Kapitel 31: Fundsachen

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Fayen starrte auf die orange leuchtenden Säulen über schwelenden Brandherden, die die sengende Hitze selbst über diese Distanz zu ihr trugen. Ihr Anblick löste ein so verstörend vertrautes Gefühl in ihr aus, dass ihr trotz der feuchten Sommerhitze ein Schauer die Arme hinauf kroch. Eine Frage auf den Lippen, die sie doch nicht zu stellen wagte.

In diesem Augenblick war sie nicht hier, nicht in einer ausgezehrten Kleinstadt in Louisiana, sondern an einem Ort, der auszulöschen ein inneres Treiben besänftigte, von dem sie nicht einmal ahnte, dass es nie verstummen sollte.

Doch der unheimliche Hauch von Genugtuung wich mehr und mehr, je deutlicher sich diese dunkle Silhouette von den läuternden Flammen abhob. Ein sonst so willkommener Wind peitschte das Feuer in der Ferne weiter an, während wirbelnder Staub seine Gestalt auf gar unheilvolle Weise umgab, als stiege der Teufel persönlich auf die Erde.

Beat war eine beeindruckende Erscheinung, und das wusste er. Nicht ohne Grund hatte er seine Ausrüstung so modifiziert, dass sie ihn auch vor solchen physikalischen Einflüssen schützte. Er kündigte sich gern mit imposanten Auftritte an, hatten sie doch stets eine nicht zu leugnende Wirkung auf Fremde, die im richtigen Moment den entscheidenden Unterschied machen konnte.

So auch auf die fremde Frau, die neben seinem am Boden kauernden Boss nach ihrer Pistole griff. Aber sie sah ihn nicht an, wie es die meisten Frauen taten. Bittersüß verwirrt, voll Abscheu oder sogar ängstlich. Sie wirkte, als hätte sie schon alles gesehen, während sie ganz gezielt nach Schwachstellen suchte.

Ein Lächeln flog über seine Lippen, ehe er über diese scheußlich grinsende Fratze auf seiner Maske hinweg die Distanz maß, die zu überbrücken nötig wäre, sollte sie tatsächlich versuchen, auf ihn zu schießen. Er müsste schon verdammt nah an sie heran und er bezweifelte, dass sie das zulassen würde.

Dabei huschte sein Blick über das kleine Schlachtfeld, das zweifellos sie hinterlassen hatte. Zunächst verwundert über den schlanken, schwarzen Pfeil, der aus einem wulstigen Rücken heraus ragte, hellte sich seine Miene schließlich unbemerkt auf, als er die makabere Schlinge aus Karbon um den Hals ihres Verfolgers erkannte.

Die Kleine hatte ja ordentlich aufgeräumt. Aber Rocco war unverletzt. Angepisst, was er sicher gleich nicht nur verbal zum Ausdruck bringen würde, aber in Sicherheit. Mehr musste er im Augenblick nicht wissen.

Langsam hob er beide Hände, als wollte er sich ergeben, doch sein Tempo behielt er unbeeindruckt bei. Er war kaum noch fünf Meter von ihr entfernt, als er sich langsam um die eigene Achse drehte, dass sie neben der geschulterten Tasche die krude Konstruktion eines Geschosswerfers auf seinem Rücken sehen konnte.

»Die ist nicht geladen.«

Als wäre damit alles gesagt und sie nun keine Gefahr mehr, ließ er die Hände sinken und sein Gepäck neben sich fallen, das ein metallisches Klingen hergab. Fayen hob nur eine Braue, immer noch bereit, auf ihn zu schießen, wenn es sein müsste.

»Alles gut?«

Auf diese Distanz wäre ein Schuss tödlich für ihn, das mussten sie doch beide wissen. Warum sah er sie dann so freundlich an?

Zum Glück ahnte keiner der beiden, dass ihr gerade noch vier Kugeln geblieben waren. Sie sparte sich die Antwort. Der Kerl war entweder lebensmüde – dann würden sie sich ja bestens verstehen – oder aber sehr von sich überzeugt. Eine bedrohliche Mischung aus beidem, wie sein Partner nur zu gut wusste.

Aber Beat hatte gerade entschieden, die Frau zu mögen. Das war wieder so typisch für den Bengel, dass Rocco seine Enttäuschung nur in einem langen Seufzer heraus lassen konnte. Während der sich umständlich an dem Jeep hochzog, suchte er schon nach möglichen Waffen, die er notfalls gegen sie einsetzen könnte.

Fayen || Outland's RustWhere stories live. Discover now