zulassen, was meinen Blick wütend aussehen ließ. "Till. Ich bin da.", hörte ich Martha ruhig sagen und dann spürte ich auch schon ihre Arme um meinen Körper und die Emotionen sprudelten jetzt aus mir heraus. Ich weinte hemmungslos und ließ mich bei ihr fallen. Bei ihr war das okay. Sie fing mich auf. Sie würde mich wieder hochziehen. Irgendwie würde sie das schaffen. Auch wenn ich es selbst nicht mehr konnte.

What if?Where stories live. Discover now