Kapitel 10: Das neue Zuhause

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• Isajah •

Zusammen mit ein paar Bediensteten warte ich auf dem Innenhof des großen Schlosses. Die Ankunft seiner Majestät lasse ich mir selbst mit 998 Jahren nicht entgehen!

Und dann fährt auch schon die prunkvolle schwarze Kutsche, gezogen von erhabenen Skelettpferden durch das große Hoftor. Vittorius sitzt gelassen und mit der Ausstrahlung eines wahren Königs auf der Kutsche und führt diese gekonnt fast bis vor meine Füße. Nachdem sie steht, springt er elegant wie eh und je herunter und landet anmutig auf seinen Füßen. Ein Hauch des Luftelements, welches seinen Sprung abfedert, weht mir entgegen.

Lächelnd schaut er mir in die Augen. Ich verbeuge mich kurzerhand, so wie es sich gehört, und gehe schnellen Schrittes auf den König zu und ziehe ihn in eine tiefe Umarmung, die er herzlich erwidert.

„Willkommen zurück, mein König", sage ich ihm mit breiten Grinsen.

„Ich freue mich auch dich zu sehen, Isajah", erwidert der König lächelnd. Sofort löst er sich aus meiner Umarmung und begibt sich zur Tür der Kutsche. Hat er es eilig? Warum öffnet er dann die Kutsche?

Sein massiver Körperbau verdeckt die Sicht nach Innen. Dann tritt er zur Seite. Einen Augenblick später erblicke ich zwei tiefrote leuchtende Augen, umrahmt von einem elfenbeinfarbenen Gesicht. Langes nahezu glattes braunes Haar umspielt kunstvoll die zarte Figur einer jungen Frau. Vittorius hilft ihr sogleich beim Ausstieg.

„Ich würde dir gerne mein neues Vampirkind und von nun an deine kleine Schwester vorstellen. Isajah, das ist Yara. Yara, das ist Isajah", verkündet der König mit dem glücklichsten Lächeln, dass ich je in seinem Gesicht gesehen habe.

UNMÖGLICH!

Der König war seit 998 Jahren nicht mehr imstande dazu gewesen, sein Vampirgen weiter zu geben. Und von heute auf morgen steht unerwartet meine neue kleine Vampirschwester vor der Tür? Und dann hat sie bereits jetzt tiefrote Augen?

Nach meinem kurzen Schock dauert es keinen weiteren Augenblick, dann ruht sie in einer festen sicheren Umarmung ihres großen Bruders.

• Yara •

Mit einem Ruck kommt die Kutsche zum Stehen. Gedämpft höre ich ein paar Stimmen draußen. Den Gesprächsfetzen nach zu urteilen, wird der König gerade von seinem Sohn höchstpersönlich begrüßt.

Wie aufregend!

Kurz darauf öffnet sich die Tür der Kutsche und Vittorius steht mit einem breiten Grinsen und einem vielsagenden Blick mitten im Blickfeld.

Aufgeregt ergreife ich seine Hand und er tritt einen Schritt beiseite.

Ich sehe ein paar tiefrote überraschte Augen, welche mich mit einem großen Fragezeichen im Gesicht ansieht.

Einem Mann mit ähnlichen Maßen wie Vittorius fällt gerade die Kinnlade leicht nach unten. Groß, breit gebaut, könnte einen Baum mit seiner bloßen Faust fällen und schwarze edle Bekleidung umrahmen die Muskelpartien seines Körpers. Dazu blondes hüftlanges Haar, geflochten zu einem wilden Zopf mit der Frisur eines Sidecuts. Ein kleiner blonder Bart am Kinn umspielt seine Kinnpartie. Das muss Isajah sein. Und er sieht aus wie ein waschechter Wikinger, schießt es mir direkt in den Kopf.

Die Vorstellungsrunde von Vittorius nehme ich nur am Rande wahr und ehe ich mich versehen kann, befinde ich mich der kräftigen herzlichen Umarmung von Isajah.

Er strahlt mir gegenüber eine unglaubliche Freundlichkeit aus, ich kann einfach nicht anders, als diese zu erwidert. Sowohl die Umarmung, als auch die freundliche Art.

Kurze Zeit später löst Isajah die Umarmung, nimmt mein Gesicht in seine beiden Hände und starrt mir tief in meine Augen.

„Sie hat rote Augen, mein König", haucht er regelrecht benommen. Ich habe rote Augen? ROTE Augen? Wie bitte?

Vampirkind YaraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt