Kapitel 3: Himmelfahrtskommando

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Ihr Herz war still, ihr Körper wie erstarrt. Nur noch der erhobene Arm trennte sie vom Schmerz des Schlags. Doch ihr Gehirn arbeitete. Sie hatte nur einen Versuch.

Als der Knüppel niedersauste, ließ sie sich fallen, duckte sich unter dem Schwung hindurch. Die Enge ihrer Zelle stoppte sie mit einem Stoß unweit der Verrückten, während der Soldat erneut ansetzte.

Sie presste den Rücken an die Gitterstäbe, hob die Arme. Mit festem Griff um die schmalen Stangen zog sie die Knie an die Brust. Wut und Verzweiflung gaben ihr die nötige Kraft für einen harten Tritt.

Die Wucht des Aufpralls spürte sie schmerzhaft im Rücken, doch ihren Angreifer warf sie an die gegenüberliegende Zellenwand. Bevor sie nur daran denken konnte, an ihm vorbeizuhechten, schob Fellow beide Arme durch das Gitter. Einen schlang er um den Hals der Wache, mit dem anderen fixierte er seinen Würgegriff.

Fayen rang um Atem, als steckte sie selbst dort fest. Gebannt beobachtete sie, wie ihr Verbündeter dem Kerl die Kehle zerdrückte. Sie sah die schwindende Kraft ihres Gegners, sah den Knüppel auf den Boden fallen, mit dem er sie angegriffen hatte, hörte sein ersticktes Keuchen. Und das Jubeln der anderen Gefangenen.

Wenn sie verstört sein müsste, stimmte mit ihr etwas nicht. Sie empfand eine seltsame, leicht beunruhigende Genugtuung, als Gewalt mit Gewalt vergolten wurde. In diesem Augenblick geschah Recht.

Und im nächsten sank der reglose Körper vor ihr auf die Knie. Mit einem dumpfen Geräusch kippte er um, Gesicht voran auf den Boden.

»Ist er tot?«

Nun regte sich doch so etwas wie ein Gewissen in ihr, doch Fellow schüttelte den Kopf. »Nein, aber er hat die Schlüssel mitgebracht. In seiner rechten Tasche.«

Während er den Arm ausschüttelte und unter Schmerzen das Gesicht verzog, wollte sie sich weigern, den Scheißkerl anzufassen.

Reiß dich zusammen.

»Komm schon, hol mich hier raus!«

Er hatte recht. Nicht darüber nachdenken. Schnell die Schlüssel herausgezogen und mit zitternden Fingern die Nachbarzelle geöffnet. Sie ignorierte die Rufe der anderen Kerle, während Fellow die Wache um ihr Gewehr und ihre Zweitwaffe erleichterte.

Dann hielt er ihr den Polymergriff einer 9-Millimeter vor die Nase. »Kannst du damit umgehen?«

Sie dachte nicht darüber nach, als sie schon nickte und die kompakte Halbautomatische an sich nahm. Als hätte sie nie etwas anderes getan, überprüfte sie das zum Glück noch volle Magazin. Fellow hielt es für klüger, sie nicht danach zu fragen.

Er wollte schon gehen, doch sie hielt ihn zurück, den Blick auf ihre bewusstlose Zellennachbarin gerichtet. »Was ist mit ihr?«

»Keine gute Idee.«

»Du willst sie hier lassen?«

Schon deutlich ungeduldig funkelte er sie an. »Deine Freundin hat drei Menschen umgelegt, um hier zu landen. Und ihretwegen ist eine der Wachen jetzt blind. Also ja, sie bleibt hier.«

Sie schluckte, konnte dem aber nicht viel entgegensetzen, nicht nachdem sie auch sie angegriffen hatte. Das war kaum der richtige Zeitpunkt für Grundsatzdiskussionen und Fellow wusste das.

Jetzt aber raus hier.

Das gleißende Sonnenlicht blendete ihn, als er aus dem Konvoi sprang, und er kniff die Augen zusammen. Ein Fehler. Er konnte sich kaum zur Seite drehen, bevor ihn der Schaft eines Gewehrs an der Schläfe traf.

Jaulender Schmerz riss ihn von den Füßen, während der Soldat schon auf ihn zielte. Zwischen verschwommener Sicht und im Hals kratzendem Sand schäumte die Wut auf. Nicht des Schmerzes wegen, sondern weil sein Plan ein so jähes Ende fand.

Fayen || Outland's RustWo Geschichten leben. Entdecke jetzt