Kapitel 51: Donovan

34 8 1
                                    

Heute war der siebte Tag.

Zwölf Minuten noch, bis die Uhr acht schlug. In Houston konzentrierte man sich jetzt nur noch auf die Hauptfunklinien der Truppen im Feld, für semi-private Übertragungen auf dem verschollen geglaubten Kanal X3-GL 7 interessierte sich da niemand. Die perfekte Zeit für ihn.

So fand der kleine Computer im Schutz der verlassenen Fabrik einen Platz, der nicht gänzlich von Staub und Schmutz bedeckt war, und lud sein Programm. Callen nahm derweil noch einmal seine Karte zur Hand und verglich sie mit den Daten seines Ortungssystems. Gerade war sie keine drei Meilen von ihm entfernt.

Ihm war immer noch schleierhaft, wohin sie unterwegs war. Eigentlich hätte sie in Richtung Küste fahren müssen, wenn er mit seiner ersten Vermutung richtig gelegen hätte, doch sie war auf dem Weg nach Norden. Das könnte Zufall sein, ein kleiner Umweg, oder aber eine gänzlich andere Konstellation. Ihm blieb nur abzuwarten und dran zu bleiben.

Das schrille Piepsen, wohl die grauenvolle Imitation eines Singvogels, zog seinen Blick auf den kleinen Bildschirm. Erstaunlich. So weit war die Menschheit fortgeschritten, aber die Technik machte noch immer derart seltsame Geräusche.

»Hey, Callie, wird aber auch Zeit, dass du anrufst.«

Ein Ruck ging durch seine Brust und er lehnte sich vor, griff nach dem kleinen Monitor, auch wenn das rein gar nichts bringen würde.

»Warum? Was ist passiert?«

»Nichts ist passiert, du Spinner. Wir haben uns Sorgen gemacht.«

Lauras sonst so zarte Stimme klang auf X3 verzerrt, beinahe blechern, doch den Vorwurf in selbiger konnte es dennoch nicht kaschieren. Er seufzte, und sparte sich eine Erklärung, die sie ohnehin weder beruhigen noch besänftigen würde.

»Ich habe auch nicht viel Zeit, aber ich wollte hören, wie es euch geht.«

Ihr Summen kam einem statischen Rauschen gleich. In den meisten Fällen war er froh, dass über diese ausrangierte Leitung keine Videoübertragung möglich war, doch jetzt hätte er gern ihr Gesicht gesehen.

»Was ist los, Beans?«

»Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll. Ich habe Harper gestern getroffen, als ich Georgie abgeholt habe. Ich dachte, du wärst schon wieder zurück, und habe ihn nach dir gefragt.« Auch ihr tiefes Luftholen war nicht angenehmer für ihn. »Sei ehrlich, Cal, wie gefährlich ist dein Einsatz wirklich?«

Callen verzog das Gesicht, gleichermaßen besorgt wie auch verwirrt. Harper lief nicht einfach durch die Stadt, schon gar nicht, wenn zwei seiner Truppen gerade auf Posten waren. Besprechung mit der Obrigkeit, ein anderer Grund wäre einfach zu schön.

»Wie meinst du das?«

»Ach komm, tu nicht so. Harper sagte etwas von ›Konsequenzen, wenn die Mission scheitert‹. Also was passiert, wenn du nicht schaffst, was immer du da tun sollst?«

Callen schloss die Augen. Seine Finger hatten sich so fest um den Bildschirm gekrampft, dass die Anzeige unter seinen Fingern verschwamm. Nicht nur ihre Sorge brannte sich durch ihn hindurch, sondern die grauenvolle Gewissheit, dass nicht er unmittelbar in Gefahr war, sondern sie. Sie und Georgie.

Familie, die stärkste Einheit, die es in dieser Welt geben sollte, war gleichzeitig der schwächste Punkt für einen Soldaten ihrer Zeit. Das war der Nachteil und ein weiterer Grund, warum er selbst nie eine gegründet hatte. Xander hatte ihn schon davor gewarnt, irgendwann zwischen dem dritten und sechsten Glas, am vierten Juli vor etwa sechs Jahren, nachdem er vor seiner Shannon auf die Knie gefallen war.

So viele zeitliche Parameter, die heute nur noch Erinnerung waren und, so sehr er es verabscheute, keine besonders hohe Priorität hatten. Zumindest nicht heute oder in den nächsten drei Tagen.

Fayen || Outland's RustWhere stories live. Discover now