Kapitel 20: Die Folgen der Druckwelle

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• Vittorius •

Mehrere Minuten verbringe ich schweigend über Yaras leblosen Körper. Neben mir kniet Isajah und starrt praktisch an uns vorbei in die Leere. Er ist vollkommen geschockt und verarbeitet vermutlich gerade die letzten Minuten seit der Druckwelle. Hinter mir nehme ich Visionsmeister Kaelen wahr, er lehnt mit schmerzverzerrtem Gesichtsausdruck an einer der wenigen Wände, die noch steht.

Die kleine Holzhütte von Visionsmeister Kaelen ist ein einziges Trümmerfeld, überall liegen lose Holzbalken verstreut und sein Hab und Gut liegt quer unter Schutt begraben. Die meisten Sachen sind von der Druckwelle mitgerissen und zersplittert.

Eine dichte Rauchwolke zieht zu uns rüber und ein verbrannter Geruch steigt mir aufdringlich in die Nase.

Es brennt!

Schnell überblicke ich den zerstörten Teil des kleinen Wohnzimmers. Das Haus hat eine kleine Feuerstelle und ein Holzbalken ist auf die Feuerstelle gefallen. Der Balken brennt mittlerweile lichterloh und steckt die umliegenden Trümmerteile an.

„Mein König, wir müssen aus dem Haus raus", holen mich Isajahs Worte aus meinen Gedanken.

Ich nicke ihm wortlos zu. Ich habe nicht bemerkt, dass Isajah bereits aufgestanden ist, gerade den blinden Visionsmeister stützt und ihn aus dem Schuttfeld hinaus leitet.

Vorsichtig schiebe ich meinen rechten Arm unter Yaras Kopf und meinen linken Arm unter ihre Kniekehlen. Behutsam hebe ich ihren Körper langsam hoch und eile in Richtung des Ausgangs. Zwischendurch weiche ich dem einen oder anderen Balken aus, der unter dem Feuer ächzend nachgibt und die Hütte kontinuierlich zum Einsturz bringt.

„Visionsmeister Kaelen wartet nun in der Kutsche", gibt Isajah mir kurz und knapp die Information.

Ich stehe in Gedanken versunken vor der Hütte, die mittlerweile lichterloh Feuer gefangen hat. Dichte Rauchschwaden breiten sich im umliegenden Wald aus. Wenn ich dieses Feuer nicht eindämme, wird es das umliegende trockene Gehölz anzünden. Einen Waldbrand so nah an meiner Stadt darf ich unter keinen Umständen riskieren.

Mein Blick fällt auf den Körper von meinem Vampirkind. In der Hütte war es selbst für meine Vampiraugen zu dunkel, um das gesamte Ausmaß ihres Zustands zu sehen. Yara ist von oben bis unten mit Ruß überdeckt, hat zahlreiche Wunden und Schrammen und wer weiß wie viele innere Verletzungen. Überall sehe ich schlimme Blutergüsse. Der eine oder andere Knochen in ihrem Körper ist sicher gebrochen. Verdammt! Auch schwer verletzte Vampire können sterben!

Der Kopf von Yara rührt sich leicht. Kurz darauf stöhnt sie vor Schmerzen und ich spüre, wie sich ihre Muskeln anspannen. Behutsam drücke ich sie tröstend an meinen Körper.

Im nächsten Moment fällt es mir dann auf. Das gibt es nicht! Unmöglich!

Durch die rußbedeckte Haut ist es mir erst nicht aufgefallen. Auf ihren Schurf- und Platzwunden bildet sich bereits dichter Schorf. Das bedeutet, ihre Wundheilung ist bereits in vollem Gang.

Selbst ihre regenerativen Fähigkeiten sind atemberaubend.

Schweren Herzens zwinge ich mich zu klarem Verstand. Ich muss jetzt meinen Pflichten als König nachkommen!

• Isajah •

Erstaunt blickt König Vittorius auf Yaras Wunden. Sind die Wunden etwa bereits am Verheilen? Niemals, so gut können ihre Selbstheilungsfähigkeiten noch gar nicht ausgebaut sein.

Allerdings wundert es mich bei ihren tiefroten Augen auch nicht mehr so stark, wie es vermutlich sollte.

Vittorius scheint zu sich zu kommen. Sein Blick wird ernst und er sieht mir nun in die Augen.

Vampirkind YaraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt