Kapitel 26 - Missverständnisse

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Magnus' Sicht

Magnus zuckte bei dem harschen Tonfall zusammen und sah Alexander geschockt an. Er hatte ihn noch nie angeschrien und ehrlich gesagt hatte er auch nicht damit gerechnet, dass Alexander es je tun würde. Nun wurde er vom Gegenteil überzeugt und er war alles andere als glücklich darüber.

Magnus wusste auch nicht recht, wieso er plötzlich so laut wurde. Es hatte doch alles reibungslos funktioniert. Woolsey Scott hatte den Vertrag unterschrieben und er hatte ihn sogar dazu bekommen, auf einen Teil des Geldes zu verzichten, das er sonst bekommen hätte.

Zugegeben, die Art und Weise wie er den König zu alle dem gebracht hatte, war nicht gerade die feine englische Art gewesen, aber er hatte sich nicht anders zu helfen gewusst. Für ihn war Woolsey nur ein weiterer Mann gewesen, der am selben Geschlecht interessiert, single und Magnus nicht ganz abgeneigt war.

Aber schlussendlich war es doch egal, wie er den König dazu gebracht hatte. Er hatte den Vertrag unterschrieben und es herrschte offiziell Frieden und Einigkeit. Wieso war dann Alexander so unglücklich?

~Was ich mir dabei gedacht habe? Ich habe mir gedacht, dass es hier um Frieden geht und ich wollte dir helfen!~, patzte er, zugegebenermaßen, nicht gerade freundlich zurück.

Er war frustriert, aber vor allem verwirrt. Er sah nur, dass Alexander wütend war, aber nicht wirklich, weshalb.

~Helfen? Du hättest alles ruinieren können! Alles, wofür ich seid Monaten gearbeitet habe, hättest du zerstören können. Du hast doch überhaupt keine Ahnung von Vertragsabschlüssen oder ähnlicher Aufgaben!~

Alles in Magnus schrie danach, einfach den Salon zu verlassen. Er hasste Konflikte, denn er war ein Mensch der Harmonie. Streitereien waren für ihn wie Gift und er hielt sich lieber fern davon oder vermied sie gänzlich.

Dafür steckte er auch gern einmal den ein oder anderen bösen Kommentar ein, solange er dann seine Ruhe hatte. Jetzt jedoch versperrte Alexander den Ausgang und da sie im ersten Stock waren, konnte er auch nicht einfach so ohne weiteres aus dem Fenster springen.

Nein, er musste sich diesem Streit unweigerlich stellen und er hasste diesen Gedanken schon jetzt.
~Es hat doch auch so funktioniert! Warum kannst du dich nicht einfach darüber freuen?~
~Mich freuen? Wenn du dich dafür von Scott gedanklich ausziehen lässt wie irgendeine billige Schlampe? Wenn du vor meinen Augen schamlos mit ihm flirtest als sei nichts? Sag mir wie ich mich darüber freuen soll?!~

Magnus schwieg perplex aus mehreren Gründen.

Ihm war zwar aufgefallen, dass Woolsey ziemlich angetan von ihm war und eindeutige Pläne mit ihm hatte, aber er hätte nicht geglaubt, dass das Alexander so sehr stören würde, dass er den Erfolg, den er damit errungen hatte, vollkommend übersah.

Aber es war nicht nur Überraschung, was er fühlte, sondern auch eine gewisse Enttäuschung. Er hatte gedacht, dass Alexander ihm vertraute. Dass er ihn unterstützen und ermutigen würde, egal, was er sich in den Kopf gesetzt hatte.

Er hatte gedacht, dass Alexander ihn gut genug kannte, um zu wissen, dass er Woolseys Worte nie für voll und dessen Angebot nie angenommen hätte. Er hatte gedacht, dass er ihm genug vertraute, dass er ihn seine Pläne durchführen ließ, ohne ihn dafür zu verurteilen.

Er hatte auch geglaubt, dass der König ihn akzeptierte und ihn als gleichwertigen Menschen wahrnahm. Dass er ihn nicht so sah, wie so viele anderen. Dass er ihn nicht nur auf sein Äußeres beschränkte, sondern ihn sah und ihn auch irgendwie mochte.

Tja, das traf in diesem Moment offenbar nicht zu. Bitterkeit machte sich in seinen Adern breit, aber nicht nur das. Er spürte wie sich die Tür zu seinem Herzen, die seid dem Moment, in dem er sich hatte fallen lassen,  sperrangelweit offen gestanden hatte bis zu einem schmalen Spalt hin schloss. Dennoch hatte Magnus fürs erste genug.

Fließend wechselte er den Ausdruck auf seinem Gesicht, der nun ein härterer war.
~Ich weiß es nicht, aber ich bin sicher, du wirst dich freuen, wenn diese Schlampe nicht mehr in deinem so hochgeschätzten Blickfeld ist.~, zischte er und gab sein bestes, seine Verletztheit zu verstecken.

Eher fror die Hölle zu als dass er Schwäche zeigte, wenn der König so mit ihm sprach. Dass es Magnus insgeheim sehr verletzte, was der andere sagte, schluckte er einfach hinunter. Er war mit der Zeit sehr gut darin geworden, Dinge wie Schmerz und Scham herunterzuschlucken und sie tief in sich zu begraben.

Die Augen des Königs weiteten sich, als er merkte, was er da in der Hitze des Moments eigentlich gesagt hatte und er schien wie erstarrt. Magnus nutzte den Moment, um an ihm vorbeizuhuschen, als er plötzlich ruppig am Oberarm gepackt wurde.

Da er die Berührung nicht kommen gesehen hatte, fuhr er erschrocken zusammen und ging geistesgegenwärtig in den Verteidigungsmodus über. Er riss seinen Arm frei und drehte sich zu seinem Gegner, während er sich breitbeinig aufstellte, jede Sehne zum Zerreißen angespannt.

Seine rechte Hand lag an seinem Rücken, wo er kurz vor dem Treffen mit Woolsey einen Dolch versteckt hatte. Man konnte schließlich nie wissen und alte Gewohnheiten konnte man nur schlecht ablegen.

Der König blieb dort, wo er war, sah ihn nun aber eher besorgt und reuevoll als wütend an. Das änderte aber nichts an seiner Haltung oder seiner Bereitschaft, sich zu verteidigen. Sogar gegen Alexander, wenn ihm sonst keine Wahl blieb.

~Magnus. Ich- Es tut mir leid.~
Diese Worte erwischten ihn eiskalt und unbewusst lockerte er seine Haltung etwas. Er hatte Recht behalten, denn die Stimme des Königs tropfte nur so vor Reue und er sah ihn entschuldigend an.

~Ich weiß, dass du es warst, der Scott dazu gebracht hat zu unterschreiben und ich bin dir auch sehr dankbar dafür. Es ist nur ... Die Art, wie er dich angesehen hat, hat mich so unendlich wütend gemacht. Ich wäre so gerne zu ihm hinübergegangen, hätte ihm eine reingehauen und dich dann vor seinen Augen geküsst. Ich habe es gehasst, als du auf seine Avancen so bedenkenlos eingegangen bist. Deshalb war ich so wütend.~
~Du warst eifersüchtig.~, stellte er fest und richtete sich wieder auf, ein kleines Lächeln auf den Lippen.

Alexander zuckte hilflos die Schultern.
~Du scheinst mir wohl wichtiger zu sein als ich gedacht habe.~
~Weißt du, ich hatte keine Ahnung, was ich tun soll~, gab Magnus nun zu und löste die Hand vom Dolch,~Ich wollte dich schlafen lassen, weil ich befürchtet habe, dass du in den letzten Tagen kaum dazu gekommen bist dich auszuruhen. Wegen mir. Ich wollte dir etwas Gutes tun. In dem Moment, in dem ich Woolsey gesehen habe, habe ich nicht nachgedacht, sondern so gehandelt wie ich es bei jedem anderen Mann gemacht hätte, der mich so ansah wie er. Dass dich das verletzen würde, war mir nicht klar und das tut mir leid.
Aber ich wäre nie darauf eingegangen, Alexander. Woolsey ist mir komplett egal ... anders als du.~

~Ich mag dich.~, platzte es aus ihm heraus.

Kurz blieb Magnus die Luft weg, bevor er überrascht anfing zu lachen.
~Ich mag dich auch, Alexander. Mehr als du dir vorstellen kannst.~
~Darf ich ...~
~Ja.~

Alexander seufzte erleichtert, als er auf ihn zukam und seine Hände sanft auf seiner Taille ablegte. Dann beugte er sich hinab und streifte mit seiner Nase Magnus', was diesen erneut zum Kichern brachte.

Das Geräusch wurde aber augenblicklich von weichen Lippen verschluckt, die ihn in eine andere, perfekte Welt entführten.

Zehn und eine NachtWhere stories live. Discover now