Kapitel 4 - Überraschungen

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Magnus' Sicht

Magnus war geschockt ... und überrascht ... und geschockt ... und verwirrt. Hatte ihm der König das gerade wirklich angeboten oder spielten ihm seine Ohren einen Streich?

Er war sich nicht sicher, aber das hielt seine Gedanken nicht davon ab wie ein Wirbelsturm durch seinen Kopf zu fegen.

Der König hatte ihm quasi angeboten, selbst Herrscher zu werden. Ihm, einem einfachen Gefangenen, der noch unter den Obdachlosen der Stadt stand. Trotz dass er vermutete, nicht der erste zu sein, der dieses Angebot bekam, war es schier unglaublich.

Wenn er es schaffte, könnte er ein neues, besseres Leben führen und den Dämonen der Vergangenheit entkommen. Er würde wie ein Phönix aus der Asche steigen und endlich so leben können wie er es sich wünschte.

En Leben in Freiheit. Sorglos. Und das an der Seite des attraktiven Königs.

Aber ihm kamen nicht nur positive Dinge in den Sinn.

Wenn er scheiterte, würde er sterben. Er bezweifelte, dass das nur so eine dahergesagte Floskel war, denn nach dem, was er wusste, war der König für seine Direktheit bekannt.

Magnus wollte diese Welt noch nicht verlassen, aber wenn er genau darüber nachdachte, erkannte er, dass er eigentlich kaum eine andere Möglichkeit hatte.

Natürlich könnte er ablehnen und weiterhin sein trostloses Leben im Gefängnis oder auf der Baustelle führen, aber spätestens wenn es zu seinem Prozess kommen würde, war das Spiel gelaufen. Er wusste, weswegen er angeklagt und verhaftet wurde und er wusste auch, wie man mit denjenigen verfuhr, die scheinbar Vatermord begangen hatten.

Spätestens nach seinem Prozess würde er sterben, denn die Wahrscheinlichkeit, aus dieser Geschichte noch auf einem anderen Weg lebend herauszukommen, war winzig und beinhaltete Magie, die er nicht hatte.

Wenn er auf das Angebot einging, riskierte er einen schnelleren Tod, hatte aber auch eine reele Chance auf eine bessere Zukunft.

Und was hielt ihn denn noch hier? Ganz bestimmt nicht die anzüglichen oder beleidigenden Bemerkungen der Wärter oder seiner Mitinsassen und auch nicht Raphael und Ragnor, zu denen er zwar eine Art freundschaftliche Beziehung aufgebaut hatte, aber das auch nur, um überhaupt jemanden zum Reden zu haben.

Außerdem hatte er die Blicke des Königs gesehen, als er sich unbeobachtet gefühlt hatte. Magnus kannte diese Blicke nur zu gut und wusste deshalb, dass ihn sein Aussehen auch hier nicht im Stich ließ.

Mit etwas Glück könnte er den König irgendwie bezirzen oder zumindest dazu bringen, ihn nicht töten zu lassen.
Das und die Möglichkeit, wenigstens für eine Nacht wieder richtig leben zu können, überzeugten ihn schlussendlich.

~Ich bin dabei.~
~Echt? Also natürlich.~

Magnus verkniff sich ein Lächeln, indem er sich auf die Lippe biss. Dass der Blick des Königs kurz daran hängen blieb, entging ihm dabei nicht.

~Dann komm mit. Bis zur Abenddämmerung wirst du in einem der Gästezimmer im Palast untergebracht, bevor dich dann jemand in mein Gemach führen wird.~, beschloss der König nun wieder mit seiner autoritären Stimme, bevor er voranschritt und das Zelt verließ. Sofort war wieder sein Diener zur Stelle und hob den Schirm hoch, damit ihn die Sonne nicht direkt traf.

Magnus schüttelte darüber nur leicht den Kopf und versuchte dabei ebenfalls die aufkommenden Zweifel loszuwerden, die ihn immer lauter daran erinnerten, was für eine schlechte Idee das war. Er irgnorierte sie und folgte dem König stadessen.

Alexanders Sicht

Am Abend machte Alec es sich in seinem Gemach gemütlich. Der Nachmittag war beinahe ereignislos an ihm vorübergegangen.

Er hatte nur einen weiteren Straftäter verurteilt und mit seinem Leutnant die Überwachung der Grenzen abgesprochen. Aber wenn er ehrlich war, waren seine Gedanken nicht immer bei der Sache gewesen.

Viel zu oft war ein Bild von einem wunderschönen Mann mit einer atemberaubenden Ausstrahlung vor seinem inneren Auge vorübergeflogen.

Er war so erleichtert gewesen, als Magnus zugestimmt hatte, dass er sich sogar auf die kommende Nacht freute. Zwar würde es wahrscheinlich nur bei dieser einen bleiben -er konnte sich schließlich keine Ablenkung erlauben-, aber das hieß ja nicht, dass er sich nicht vergnügen konnte.

Ein Klopfen ertönte und im nächsten Moment öffnete sich die Tür und gab den Blick auf ein so schönes Wesen frei, dass Alec wiedermal der Atem wegblieb.

Wie er sich bereits erhofft hatte, sah Magnus in ordentlicher Kleidung noch perfekter aus als ohnehin schon.
Er trug eine dunkelrote Hose aus Satin, die an den Knöcheln weit und an der Taille sehr eng geschnitten war und an manchen Stellen schimmerte. Dazu ein weißes Hemd mit einem tiefen Ausschnitt, der die karamellfarbene Haut seiner glatten Brust freilegte.

Seine Haare waren kürzer als noch am Mittag und zusätzlich zu einer aufwändigen Frisur gestlyt, in der einige Haarsträhnen rot glitzerten. Seine Augen waren dunkel geschminkt, wie bei einer Frau, aber Alec störte sich nicht im geringsten daran. Dazu stand ihm das zu gut.

Er war barfuß und warf ihm wieder dieses Grinsen zu, das er so mochte. Erst dann realisierte Alec, dass er noch immer vor ihm stand und ihn anstarrte.

Schnell trat er zu Seite und räusperte sich im Versuch, seine Fassung wiederzuerlangen. Der Versuch scheiterte kläglich, als Magnus an ihm vorbeiging und ihm sein betörender Duft in die Nase stieg.

Der Neuankömmling sah sich staunend um, bevor er sich Alec zuwandte.
~Schön hast du es hier.~

Alec ignorierte einfach mal, dass man ihn nicht mit seinem Titel angesprochen hatte. In dieser Situation wäre das ohnehin eher unangebracht gewesen.

~Kann sein~, sagte er nur,~Wollen wir uns setzen?~
~Wäre wahrscheinlich besser.~, gab Magnus zu, sah sich dann aber etwas unschlüssig um.

Also ergriff Alec die Initiative und griff nach seiner Hand, um ihn zu einer kleinen Kissenlandschaft vor dem Bett zu führen.
Auf dem, mit weichem Teppich ausgelegten, Boden saß es sich einfach gut.

Alec wusste nicht genau, was es war oder wieso es passierte, aber seine Hand kribbelte leicht, als er Magnus berührte und ihn hinter sich herzog. Wahrscheinlich bildete er sich das aber auch nur ein.

~Also, was hast du vor? Geht das hier oder möchtest du das ganze lieber im Bett fortführen?~
Irgendwie wollte er, dass Magnus sich wohlfühlte. Das war ihm noch nie passiert.

Besagter lächelte nur nachsichtig. Als sei Alec ein Schüler, den man belehren musste.
~Ich werde nicht mit dir ins Bett steigen.~
~Wieso?~
~Bei meinen Vorgängern scheint das schon nicht funktioniert zu haben. Warum also ausgerechnet bei mir?~

Weil du aussiehst wie Adonis selbst, antwortete er gedanklich, aber er konnte nicht an Magnus' Aussage rütteln. Diese Nacht gehörte ganz ihm und er durfte wählen, was sie taten. Dass er sich ihm nicht, wie viele andere, hingab, enttäuschte Alec zwar, aber das machte ihn auch umso interessanter und faszinierender.

~Und was willst du dann tun, um mich von dir zu überzeugen?~
~Ich werde eine Geschichte erzählen.~
Was?

Zehn und eine NachtDonde viven las historias. Descúbrelo ahora