Kapitel 21 - Beschützt

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Alec sah der kommenden Nacht mit einer ungewöhnlichen Freude entgegen, denn er konnte es kaum erwarten, Magnus wiederzusehen.

Nach einer Weile des vertrauten Schweigens hatten sie sich schließlich schwerenherzens voneinander getrennt und er hatte sich für ein paar Stunden ausruhen können. Alec war dankbar für den Schlaf, denn er hatte diesen wirklich nötig gehabt.

Diese Geschichte ... lag ihm einfach schwer im Magen und lastete auf seinen Schultern und er war das so gewohnt gewesen bis zu diesem einen Moment. Für einen Augenblick waren alle Lasten von ihm gewichen und er hatte sich zum ersten Mal seid langem geborgen gefühlt. Er hatte sich vorübergehend fallen lassen können und war sicher von Magnus aufgefangen worden.

Normalerweise war er es, der stark war und an den man sich anlehnen konnte. Er war stets für andere da gewesen und hatte sie beschützt, mal mehr mal weniger subtil.

Doch kaum einer hatte je versucht, diesen Gefallen zu erwiedern. Kaum einer hatte ihn gehalten, wenn es ihm schlecht ging oder ihn gestützt, wenn er nicht alleine laufen konnte.

Natürlich bedeutete er einigen Menschen etwas, aber selbst diese waren es eher gewohnt, dass er auf sie Acht gab. Magnus war der erste, der ihn festgehalten und stille Unterstützung geschenkt hatte.

Er war der erste, der ihn in den Arm nahm und ihm stumm versicherte, dass es in Ordnung war, schwach zu sein und dass er nicht allein war. Und Alec hatte sich oft allein gefühlt, selbst inmitten von Menschenmassen.

Seitdem Magnus an seiner Seite war, war dieses Gefühl erst schwächer geworden, bis es bei der Umarmung schließlich verschwunden war. Er war nicht länger allein und dieses Gefühl ließ etwas in seinem Herz schmelzen.

Die dicken Schutzmauern waren ohnehin kaum noch aktiv, wenn Magnus bei ihm war, denn er brauchte ihren Schutz nicht länger. Er bezweifelte, dass Magnus ihn verletzen könnte, denn auf verrückte Art und Weise vertraute er ihm.

Er konnte allerdings nur hoffen, dass dieses Vertrauen nicht umsonst war.

Ein Klopfen an der Tür riss Alec aus seinen Gedanken und er ging hin, um sie zu öffnen. Ein lächelnder Magnus stand vor ihm und sah so atemberaubend aus wie eh und je.

Heute trug er ein himmelblaues Hemd, das den sanften Karamellton seiner Haut betonte, und eine locker sitzende, dunkle Hose. Wieder war er geschminkt und seine Haare kunstvoll nach oben frisiert.

Er schien sich diesen Aufzug bislang nur in der Nacht zu trauen, denn tagsüber sah er aus wie jeder andere, wenn auch in viel schöner. Alec konnte nicht anders als sich etwas geehrt zu fühlen, dass Magnus sich scheinbar nur bei ihm wohl genug fühlte, um so auszusehen wie er es gerne hätte.

Besagter legte gerade die Arme um seinen Nacken und zog seinen Kopf für einen kurzen, aber süßen Begrüßungskuss hinab. Alec lächelte in ihn hinein, während er das flattrige Gefühl in seinem Bauch genoss. Er fühlte sich so lebendig.

Nur widerwillig verließ er die kleine Blase, in die er bei jedem Kuss gezogen wurde und löste sich.

In friedlichem Schweigen gingen sie zu seinem Bett und setzten sich gegenüber voneinander hin.

Das Lächeln war mittlerweile aus Magnus' Gesicht verschwunden und er sah nervös auf seine Hände hinab, die unschlüssig mit der Bettdecke spielten. Seine Schultern waren angespannt und er schien mit sich selbst zu ringen.

Alec kannte all das von letzter Nacht und das konnte nichts Gutes bedeuten. Was auch immer Magnus ihm heute erzählen würde, hatte einerseits wohl teilweise seinen Ursprung in dessen Vergangenheit und war andererseits alles andere als eine glückliche Erinnerung.

Er beugte sich vor und legte die Hand sanft unter Magnus' Kinn, damit er es hochdrücken und ihn ansehen konnte.
Sein Blick war unsicher, aber definitiv schimmerte auch Angst in ihm.
~Was auch immer du mir erzählen willst, ich werde dir zuhören und für dich da sein. Du bist nicht allein.~

Magnus nickte und schluckte sichtlich, aber schien sich gefangen zu haben.
Sein Blick wanderte wieder auf seinen Hände, während er leise begann die Geschichte weiterzuerzählen.

Nach dem Tod der Mutter war nichts mehr so wie es war. Es schien als wäre die gute Seele des Hauses verschwunden und hatte nur Kälte zurückgelassen.

Die Stimmung war eisig geworden und wurde immer wieder von hitzigen Streitereien zwischen dem Vater und dem Onkel unterbrochen. Die Mutter hatte Unrecht gehabt, als sie sagte, es würde aufhören. Es hatte nur für sie aufgehört.

Da er es in seinem Elternhaus kaum mehr aushielt, war der heranwachsende Hexenmeister oft draußen und unternahm viel mit Clary, die der einzige Lichtblick in völliger Dunkelheit war. Sie kümmerte sich um ihn und auch wenn er wohl nie über den Selbstmord seiner Mutter hinwegkommen würde, so hatte er zumindest nicht mehr das Gefühl zu ersticken, während er innerlich verbrannte.

Das ging über Jahre so bis er zu einem gutaussehenden Heranwachsenden wurde. Ab da konzentrierten sich die Streitereien immer mehr auf ihn und er wurde immer öfter mit hineingezogen.

Er sollte Partei ergreifen, aber er wusste einfach nicht für wen. Es war doch noch immer seine Familie oder nicht?

Fakt war, dass er die meiste Zeit des Tage mit seinem Onkel verbrachte, da sein Vater arbeiten war, um sie drei über Wasser zu halten. Der Onkel war schon lange arbeitsunfähig wegen seinem kaputten Fuß, weshalb er ursprünglich auch überhaupt in das Elternhaus gezogen war.

Azazel brachte dem heranwachsenden Hexenmeister andere Dinge bei als seine Mutter. Sie hatte ihm stets Liebe und Verständnis gelehrt, das er für sich selbst, aber auch für andere haben sollte. Dank ihr war er ein sanfter, mitfühlender Mensch geworden.

Dinge, die ihm sein Onkel ständig auszureden versuchte, denn sie machten ihn schwach. Stadessen sollte er Rückgrad zeigen, anständig sein und einfach tun, was man ihm sagte, ohne es zu hinterfragen.

Der heranwachsende Hexenmeister war nicht mehr ganz sicher, was er jetzt tun sollte und es zerris ihn. Er ließ sich das jedoch nicht anmerken, denn er wollte nicht schwach sein. So weit war sein Onkel bereits zu ihm vorgedrungen.

Dass er auch hart und erbarmungslos sein sollte, prallte bislang noch von ihm ab und der Großteil von ihm hoffte, dass es auch so blieb.

In einem Streit schaffte es der Onkel jedoch, den Vater zu überzeugen, dass es nicht schaden könnte, wenn der heranwachsende Hexenmeister zu arbeiten begann, immerhin war er nun in einem bestimmten Alter und er sollte nicht nur faulenzen. An diesem Entschluss war dann auch nicht mehr zu rütteln und so kam es, dass er für den rejchsten Mann des Dorfes arbeitete.

Das hatte seine Folgen.

Zehn und eine NachtUnde poveștirile trăiesc. Descoperă acum