Kapitel 54: Homecoming

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Beat stand mit verschränkten Armen neben der Tür zum Flur. Abseits des Gewimmels war er für die Anwesenden praktisch nicht mehr existent, und für den Moment auch zufrieden damit.

Lediglich der Arzt, dieser Lian, bedachte seine riesenhafte Gestalt gelegentlich mit einem Blick, der gleichermaßen fragend wie drohend wirkte. Er hatte keinen Zweifel daran, dass der Doc zumindest versuchen würde, seine Patienten zu beschützen, und schmunzelte. Ein Sternchen für den guten Willen.

Doch sobald seine Assistentin den störenden Stoff zerschnitten und beiseite geschoben hatte, verschwand sogar er von seinem Radar. Beat sah auf seine Hände, die ruhig, aber durchaus gezielt die erste Bestandsaufnahme durchführten. Da war keine Scheu, kein Zögern, kein offenkundiges Überlegen, als er die Finger in die Wunde legte. Nur geballtes Wissen und eine erstaunlich elegante Routine.

Das war gut, allemal für Gage, und es schien auch Fayen zu beruhigen. Sie trat einen Schritt zurück, wenn sie auch immer noch auf den Tisch starrte. Zwar sah er, wie sie an ihrer Nagelhaut pulte, dass es wehtun müsste, befand ihren Zustand ansonsten aber für gut.

Was ihn viel mehr beschäftigte, waren diese Diplome an der Wand. Auszeichnungen der Baylor, der wahrscheinlich letzten medizinischen Hochschule im Land. Mitten in Houston. Allein beim Anblick des Schriftzugs auf dem blauen Hintergrund suchte ihn dieses boshafte Ziehen im Nacken heim.

Abgelenkt wurde er nur von dem zu kurz geratenen Rotschopf, der mit einem Haufen isolierter Leitungen und einer spontan eingesetzten Blässe im Türrahmen auftauchte, und am liebsten nie auch nur einen Blick in den Raum geworfen hätte.

»Oh Gott, igitt ...«

Lian würdigte ihn lediglich mit einem Blinzeln, ließ sich nicht einmal davon ablenken, dass der Junge sich gleich in seine Praxis übergeben würde.

»Was ist los?«

»Ich soll hier Kabel ziehen.«

Mit offenem Mund und unnatürlich geweiteten Augen drückte er sich sein Gewirr aus Kupferdrähten an die schmale Brust, wohl wissend, dass das heute nicht passieren würde.

Beat grunzte amüsiert. »Ziehst du außerdem noch Nebenluft?«

»Wenn nicht gerade jemand stirbt, Flex, und auch nur, wenn er wirklich stirbt und sich nicht nur auf den Daumen gehauen hat, habe ich keine Zeit.«

Der herrische Ton, den ihr Arzt anschlug, ließ den noch kleiner werdenden Jungen nickend das Weite suchen. Dafür lenkte er Beats Aufmerksamkeit erneut auf sich. Vor Publikum zu arbeiten, war für Lian nichts Neues, als Unfallchirurg stand er oft genug an vorderster Linie, aber dieser Blick, so undurchschaubar wie er beklemmend war, machte sogar ihn nervös. Und das gefiel ihm gar nicht.

»Es wird gerade deutlich zu voll hier drinnen. Geht raus und lasst mich meine Arbeit machen.« Sehr viel sanfter wandte er sich an Fayen. »Ich hole euch, sobald ich hier fertig bin.«

Sie nickte, und obwohl sie nichts tun oder sagen konnte, das ihm half, brauchte es einen Moment, ehe sie vom Tisch wegtreten und die kleine Praxis verlassen konnte. Beat blieb an ihrer Seite, ebenso wort- und tatenlos, zumindest was diesen alles überschattenden Umstand anging.

So stand er neben ihr auf der Veranda und sah sich in dieser hübschen, kleinen Siedlung um. Wie lange sie in diese verschlafene Ecke Texas' gebraucht hatten, konnte er nicht schätzen, doch wenn sie dieses Tempo beibehielten, schafften sie es vielleicht sogar nach Arkansas.

Er schmunzelte, als er an den straffen Zeitplan dachte, den sie gerade nur zu gern dehnte.

»Ach Fay-Fay, du hättest mir ruhig sagen können, dass er dein Mann ist.«

Fayen || Outland's RustWhere stories live. Discover now