Kapitel 146: Der strenge Lucan

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• Mattheo •

Das hier wirft meinen Plan völlig durcheinander. Eingesperrt sitze ich im Schlafgemach und nehme nicht an der Besprechung teil. Dabei war der Plan wirklich gut!

Ich habe nur Lucans Konsequenzen dezent falsch eingeschätzt. Im Nachhinein betrachtet ist das, was ich abgezogen habe, eine wirklich dumme Aktion gewesen.

Lucan wird mich sicher nicht voller Freude rauslassen und so tun, als wäre nichts passiert. Dass er seinen Standpunkt als Meister deutlich machen wird, ist mir mehr als bewusst.

Darum beherrsche ich mich jetzt auch, mit Leichtigkeit würde ich ihn sicher nochmal aus der Besprechung kriegen. Ich müsste vermutlich nur völlig neben der Spur dieses Zimmer hier komplett auseinander nehmen und demolieren. So blinde Wut kann ich aber nicht aufbringen. Mal davon abgesehen, dass ich mich das bei Lucans Ausstrahlung von eben auch nicht mehr traue.

Geduldig warte ich darauf, dass Lucan die Tür wieder aufschließt. Was anderes bleibt mir gerade eh nicht übrig.

• Lucan •

Nach Vittorius' aufbauenden Worten gehe ich angespannt auf die Tür meines Schlafgemachs zu. Der König findet sich derweil bei Yara ein.

Behutsam sperre ich die Tür wieder auf und erblicke Mattheo. Ruhig sitzt er auf einem der Sessel vor dem Kamin. Zögernd blickt er mir in die Augen.

Für ein wenig mehr Privatsphäre schließe ich die Tür hinter mir und gehe ruhig auf Mattheo zu.

Mit verschränkten Armen und ausdruckloser Miene komme ich neben ihm zum stehen.

„Was ist nur los mit dir?", frage ich streng.

Offensichtlich ist Mattheo die Tragweite seines Handelns bewusst geworden, er sitzt peinlich berührt da und starrt mit gesenktem Blick in das Kaminfeuer.

„Ich rede mit dir!", betone ich mit erhobener Stimme.

„Ich weiß auch nicht, was mich da geritten hat", murmelt er vor sich hin. Dabei wendet er seinen Blick nicht von den lodernen Flammen ab.

„Für gewöhnlich sieht ein Jungvampir seinen Meister an, wenn er mit ihm ein ernstes Gespräch führt", merke ich mit strengem Unterton an.

Zaghaft löst Mattheo seinen Blick vom Feuer und schaut zu mir herauf in meine zornigen Augen. So wie er sich vorhin gegen mich aufgelehnt hat, kann ich das unter keinen Umständen so stehen lassen. Es kommt mir vor, als wäre es erst vor Sekunden passiert, dabei liegen mittlerweile Stunden dazwischen.

„Wenn wir eine Besprechung einberufen, ohne unsere frischen Schützlinge, hat das durchaus seinen Grund. Dabei bist du definitiv nicht in der Position, unsere Entscheidung in Frage zu stellen. Hast du das verstanden?", sage ich und schaue ihn dabei eindringlich an. Es kostet ihm viel Mühe, den Blick aufrecht zu erhalten.

„Ja", antwortet er schlicht.

„Und jetzt erkläre mir bitte wie du auf die Idee kommst, bei mangelnder Kontrolle der Luftmagie über die Brüstung zu springen. Was hättest du gemacht, wäre ich nicht da gewesen?", rufe ich ihm die Situation vor Augen. Das war wirklich knapp und er kann von Glück reden, dass ich in dem Moment aufmerksam war und eine Affinität zur Luft habe.

„Ich ... also ...", stottert Mattheo unbeholfen und wendet seinen Blick verlegen ab.

„Unser Gespräch ist noch nicht beendet. Sieh mich an!", rüge ich ihn entschieden.

Er ist offensichtlich völlig überfordert damit, wenn ihm jemand Konsequenzen aufzeigt und so eine Art Gespräch mit ihm führt. Bei Yara ist das ähnlich, nur kann sie das besser verbergen und wesentlich besser damit umgehen. Sicherlich hängt das mit der Herkunft der beiden zusammen.

Vampirkind YaraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt