Kapitel 15: Einheimische

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Hatte sie sich gerade erst auf Wohlwollen dieser Siedlung gegenüber festgelegt, begann ihr Puls erneut zu flattern, während sie, unter erloschenen Laternen stehend, nach dem Auslöser des plötzlichen Stromausfalls suchte. Die Hand bereits auf ihre Waffe gelegt, hörte sie doch nur Gages Seufzen.

»Oh Flex ...«

Ihre Augen hatten sich längst nicht an die Dunkelheit gewöhnt, als er sich schon in Bewegung setzen wollte, und hätte sie sich ohne ihn zurecht gefunden, hätte sie sich gegen die Hand gewehrt, die sich nun um ihre schloss, gleichwohl um sie von ihrer Pistole abzulenken als auch um sie zu führen.

»Keine Sorge, alles in Ordnung. Ich will nur eben nachsehen, was der Spinner jetzt wieder kurzgeschlossen hat.«

»Das passiert also öfter?«

»Jedenfalls öfter, als es sollte.«

Mit unsicheren Schritten, dafür in der Erwartung, gleich über etwas zu stolpern, folgte sie ihm, wenn auch widerwillig, durch eine Seitenstraße, während der beißende Geruch nach verbranntem Kunststoff immer stärker wurde. Dann endlich kroch am Ende der Sackgasse der schwache Schein einer Petroleumleuchte zusammen mit Poltern und Flüchen aus einem schief gemauerten Verschlag, kaum größer als ein Geräteschuppen.

»Flex?«

Aufgeschreckt drehte sich der junge Bastler herum, sein anhaltendes Schimpfen von einem gelegentlichen Husten unterbrochen, ehe er mit beiden Händen wedelnd aus dem kleinen Wartungshäuschen stolperte.

»He-hey, Gage«, er deutete auf die dunkle Rauchwolke, die ihm folgte, »bevor du etwas sagst; das war ich nicht.«

»Sondern?«

Fayen, mittlerweile befreit von dem bevormundenden, aber dennoch auf seltsame Weise tröstlichen Händedruck, sah sich lieber erst einmal um, während die beiden gerade mehr mit dem knusprigen Plastik beschäftigt waren, doch sie musste zugeben, dass sie zumindest die Mauer in ihrem Rücken beruhigte.

Als Flex erklärte, dass der hier eingeschlossene Generator bereits am Morgen Schwierigkeiten mit der Stromversorgung gehabt und nun gänzlich den Geist aufgegeben hatte, hielt Gage den unbewegten Blick auf seinen Mechaniker gerichtet. Sie kam nicht umhin, über diese nichtssagende Miene zu schmunzeln, zumal ihrem Gegenüber bei seinen wilden Gesten immer wieder Ruß aus der Kleidung rieselte.

»Mann, ich hab' dir gesagt, dass das nicht halten wird.«

Flex griff nach der Klinke und schwang die Tür mehrfach hin und her, um den aufsteigenden Rauch hinauszuwedeln, ehe er mit beinahe mitleidigem Ausdruck auf den toten Generator zeigte.

»Der Kleine packt keine zwölf Häuser, dafür ist er gar nicht ausgelegt. Aber du weißt, wie wir das Problem lösen können. Mit den richtigen Teilen könnte ich uns ein erstklassiges Versorgungsnetz bauen, das ...«

Als wieder dasselbe leidige Thema angebracht wurde, schloss Gage nur die Augen und hob abweisend die Hände. »Schon gut. Ich kümmere mich darum, aber nicht mehr heute Abend. Kannst du das provisorisch richten?«

Jetzt allerdings verschränkte sein verrußter Mechaniker mit hochgezogenen Brauen und der Bitte, ihn doch nicht zu verschaukeln, die Arme vor der Brust. »Nicht mehr heute Abend.«

Keineswegs zufrieden mit dem Verlauf dieses Gesprächs und ebenso wenig geneigt, es auf dieser löchrigen Basis fortzusetzen, besann Gage sich schließlich auf ihren Gast und das versprochene Abendessen und entließ Flex in seinen freien Abend.

Ihr Schmunzeln hielt an, während er sie aus der schmalen Gasse hinausführte. Sie musste sein Gesicht gar nicht sehen, sie spürte vielmehr, dass nicht der defekte Generator der Grund für seinen grimmigen Blick war. Es war die perfekte Vorlage für ein weiteres kleines Necken und doch hielt sie sich zurück. Und schmunzelte.

Fayen || Outland's RustWhere stories live. Discover now