Kapitel 42: Die eiserne Maid

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»Der Junge? Du schickst sie raus in Parlows Revier, um sie nach John suchen zu lassen, und das obwohl Mel sich so verzweifelt an diesen Waffenstillstand klammert?«

Die ruhige, dunkle Kammer, auf die sich Rocco so lange gefreut hatte, war in Beats Gesellschaft hell erleuchtet und alles andere als ruhig. Aber immerhin gefüllt mit Bourbon. Den würde er auch brauchen, wenn er sich den Vorwürfen seiner ungewollten Begleiterscheinung schon nicht entziehen konnte.

Mit bemühter Gelassenheit hob er eines der Gläser von dem Stapel Papier, den er weder sehen noch in seiner Nähe wissen wollte und doch nicht los wurde.

»Das war nicht ich, sondern Levenstein.«

»Ach, bitte um Verzeihung. Das ändert natürlich alles. Aber nur aus Neugier, was kriegt dein alter Pokerkumpel dafür, dass er dir mögliche Kundschaft vom Hals hält?«

Er musste sich nicht einmal zu dem Jungen umdrehen, um zu wissen, dass dieser verräterische Muskel in seiner Wange schon wieder wie verrückt zuckte. Vielleicht hätte er ihn heute Morgen doch etwas in die Luft jagen lassen sollen, das hätte zumindest sein Ventil ein Stück weit geöffnet.

»Wenn es nur darum gegangen wäre, John nach Hause zu holen, hättest du mich schicken können. Rüstung an plus Minigun und frohe Weihnachten. Aber das käme ungelegen, oder?«

»Geh mir nicht auf den Zinn, Stift. Ich war bereit, sie nicht zu melden, aber da endet mein Entgegenkommen.«

»Sie in die Zone zu schicken, nennst du Entgegenkommen? Sie hat dir das Leben gerettet, Ice.«

Da hatte er seine Bestätigung in Form des vermaledeiten Spitznamens, den er vor vielen Jahren aus einem verdammt guten Grund abgelegt hatte und der sein zum Füllen abgestelltes Schnapsglas zum Überlaufen brachte.

Unter dem verschütteten Selbstgebrannten zog er den Stapel Aufträge hervor, die heute als einzige Bedeutung hatten, und wedelte mahnend mit der Akte mit der Nummer 372.

»Bist du vom Masturbieren jetzt doch noch blind geworden? Deine kleine Freundin wird vom Militär gesucht!«

»Ach, wer denn nicht? Werde ich auch. Das gehört hier draußen doch zum guten Ton.«

Als auch noch Patrick, angelockt von dem neuerlichen Krach, einen verständnislosen Blick in Roccos Richtung schwenkte, wurde sein winzig kleiner Rückzugsort deutlich zu voll.

»Begreifst du das nicht, Junge? Verurteilten Zuflucht zu gewähren, setzt unsere Ärsche gleich mit auf die Liste.«

Auf Beats erneuten Hinweis, bereits auf selbiger zu stehen, reagierte Rocco mit einem herrischen Schnaufen, kurz davor, dem überheblichen kleinen Teufel ganz genau zu erklären, wie viele Würdenträger er hatte bestechen müssen, um seinen Namen von eben jener Liste streichen zu lassen.

Wenn seine Partner auch nichts davon ahnten, zahlte er diese Schuld jeden einzelnen Tag und er brauchte seine ruhige, kleine Kammer für diese Momente der Verzweiflung, am liebsten sofort.

»Und neuerdings kannst du hellsehen oder warum hast du sie schon gestern in die Prärie gejagt?«

»Schluss jetzt, verdammte Scheiße! Du hast mit dem ganzen Aufriss doch überhaupt nichts zu tun, also halt dich ja da raus und schaufle uns nicht noch mehr Mist in die Grube. Ihr beide bleibt schön hier, wo ich euch im Auge behalten kann. Und erst recht hältst du dich fern von diesem Biest.«

Während Paddy noch die Frage trötete, was er damit zu tun hatte, warf Beat theatralisch stöhnend den Kopf in den Nacken und das Pulsieren an Roccos Hals war nicht mehr zu ignorieren. Er musste die beiden loswerden.

Fayen || Outland's RustWhere stories live. Discover now