Kapitel 34: Klapperschlangentango

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Fayen spürte noch die missbilligenden Blicke der frisch gegen sich aufgebrachten Klientel im Rücken, als sie begleitet vom heiseren Quietschen der Eingangstür das Sham Pain verließ. Mit einer Ruhe, die sie nicht empfand, strich sie sich die losen Strähnen aus dem Gesicht, knotete sie mit einem festen Griff am Hinterkopf zusammen und erlaubte sich einen Augenblick lang den Luxus vorübergehender Resignation.

Nur der unaufhörlich zuckende Muskel in ihrer Wange verriet ihre Wut über die erneute, möglicherweise todbringende Verzögerung, mit der sie gerade betraut worden war.

Das Kinn weiterhin gehoben, doch längst nicht mehr nur geneigt, den bloßen Anschein von Ärger zu erwecken, sah sie sich auf dem überlaufenden Marktplatz um, bis ihr über den gesenkten Köpfen der umher schleichenden Geheimniskrämer ein Schild auffiel.

Sich ihrer neuen Aufgabe durchaus bewusst, überschlug sie kurz ihren Vorrat und kam zu einem ernüchternden Ergebnis. Drei Kugeln für ihre Halbautomatik und ganze sechs Pfeile waren eine eher beschissene Ausgangslage, um ihre Rettungsmission in den Ruinen zu beginnen. In der Zone, wie Beat sie genannt hatte.

Hätte sie sein Angebot doch angenommen, denn wenn nicht gleich eine weitere glühende Rauchwolke auf den Jungen mit dem gewünschten Waffenarsenal aufmerksam machte, blieb ihr als Alternative nur der ortsansässige Händler mit dem zweifelhaften Namen Shoot'n Loot.

Der mit Blechen verstärkte Verkaufsstand lockte potenzielle Käufer mit aufgereihten Gewehrläufen und dem bestechenden Argument des Selbstschutzes, während warmer Laternenschein die unzufriedene Kundschaft beleuchtete.

»Ach, komm schon, Roy, da verhandelt deine Frau ja härter als du. Die hat auch mehr zu bieten.«

Sie erinnerte sich an den Wachmann im Brustpanzer, dessen unwirsche Reaktion auf die Verhandlungskünste des Inhabers den hölzernen Verschlag wackeln ließ, ehe er mit einem rüden Fluch und einer dazu passenden Geste verschwand.

Fayen atmete tief ein und während ihre Finger miteinander rangen, zählte sie langsam bis drei. Ihr blieb aber auch gar nichts erspart.

»Cabot, nehme ich an?«

Als sie sich auf die ausgeklappte Theke stützte und einen ersten Blick in die Auslage warf, wühlte sich ihr Händler bereits aufs Neue durch einen Stapel löchriger Kartons. Begleitet vom metallischen Klingen unterschiedlichster Bolzen und Verschlüsse begrüßte sie lediglich die hagere Rückseite eines Mannes, dessen Haar länger war als ihres, und ein Potpourri aus Schweiß, Ammoniak und Rost.

»Ja. Zahlende Kundschaft, will ich hoffen.«

»Das kommt auf dein Angebot an.«

Doch auch das von Weitem noch so einladend wirkende Ambiente aus mörderischem Equipment hielt, was bereits die ganze kaputte Stadt beim Eintritt versprach. Und während Fayen noch hoffte, auch dieser Halsabschneider hätte die gute Ware lediglich unter der Ladentheke versteckt, drehte der sich mit einem Ausdruck zu ihr um, der den Bewohnern dieses Haufen Schrotts wohl schon beim Einzug angeheftet wurde.

Marodeur. Das war ihr erster Gedanke und eine vorauseilende Warnung, als sie noch versuchte, unter dem wuchernden Bart eine Miene zu finden, die etwas anderes ausdrückte als seine müden Augen.

»Oh, hallo. Bitte um Verzeihung, ich dachte, du wärst eins von Struts' Mädchen.«

Zu seiner eigenen Sicherheit führte Cabot diesen ersten Gedanken nicht weiter aus. Sein Blick streifte den Wurfarm ihres Bogens, erfasste den düsteren Ausdruck im schneewittchenhaften Gesicht seiner Kundin und das getrocknete Blut auf ihrer Kleidung.

»Na, wer auch immer das ist, ich bin sicher kein Mädchen

Oh, besser sogar. Diese Frau gehörte weder zu Struts noch lebte sie im Bluff, und so hoben sich seine Mundwinkel zufrieden, als für Abanathy Cabot ein Geschäft winkte.

Fayen || Outland's RustWo Geschichten leben. Entdecke jetzt