Kapitel 32: Willkommen im Chaos

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Das war zwar längst nicht so idyllisch, wie auf dem Rücken eines Pferdes zu sitzen, schaukelte aber immerhin genauso. Zumindest der Fahrtwind, der durch die herunter gelassenen Fenster wehte, machte das Klappern der vollen Kisten im Laderaum wieder wett.

»Pfeil und Bogen sind eine eher ungewöhnliche Wahl hier draußen. Kommst du zurecht?«

Fayen hockte auf einer einfachen Transportbox und nickte schmunzelnd. So sympathisch der Kleine ihr auch war, würde er dennoch nichts über sie erfahren, das irgendwann ihr Nachteil werden könnte.

»Sie erfüllen ihren Zweck.«

Sie hätte nicht erwartet, sich so bald oder überhaupt zwischen aufgereihten Gewehren und sorgfältig gepolsterten Zielfernrohren wiederzufinden, beaufsichtigt von ihrem Fürsprecher. Eine weitere Bedingung des Alten, doch ihre Ladung mahnte allemal zur Vorsicht.

Die Artillerie des kleinen Mannes, die von einem Ort zum anderen geschafft wurde und nicht dem privaten Besitz der beiden Kuriositäten zugeschrieben werden konnte, war jedenfalls ein plausibler Grund, den Lieferwagen überfallen zu wollen.

Ein riskanter Auftrag, der Rocco den Angstschweiß aus den Poren trieb, während Beat als Antwort auf die Frage, die sie nicht zu stellen brauchte, stumpf mit den Schultern zuckte.

»Wenn du aufstocken willst, sag Bescheid. Ich habe da noch ein paar Schätzchen, die ein neues Zuhause suchen.«

Doch auch gegen diesen Vermittlungsversuch hatte sein Boss etwas einzuwenden. »Geh zu Cabot, wenn du was brauchst.«

»Der Stümper jagt sich mit dem Schrott, den er verkauft, irgendwann selbst in die Luft. Ich warte nur darauf, dass aus seinem Stand ein Loch im Boden wird.« Auf Beats hämisches Grinsen folgte schnell ein mahnendes Kopfschütteln in ihre Richtung. »Vergiss Cabot. Komm zu mir.«

»Du bist nur beleidigt, weil er über deine Pixie gelacht hat.« Nicht grundlos blubberte Rocco seine eigene Wertung in den Kragen seines Hemdes. »Die Namen sind aber auch albern.«

»Ja, ja, warte ab. Hochmut kommt vor dem Fall, dass jemand einen Raketenwerfer hat.«

Da hatte sie ja ein skurriles Team gefunden. Rocco war eindeutig der Kopf, wenn nicht eher der Sturkopf, dieser Partnerschaft, während Beat als Mann fürs Grobe eine zweifellos durchgeknallte Exekutive darstellte.

Und obwohl ihre besondere Verbindung außer Frage stand, konnte sie sie nicht benennen. Das änderte aber nichts an der Tatsache, dass sie erneut mit einer ungekannten Leidenschaft stritten. Zumindest bis zur Stadtgrenze.

Fayen hatte nicht geahnt, was sie erwarten würde, wusste aber sofort, dass sie ihr Ziel erreicht hatten, als hinter dem weitläufigen Feld aus eingestürzten Häusern ein massiver Betonklotz auftauchte. Scheinbar für die Ewigkeit gemacht, zog sich eine meterhohe, mit Metallplatten verstärkte Mauer quer durch das einstmals unscheinbare Arbeiterviertel dieses Ortes.

Die Tore zur autarken Stadt entpuppten sich als uralte Einlässe zu einer noch älteren Fertigungshalle der vergangenen Zeit. Vier gleich große, erstaunlich gleichmäßig verrostete Sektionaltore in der Farbe von Kupfer ragten über in den Boden eingelassene Schienen auf und symbolisierten einen scheußlichen Schlund aus Altmetall. Und je näher sie dem kamen, desto penetranter wurde der Geruch von metallenem Abrieb, Salpeter und Schwefel.

»Endlich zu Hause.«

Beat lehnte sich wohlig seufzend zurück, während Rocco auf einen der Eingänge zuhielt. Aus einer der integrierten Anschlagtüren spähte eine nicht minder schwer bewaffnete Wache nach dem schon von Weitem schallenden Transporter, dessen Getriebe zu betrauern Beat aufgegeben hatte.

Fayen || Outland's RustWhere stories live. Discover now