Kapitel 45 - Ein Date mit der Prinzessin

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Magnus' Sicht

Magnus fuhr erschrocken zusammen und hatte gerade noch genug Zeit, sich seine Fassade wieder ordentlich zurechtzulegen, bevor er sich umwandte.

Vor ihm stand eine junge Frau und sah ihn verwirrt, aber keinesfalls unfreundlich an. Sie schien etwas jünger zu sein als er, aber nicht minder selbstbewusst. Ihre welligen, schwarzen Haare umrahmten ihr Gesicht und fielen ihr wie ein langer Wasserfall aus schwarzer Seide über den Rücken. Sie trug ein enges Kleid, das ihre Rundungen perfekt in Szene setzte, ohne zu obzön zu wirken.

Ihr Lächeln war offen un ihre dunklen Augen schienen so einladend, dass jeder andere ihr wohl bedenkenlos all seine Geheimnisse anvertraut hätte.

Nur war Magnus nicht jeder andere, sondern wahrscheinlich ein genau so guter Schauspieler wie die hübsche Frau vor ihm. Deshalb erwiederte er das Lächeln, ergriff ungefragt ihre Hand und hauchte charmant einen Kuss darauf.
~Ich bin Magnus und Ihr, Verehrteste?~

Er richtete sich wieder auf, behielt aber das gewinnbringende Lächeln und verbannte innerlich alle zweifelnden Gedanken, die ihn gerade noch beherrscht hatten.

Er musste sich konzentrieren und das würde er nicht können, wenn er nur den König im Kopf hatte, der dieser Frau bei genauerer Betrachtung aber verdammt ähnlich sah. Doch vielleicht sah Magnus hier auch nur Gespenster und seine Sehnsucht spielte ihm Streiche.

~Ich bin Isabelle, aber nenn' mich ruhig Izzy.~
Izzy. Irgendwie kam ihm der Name bekannt vor.

Krampfhaft wühlte er in seinen Erinnerungen bis er an einem sonnigen Tag im königlichen Garten ankam, wo er mit Alexander ein Picknick hatte. Sie hatten sich währenddessen unterhalten und irgendwann einmal hatte er von seiner Familie berichtet.

Von seinem Vater, der leider verstorben war, seiner liebevollen Mutter und seiner leidenschaftlichen Schwester Isabelle.
Seine Schwester. Na das kann ja was werden.

~Und du bist dann der Kerl, der meinem Bruder so den Kopf verdreht hat. Das trifft sich gut, denn ich wollte unbedingt mit dir reden.~

Mit diesen Worten schnappte sie sich seine Hand und zog ihn hinter sich her. Magnus war zu überrascht, um zu reagieren, aber was hätte er denn auch tun sollen?

Die Frau war Isabelle Lightwood, die Schwester des Königs und er war noch immer ein Straftäter, der nur noch nicht verurteilt worden war. Er konnte, durfte sich gar nicht wehren, also ließ er es geschehen und überlegte sich stadessen schon einmal, was er ihr sagen könnte.

Er wollte weder sich noch den König in Schwierigkeiten bringen, weshalb Worte wohl gewählt sein wollten. Aber das würde er bestimmt schaffen, denn er war schon in brenzligeren Situationen gewesen.

Die kleine Reise endete bereits am anderem Ende des Flurs, wo sich die junge Frau auf die gepolsterte Fensterbank niederließ und ihn neben sich zog. Durch das Fenster hatte man einen atemberaubenden Blick über die dicken Palastmauern hinaus auf die Stadt Alicante mit ihren verwinkelten Gassen, auf denen das Leben in allen Farben tobte. Selbst von hier oben konnte man den Markt sehen, der auf dem Platz des Erzengels stattfand.

Magnus hatte diesen nie persönlich besucht, aber viele Geschichten gehört. Demnach soll man von den verschiedenen Eindrücken dort förmlich erschlagen werden, Gerüche und Geräusche wie Farben um einen herumwirbeln, um einen in einen rauschähnlichen Zustand zu versetzen.

Man konnte alles erwerben, von Obst über Seidentücher bis Schmuck, weshalb der Markt ein wahres Paradies für Diebe und Hehler war.

Hinter den Glastürmen, die die Stadt umrandeten und nach verschiedenen Sagen vor allerlei Unheil schützen sollten, sah man die sandige Wüste, die im hellen Sonnenschein in einem kräftigen gold-braun leuchtete.

~Also jetzt erzähl mir mal was über dich.~
~Wird das jetzt ein Date oder was? Immerhin hast du Sinn fur Romantik.~, scherzte er abwesend.

~Sehr lustig, aber nein. Ich will einfach nur wissen, worauf mein Bruder sich einlässt und da er mir bisher nicht viel über dich erzählt hat ...~
~Du liebst deinen Bruder sehr, nicht wahr?~, fragte er neugierig.
~Mehr als alles in der Welt. Also?~

~Naja, du weißt, dass ich Magnus heiße, das wissen schonmal nicht viele. Auch bin ich alles andere als reich, aber ich habe mir immer irgendwie zu helfen gewusst. Ich würde mich selbst nicht gerade als offen und ehrlich einstufen, aber zu denen, die ich mag, kann ich ziemlich freundlich sein, wenn ich will. Ich lebe gerne im Moment und liebe meine Freiheit über alles. Und wer hat keinen Humor?~

Sie lächelte leicht, schien aber alles andere als zufrieden, also fuhr er fort.

~Ich liebe es zu tanzen oder schlichtweg der Sonne beim Untergehen zuzusehen und zu beobachten, wie sich der Sand dabei erst dunkelorange und dann nachtblau färbt. Ich schätze die einfachen Dinge und würde deshalb sagen, dass ich auf dem Boden geblieben bin, auch wenn der manchmal sehr hart und kalt ist.~

Er atmete tief durch, als er endete, war aber im Großen und ganzen stolz auf sich. Er hatte die dunklen Seiten elegant kaschiert, Isabelle aber nie wirklich angelogen.

Er hatte lediglich unerwähnt gelassen, was in seiner Vergangenheit war, dass er eigentlich schwach und verletzlich war und schon so oft in seinem Leben gelogen hatte, dass er es gar nicht mehr zählen konnte.

Die Prinzessin nickte.
~Und warum hast du das Angebot meines Bruders angenommen? Warst du nur auf den Thron aus?~
~Ich hatte so etwas nie im Sinn, weder den Thron noch Alexander, wenn ich ehrlich bin. Ich wollte nur einen Tag und eine Nacht frei sein und mal in einem weichem Bett schlafen. Dort, wo ich herkomme, ist beides leider Mangelware. Dass ich dann länger bleiben durfte, war schön und wenn Alexander dann auch noch so charmant und liebevoll ist? Dann bleibt man doch gerne.~, berichtete er und ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen. Wenn es doch nur so einfach wäre, wie er es hier darstellte.

~Du muss mir nichts vormachen. Ich weiß, dass du im Gefängnis gewesen bist. Wegen Vatermord.~, platzte sie heraus. Magnus schluckte und drückte wieder unauffällig die Finger zusammen, bevor er wieder nach draußen sah.

~Du bist nicht gerade eine, die lange um den heißen Brei herumredet, nicht wahr?~
~Anders als du ziehe ich es vor, dass, wenn ich direkte Fragen stelle, auch direkte Antworten bekomme.~, meinte sie mit einem harten Unterton.

~Blöd nur, dass das Leben alles andere als direkt ist sondern lieber verschlungende Wege geht. Warum sollte man sich dagegen wehren?~, entgegnete er nachdenklich.
~Du hast nicht geantwortet.~

~Noch nicht~, meinte er,~Ja, ich werde wegen Vatermord angeklagt und war deshalb im Gefängnis, jedoch bin ich unschuldig. Ich habe höchstens nichts getan, um es zu verhindern. Im Gefängnis erging es mir alles andere als gut.~
~Wieso?~, fragte sie skeptisch.

~Kannst du dir das nicht denken? Wie viele Männer sehen dir an einem normalen Tag hinterher?~, fragte er mit einem bitteren Unterton.
~Keine Ahnung, ein paar?~
~Dann sind es bei mir ein paar viele~, schmunzelte er freudlos,~Das oder es waren anfeindende, hasserfüllte Blicke. Alexanders Angebot war mein Ticket in eine kurze, aber süße Freiheit und ich war nicht so dumm, mir dieses entgehen zu lassen. Zufrieden?~

Isabelle knabberte an ihrer vollen Unterlippe herum. Wenn sie von seinem harten Ton eingeschüchtert sein sollte, so ließ sie sich das zumindest nicht anmerken. Anders als ihr schlechtes Gewissen, das ihr förmlich ins Gesicht geschrieben zu sein schien.

~Du bist nicht fertig~, stellte er deshalb mit einem schwachen Lächeln fest,~Was gibt es noch, was du wissen willst?~
~Was ist das da an deinem Hals?~
Oh nein.

Zehn und eine NachtWhere stories live. Discover now