Kapitel 42: Planänderungen

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• Vittorius •

Meine Brust schnürt sich förmlich zu. Aaru hat eine neue Funktionsweise der Visionsmagie erforscht. Und nicht selbst auf diese Idee gekommen zu sein, wurmt mich sehr!

„Komm schon Yara, was hat er gesagt?", wiedehole ich meine Frage und lockere meinen Griff um ihre Wange. Sanft berühre ich ihr Schulterblatt.

„Ich habe alles in die Wege geleitet. Schon bald wirst du endlich zu mir kommen können", zitiert sie Aarus Worte.

Bitte was hat er in die Wege geleitet? Garantiert hängt es mit den mysteriösen Objekten zusammen, die meine Spezialeinheit gefunden hat.

„Meister Kaelen, stell bitte umgehend Forschungen zu dem Thema an. Soll ich Jaron für dich holen lassen?", richte ich mich an Kaelen.

„Wie Ihr wünscht. Jaron würde sicher zur Aufklärung beitragen können", entgegnet Kaelen.

Sofort springe ich auf und eile schnellen Schrittes zu Einheitenführer Roan ins Quartier. Dieser sieht mich vielsagend an.

„Wen soll ich dieses Mal holen?", fragt er sachlich.

„Jaron", entgegne ich knapp. Er nickt und sammelt schnell seine Sachen zusammen.

„Sei vorsichtig Roan", sage ich ihm und durchsuche die Räumlichkeiten des Quartiers. Ich finde einige Soldaten niedrigen und mittleren Ranges.

„Wo ist Mikul?", frage ich in die Runde.

„Hafenviertel", antwortet mir einer knapp und voller Ehrfurcht.

Wenig später durchkämme ich die Gassen des Hafenviertels. In einem unscheinbaren Keller werde ich fündig. Mit ausdrucksloser Mine mustert Mikul den wohl neuesten Fundort. Was zum Geier?

„Mikul was ist das?", frage ich entsetzt.

„Mein König", beginnt er seinen Satz und verbeugt sich. „Dieser Keller ist bis gestern bewohnt gewesen. Allen Hinweisen nach haben die Leute von Aaru über den Hafen etwas in der Stadt in Umlauf gebracht. Die schlechte Nachricht ist, wir haben absolut keinen Anhaltspunkt was es sein könnte", fasst er seine aktuelle Ermittlung zusammen.

Wenn ich Aaru in die Finger bekomme sorge ich höchstpersönlich dafür, dass er wirklich Tod ist!

„Mikul, ich benötige deine Dienste. Alles weitere besprechen wir auf dem Weg", kündige ich an. Ohne ein Wort übergibt er den Ort an seine Einheit und folgt mir.

• Yara •

Kaum ist Jaron im Gespräch, ist der König auch schon spurlos verschwunden. Ein nachdenklicher Kaelen und ich bleiben im Raum zurück.

„Ich könnte dir bei der Forschung behilflich sein", biete ich an.

„Das wird der König nicht dulden", antwortet er sachlich. Er setzt ein mildes Lächeln auf.

„Deinem großen Bruder Jaron habe ich seinerzeit bei seinen ausufernden Visionen zur Seite gestanden. Er wird mir gut bei den Nachforschungen helfen können, darum lässt König Vittorius deinen Bruder holen", versucht Kaelen mich zu beruhigen.

„Was hatte Jaron denn für Visionen?", frage ich interessiert.

„Das solltest du besser den König fragen. Es liegt nicht in meiner Entscheidung dir davon zu erzählen", enttäuscht Kaelen mich wieder.

„Ich würde mich nun zurück ziehen und weitere Schritte einleiten", kündigt Kaelen an und steht direkt auf.

Und schon bin ich wieder allein im Studierzimmer.

Es ist das erste Mal, dass ich es richtig satt habe, keine Kontrolle über irgendwas zu haben. Soll Aaru doch zur Hölle fahren! Oder besser noch herkommen und ich zeige ihm mal, was ich von dem ganzen Scheiß hier halte!

Eigentlich soll ich sicher in den Wohnbereich zurück kehren und warten, aber dazu habe ich wenig Lust.

Voller Frust stapfe ich aus dem Studierzimmer und in die große Eingangshalle. Hier und da huschen ein paar Bedienstete an mir vorbei und verbeugen sich tief. Mit einem aufgesetzten milden Lächeln ziehe ich an ihnen vorbei und trete durch die große Flügeltür. Zum Glück hält mich keiner der Bediensteten auf.

Der Geruch von einem frischen friedlichen Morgen steigt mir in die Nase. Oh ja, das brauche ich jetzt! Schnellen Schrittes eile ich zum Strandtor und schlüpfe hindurch. An der unteren Fußtreppe streife ich meine Schuhe ab und stelle sie behutsam auf die Stufen.

Sehnsüchtig gehe ich zu den Wellen. Das kalte nasse Gefühl umspült wieder meine Zehen.

Es beruhigt mich innerlich wirklich sehr. Ich bin so enttäuscht von mir selbst, in meinem Leben konnte ich mich bisher immer selbst verteidigen und freie Entscheidungen treffen. Jetzt liegt meine Sicherheit in den Händen anderer.

Zu gern wüsste ich, was dieser gottverdammte Aaru mit mir vor hat!

Ich weiß nicht, wie viel Zeit genau vergeht, aber irgendwann unterbricht Vittorius' Stimme meinen nachdenklichen Blick in die Ferne des Meeres.

• Vittorius •

Gemeinsam mit Mikul eile ich über die Dächer zum Schloss zurück.

Zurück im Studierzimmer blicke ich in leere Sessel. Schnellen Schrittes durchsuche ich den Wohnbereich, kann sie dort aber auch nicht finden. Was stellt sie jetzt wieder an?

Dann starte ich die Suche eben nochmal neu im Studierzimmer. Kurzerhand nehme ich Yaras Fährte auf und beginne dieser zu folgen. Geduldig folgt Mikul mir.

Bereits auf dem Flur falle ich vom Glauben ab. Sie ist tatsächlich nicht zurück in die Wohnhalle gegangen. Erneut spüre ich ihre Fährte nach und folge ihr. Sie führt mich auf den Innenhof. Da hat sie tatsächlich das Gebäude verlassen!

Ihre Fährte führt mich zum Strandtor. Als ich es öffne erblicke ich ihre Silhouette unten in den Wellen stehen. Was denkt sie macht sie da?

Schnell gehe ich zu ihr runter.

„Was machst du hier?", stelle ich sie zur Rede.

„Das Meer beobachten", entgegnet sie sachlich. Das hätte ich auch gerade so noch herleiten können. Sie dreht sich nicht um und starrt weiter in Gedanken versunken auf das weite Meer hinaus.

„Warum bist du nicht zurück in die königlichen Gemächer gegangen?", frage ich weiter.

„Mich nervt es absolut, mich nicht selbst gegen Aaru verteidigen zu können", wechselt sie das Thema. Kurz überlege ich, ob ich auf meine Frage beharren soll.

Doch dann dreht sie sich um und sieht mir direkt in die Augen. Im nächsten Moment bemerkt sie Mikul, der mit respektvollem Abstand an der Strandtreppe wartet und in Richtung des Hafens blickt.

Ich beschließe sie später danach zu befragen.

„Das ist Mikul, er ist Anführer meiner inneren Spezialeinheit. Ab jetzt wird er dir bis auf weiteres nicht mehr von der Seite weichen, solang deine Brüder oder ich keine Zeit haben. Ich habe ihm deinen Personenschutz anvertraut. Er gehört zu den besten Kandidaten die dafür in Frage kommen", stelle ich ihn vor. Dann steht er auch schon bei uns und vollführt eine neue tiefe Verbeugung.

„Es ist mir eine Ehre", entgegnet Mikul knapp. Yara starrt ihn nur wortlos an. Ich würde ihr wirklich gern mehr zur Seite stehen gerade, aber ich habe noch einige To Do's.

„Ich muss mich wirklich dringend um weitere Angelegenheiten kümmern", erkläre ich knapp.

Ich werfe ihr einen mitfühlenden Blick zu. Dann mache ich mich auf den Weg.

• Yara •

Da stellt er mir einen Typen aus irgendeiner Einheit zur Seite und schon ist er wieder weg. Ohne ein weiteres Wort.

Ein wenig planlos stehen wir nun am Strand. Wie eine unangenehme Pause in einem Gespräch zwischen Fremden.

Mikuls schwarzhaariger Militärschnitt hat echten Kasernen Charakter. Die Narbe über seinem Auge unterstreicht seinen stählernen Blick. Enge gepolsterte aber bewegliche Kleidung betont seinen perfekten Muskelaufbau.

„Vermutlich könnt Ihr euch besseres vorstellen als den ganzen Tag auf eine Frau aufzupassen", sage ich entschuldigend.

Vampirkind YaraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt