Kapitel 28: Das moderne Bad

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• Yara •

Voller Vorfreude stehe ich im Visionsmagie Training vor der modernen Badarmatur und schaue in das bereits jetzt schon überwältigte Gesicht von Vittorius. Interessiert sieht er sich in der Projektion meiner Vergangenheit um und mustert die modernen Badmöbel und die Deckenstrahler.

Seinem Blick nach zu urteilen, ist er zutiefst beeindruckt. Dabei habe ich noch nicht mal das Wasser eingeschaltet!

Der Vampirkönig tritt einen Schritt näher und steht nun genau neben mir. Mit einem Handgriff betätige ich den Wasserhahn und ein gleichmäßiger Wasserstrahl füllt langsam die Badewanne. Fasziniert und mit großen Augen blickt er auf die Armatur. Mit einem Lächeln stelle ich das Wasser wieder ab.

„Duschen ist auch viel einfacher", sage ich und gehe an ihm vorbei zur bodengleichen Duschkabine.

Voller Interesse mustert Vittorius die Duschbrause, die er vermutlich noch nie in seinem Leben gesehen hat. Ich trete in die Dusche und drehe das Wasser auf. Es ist eine Duscharmatur mit wahlweise Regendusche oder Handbrause. Jetzt gerade prasselt das Wasser aus der Regendusche auf den Boden.

„Wenn man möchte, kann man die Regendusche auch auf Handbrause umstellen", erkläre ich, während ich die Handbrause in die Hand nehme und den Modus wechsle.

„So ein erstaunliches und innovatives Wassersystem habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen", entgegnet Vittorius und nimmt die Handbrause in seine Hand, um sie näher zu inspizieren.

Eine Weile probiert er selbst die Regelungstechnik der Dusche aus. Amüsiert stehe ich hinter ihm und beobachte ihn dabei. So muss sich das also anfühlen, wenn er mir bei Neuentdeckungen zusieht.

„Die Toilettenspülung ist mindestens genauso innovativ", unterbreche ich seine Faszination. Er dreht sich zu mir um und mustert anschließend die Toilette.

„Hier drauf drücken", sage ich und zeige ihm die Klospülung. Zögerlich betätigt er die Spülung und zuckt bei dem Geräusch des Wasserschwalls beinahe zusammen.

„In der Wand ist der Spülkasten eingearbeitet, das ist so konzipiert, dass er sich nach der Spülung automatisch wieder auffüllt", erkläre ich ihm, während er ratlos die Toilette beäugt.

Er versteht nicht, was ich meine.

„Ich sehe schon, wir werden viel Innovation zusammen erforschen und entwickeln", sagt Vittorius daraufhin mit einem Grinsen.

„Du solltest die Vision jetzt beenden. Stell dir dafür vor, wie du diese Erinnerung ‚beiseite legst' und komm zurück in die Realität", unterbricht Meister Kaelen unser Gespräch.

Bei dem Wort Realität hätte ich beinahe losgelacht.

Ein paar Augenblicke später habe ich seine Anweisungen umgesetzt und blicke in das zufriedene Gesicht von Meister Kaelen.

„Die verschiedenen Projektionen der Vergangenheit manifestieren üben ist eine gute Methode, um deinen Umgang mit der Visionsmagie zu trainieren. In der nächsten Einheit morgen werde ich dich das Abwehren lehren. Erst wenn du das beherrscht, können wir an vorausschauenden Visionen arbeiten, ohne von Aaru gestört zu werden", kündigt Kaelen an.

Zumindest, sollte mir das je in einem wirksamen Ausmaß gegen Aaru gelingen. Das braucht Kaelen nicht aussprechen, das verstehe sogar ich.

„In Ordnung", entgegne ich ihm höflich.

Zufrieden lächelt Meister Kaelen in sich hinein und erhebt sich. Vittorius erhebt sich und entlässt mich aus seiner festen Umarmung.

„Ich geleite Meister Kaelen in sein Gemach und komme dann zu dir, gehe du schonmal vor in den Wohnbereich", sagt Vittorius zu mir und hakt Kaelens Hand in seinen Arm ein. Behutsam führt er den blinden Kaelen aus dem Raum.

Wobei Kaelen dabei irgendwie weder verloren, noch hilflos aussieht, ich kann mir nicht helfen. Bestimmten tauschen die Zwei gleich ein paar Sätze ohne meine anwesenden Ohren aus.

Kurz nach den beiden Vampiren trete ich auf den Flur hinaus und begebe mich zu den Stufen zum privaten Wohnbereich. Ich bin kurz in Versuchung, heimlich auszubüxen und durch das Schloss zu streifen, verwerfe den Gedankengang jedoch schnell und steige erschöpft die Treppen hinauf. Wie lange Vittorius wohl brauch, bis er mich findet?

Das hebe ich mir für ein andern Mal auf.

Im Wohnbereich nehme ich Platz und habe das Bedürfnis tief ein- und auszuatmen. Die Visionsmagie Einheit kommt einem der strengen Fitnesspläne gleich, die ich gerne verfolgt habe. Dementsprechend ausgelaugt fühle ich mich.

Es dauert nicht lange, da gesellt sich Vittorius zu mir.

• Vittorius •

Meister Kaelen ruht sich nach der überwältigenden und anstrengenden Einheit nun in seinem Gemach aus. Ich habe ihm noch angeboten wieder zu uns zu stoßen, wenn er sich ausgeruht fühlt. Natürlich haben wir uns kurz auf Meisterebene ausgetauscht, das sind Worte, die nicht für Yara bestimmt sind.

Schnellen Schrittes begebe ich mich nun aber in die königliche Wohnhalle. Yara sitzt erschöpft auf einem der Sessel und starrt nachdenklich aus dem Fenster. Kurzerhand geselle ich mich zu ihr.

Ich war so überwältigt von dem, was ich eben gesehen habe, dass mir gar nicht aufgefallen ist, wie viel Kraft die Einheit ihr abverlangt hat.

„Deine Welt ist atemberaubend, damit hätte ich im Leben nicht gerechnet. Das Leben hier muss dir wahrlich fremd erscheinen. Ich würde es nun aber begrüßen, wenn du dich ein wenig ausruhst", sage ich mit forderndem Unterton.

Mit einem milden Lächeln sieht sie mich an.

„Ja, das war doch anstrengender als erwartet", gibt sie mit müder Stimme zu.

„Am besten trinkst du noch etwas von meinem Blut und schläfst dann ein bis zwei Stunden", sage ich.

Träge nickt sie. Sie will gerade aufstehen, aber ich bin schneller. Ehe sie Protest erheben kann, trage ich sie ins Schlafgemach, beiße in mein Handgelenk und biete ihr mein Blut an. Müde trinkt sie einige Schlücke und schläft dann beim Trinken ein. Sanft lege ich sie ins Bett und decke sie zu.

Friedlich schlummert sie nun vor sich hin. Eine Weile beobachte ich sie dabei. Es wärmt mein Herz sie so zu beobachten und wie ihr persönlicher Leibwächter auf sie Acht zu geben.

Als Ihr Mentor und Meister darf ich das ja wohl auch.

• Yara •

Wie nach jedem Mittagsschlaf wache ich zunächst leicht desorientiert auf und frage mich kurz wer ich bin, wo ich bin und was ich hier mache. Schnell fällt mir aber sämtliche Vampiraction ein, die in den letzten Tagen passiert ist.

Ein Blick nach draußen verrät, dass die Sonne in den nächsten drei bis vier Stunden unter gehen wird. Träge schlürfe ich in das Bad und mache mich kurz am Waschtisch frisch. Mein Spiegelbild sieht ziemlich verschlafen aus.

Noch leicht träge öffne ich die Tür vom Schlafgemach des Königs. Ich trete ich den großen Wohnbereich. Aus dem Regierungszimmer höre ich leise Geräusche und wenig später stehen Isajah und Vittorius am Geländer im oberen Stockwerk.

Freudestrahlend kommt Isajah auf mich zu. Oha was kommt jetzt?

• Isajah •

„Wenn dir danach ist, darfst du ihr gerne ihre erste Feuermagie Stunde erteilen", sagt der König mit einem freundlichen Lächeln.

Feuer ist mein absolutes Lieblingselement und kein Element beherrsche ich so gut wie das Feuer. Selbst der Vampirkönig war seinerzeit über meine Feuermagie Anfänge erstaunt.

„Es wäre mir eine Ehre, mein König", gebe ich ihm ehrfürchtig als Antwort.

In den letzten zwei Stunden während Yara schlief, haben wir uns über ihren aktuellen Fähigkeitenstand ausgetauscht. Wie sie ihre ersten Versuche unternommen hat und wie er sie kaum instruiert hat. Natürlich entgeht dem König nicht, dass ich es zu gerne selbst erlebt hätte. Für das tiefe Vertrauen meines Vampirvaters bin ich ihm unendlich dankbar.

Es dauert nicht lange, da hören wir, wie die Tür vom Schlafgemach geöffnet wird und Yara einigermaßen erholt aus dem Zimmer tritt.

Ich freue mich sehr darauf, gleich ihr Gesicht zu sehen, wenn ich sie frage ob sie nun ihre erste Feuerlektion erhalten möchte!

Vampirkind YaraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt