Kapitel 13 - Stolze Wut

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Am Abend hatte Alec sich so weit gefasst, dass er bereit war, wieder auf Magnus zu treffen. Er hatte sich vorgenommen, ihm noch diese Nacht zu geben, bevor er ihn endgültig loswurde.

Er hätte er das auch problemlos früher hinbekommen, aber er war nunmal egoistisch. Er wollte Magnus' Gegegenwart mit all ihrer Pracht nocheinmal genießen, bevor er wieder in seinen Alltag zurückkehrte und weiterhin hoffte, dass seine Eltern irgendwann einsahen, dass diese Partnersuche absolut sinnlos war.

Den ganzen restlichen Tag über war Alec mit seinen Pflichten beschäftigt gewesen, sodass er nur selten zum Durchatmen und damit zum Nachdenken gekommen war. Aber in jeder freien Sekunde hatte er wieder Magnus und diesen phänomenalen Kuss im Sinn.

Magnus' Lippen sahen nicht nur weich aus, sondern waren es auch. Sie waren quasi zum Küssen erschaffen worden und passten so perfekt auf seine eigenen, dass es beinahe erschreckend war. Außerdem mussten sie eine hypnotische Wirkung haben, wenn er noch immer daran dachte.

Allerdings hatte sich in der Bibleothek zumindest eine seiner vielen Fragen zu Magnus beantwortet. In seinen Augen wusste er jetzt nämlich, warum der schöne Mann beim ersten Versuch zurückgeschreckt war: Er war noch unerfahren.

Man konnte es bei seinem Aussehen kaum glauben, aber er war es definitiv. Das oder bei jeglichen intimen Handlungen ging die Initiative nicht von ihm aus.
Alec fand das irgendwie ... niedlich, aber er befand sich nicht in der Position, das zu verurteilen.

Als es zur gewohnten Zeit nicht an seiner Tür klopfte, machte Alec sich ersteinmal keine Gedanken, immerhin könnte es schlichtweg sein, dass Magnus länger brauchte, um sich herzurichten. In dieser Hinsicht würde sich aber jeglicher Aufwand lohnen.

Deshalb beschloss der König sich zu gedulden.

Doch je länger es still blieb in seinem Gemach, desto aufgebrachter und verwirrter wurde er.

Warum taucht er nicht auf?
Was braucht er denn so lange? Ihm läuft die Zeit davon.

Langsam wuchs aber auch seine Wut, denn er hasste es, wenn nicht alles nach Plan verlief.

Was denkt er eigentlich, wer er ist?!
Er hat mir gefälligst zu gehorchen! Ich werde nicht nach seiner dummen Pfeife tanzen, immerhin bin ich der König!
Das wird Konsequenzen haben!

Irgendwann reichte es Alec und er machte sich wutentbrannt auf zum Gästezimmer, das Magnus während seines Aufenthaltes hier bezog. Er scherte sich nicht darum, anzuklopfen, sondern schritt einfach hinein.

Das Zimmer war einfach, hatte aber alles, was man zum Leben brauchte. Wenn er nicht wissen würde, dass hier jemand lebte, wäre er wohl einfach weitergegangen, denn das Zimmer sah so ordentlich aus wie sonst auch.

Nur der Mann in der Mitte des Raums war der Beweis für das Gegenteil.

~Was fällt dir ein, nicht aufzutauchen!?~
~Ich denke, es ist besser, wenn wir diese ganze Geschichte abblasen. Also, dass ich versuchen soll, dein Herz zu erobern. Das war ein Fehler.~

Alec hatte plötzlich das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Als wäre ein kleiner Stein direkt in seinen Hals hineingerollt und dort stecken geblieben, sodass kein lebensnotwendiger Sauerstoff mehr in seine Lungen kam. Seine Brust schien zu höllisch zu schmerzen und ein unangenehmer Schauer durchlief ihn und ließ seinen ganzen Körper erzittern.

Ihn trafen diese Worte sehr, obwohl eigentlich das Gegenteil der Fall sein sollte, immerhin hatte Alec selbst den Plan geschmiedet, Magnus am Morgen loszuwerden. Er sollte sich eigentlich freuen, sein Ziel früher zu erreichen als gedacht, doch das tat er nicht.

Im Gegenteil. Alles in ihm schrie, Magnus davon abzuhalten. Er sollte hier bleiben, bei ihm, und ihn weiter verzaubern! Nicht nur mit seinen Geschichten sondern mit seinem ganzen selbst.

Zumindest flehte ihn sein Herz darum an, Magnus vom Gegenteil zu überzeugen, zum Bleiben zu bewegen. Selbst Alecs Verstand war unglücklich mit diesen Worten, denn er sollte es sein, der Magnus abservierte und nicht derjenige, der abserviert wurde.

Er musste ihn zum Bleiben bringen, damit er ihn später eigenhändig loswerden könnte. Sein Stolz ließ ihm da gar keine andere Wahl.

~Nein, ist es nicht. Es ist ein Fehler, dass du versuchst, unser Arrangement zu brechen. Das liegt nicht in deiner Entscheidungsgewalt, Magnus.~
~Dann tu es doch. Ich weiß, dass du das hier genauso wenig willst wie ich.~, forderte Magnus ihn heraus, als er sich umdrehte.

Sein Gesicht wirkte entschlossen und kalt. Er war stur, das hatte Alec im Gefühl, aber er war sturer und das würde er ihm auch beweisen.

~Ich will das hier, mehr als du denkst und das werde ich dir auch beweisen.~, knurrte er wütend, bevor er auf Magnus zuschritt. Dieser wich augenblicklich zurück, sichtlich erdrückt von der plötzlichen Dominanz des Königs.

Noch immer mit diesem harten Blick ließ er sich gegen die Wand neben dem Bett pressen und wieder waren sie sich so nah, dass Alec beinahe seine Fassung verlor. Warum musste Magnus auch so betörend riechen? Noch nie war ein Duft so köstlich, dass er einfach nicht genug davon bekommen konnte.

Auch Magnus' Augen, die im sanften Kerzenlicht dunkel schimmerten, nahmen ihn gefangen und entführten ihn in eine andere Welt, in der alles so viel leichter war. Er wollte diese Welt unbedingt erneut betreten und er wusste auch genau, durch welche Pforte er musste.

Ruckartig beugte er sich vor und nahm Magnus' Lippen mit seinen gefangen. Er wollte sie unbedingt so makieren, dass niemand anderes mehr in den Genuss dieser süßen Sünde kommen würde.

Zu seiner positiven Überraschung erwiederte Magnus den Kuss leidenschaftlich und vergrub eine Hand in seinen schwarzen Haaren. Sanft zog er an den Spitzen, während er in Alecs Unterlippe biss, was diesem ein kehliges Seufzen entlockte, während er seine großen Hände auf Magnus' schlanke Taille legte.

Alec genoss den Kuss und vor allem die Gefühle, die er ihm schenkte. Der erste Kuss war so unschuldig und rein wie weiße Seide, aber dieser hier war getränkt von Leidenschaft und Verlangen. Er liebte beide Varianten und wollte unbedingt mehr. So viel mehr.

Und vor allem wollte er dieses Spiel in das weiche Bett nebenan verlegen, wo er Magnus noch viel besser überzeugen könnte, dass es seine Vorteile hatte, bei ihm im Palast zu bleiben.
Doch ehe er auch nur einen weiteren Schritt in diese Richung machen konnte, spürte er plötzlich etwas Kaltes an seiner Kehle.

Sofort löste er den Kuss und wurde Zeuge von einem beinahe teuflischem Grinsen, das Magnus ihm schenkte, was auf jeden anderen wahrscheinlich beunruhigend gewirkt hätte, ihn für Alec aber nur heißer und begehrenswerter machte.

Zumindest dachte er das, bis er erkannte, was ihm der schöne Mann da an die Kehle hielt: Es war ein Dolch.

Zehn und eine NachtWhere stories live. Discover now