Kapitel 11: Home Sweet Home / Little Rock

73 22 15
                                    

Er versuchte, das Kribbeln zu ignorieren, das sich penetrant bis hinter seine Stirn zu kriechen vorgenommen hatte, und scheiterte kläglich. Das Niesen ließ seinen ausgelaugten Körper zucken in dem Moment, in dem die Pinzette den losen Faden in seiner Stichverletzung zu fassen bekommen hatte und durch den plötzlichen Ruck wieder unerwartet tief in selbige hinein stach, dass besagter Körper erneut, und diesmal mit einer neuerlichen Gänsehaut ausgestattet, vor Schmerz verkrampfte.

»Verdammt, Fellow, halt endlich still. Wie soll ich so diese schlampige Arbeit ausbessern, die du Wundversorgung nennst?«

Wo kam das auf einmal her? Er hatte sich doch nicht etwa so einen lausigen Outland-Virus eingefangen? Das würde ihren geschätzten Metzger, seines Zeichens Arzt, diesen angebrochenen Tag erstrecht verfluchen lassen.

»Kleb einfach etwas drauf und lass mich gehen, ich hab' Weihnachten noch etwas vor.«

»Wer von uns kam denn auf die glorreiche Idee, ein schmutziges Stück Stoff auf eine nicht gesäuberte Wunde zu drücken?«

Fellow verkniff sich eine Antwort. Dieses schmutzige Stück Stoff war sein Hemd gewesen.

Während er noch versuchte, die Überbleibsel der Erziehung seiner lieben Frau Mutter in den Tiefen seines Gedächtnisses aufzuspüren, um wenigstens Travis' unversehrten Zustand aufrecht zu erhalten, fiel hinter ihm die Tür ins Schloss.

»Sag mal, hast du sie noch alle?«

Die charmante Begrüßung seiner rechten Hand erwiderte er mit einem hämischen Lächeln. »Hallo, Schatz, ich bin zu Hause.«

»Um Haaresbreite. Mal wieder.« Hätten Gesten einen Klang, wäre ihm das saubere Hemd, das er brauchen würde, wenn er erstmal von dieser wackligen Liege heruntergerutscht war, in gleichem harschen Tonfall an den Kopf geworfen worden. »Was hast du dir dabei gedacht?«

Sobald das schiefe, nicht wirklich weiße Pflaster auf seine Haut gedrückt wurde, verzog er möglichst unauffällig das Gesicht. »Ich weiß gar nicht, was du meinst.«

Riley, sein wahrscheinlich treuester Freund in ihrem Bienenstock, stemmte völlig genervt, wie es seine Art war, die Hände in die Hüften. Sein Blick erinnerte Fellow an den seines Vaters, wenn er als kleiner Junge erst nach Einbruch der Dunkelheit wieder in Sichtweite des Hauses gewesen war - vorwurfsvoll, weil besorgt.

»Okay, schon gut.«

Kommentarlos verabschiedete sich ihr Arzt von ihnen. Fellow sah ihm dabei zu, wie er Verbandsmaterial und Bestecke in seiner Tasche verstaute, und überlegte, wie er sein kleines Intermezzo mit dem Militär erklären sollte.

Zwei Tage hatte er bereits darüber nachgedacht, aber in seiner Vorstellung hatte Riley nicht annähernd so zänkisch reagiert. Nun saß er hier fest, auf der Sanitätsstation ihrer kleinen Kommandozentrale, die Tür als Notausgang so deutlich vor Augen, aber gewiss, dass diese Flucht höchstens temporären Erfolg versprach.

»Es lief nicht wie geplant.«

»Und deshalb lässt du dich aufspießen?«

»Das hatte ich auch nicht geplant.«

Stöhnend rieb Riley sich in einer nahezu anmutigen Bewegung über das Gesicht, ehe er beide Hände vor sich faltete. »Fellow, hast du für irgendetwas einen Plan, der funktioniert?«

»Du bist ja schlimmer als meine Frau.« Nun ebenfalls genervt stand dieser mit einem sehr deutlichen Ton von der Liege auf. »Übrigens, wie wütend ist meine Holde im Moment?«

Dass er noch nicht bei ihr gewesen war, sollte Riley nicht überraschen. Ihr Anführer mochte sich als unverwundbar ansehen, begab sich aber bei jedem Streit mit Alanna auf ein Abenteuer, von dem es möglicherweise keine Rückkehr mehr gab.

Fayen || Outland's RustWhere stories live. Discover now