Kapitel 26: Visionsunterricht

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• Yara •

Der Mond nähert sich stetig dem Horizont. Schon bald wird die Sonne aufgehen.

Mein Gehirn ist überfüllt mit vielen Informationen zur Visionsmagie. Die verhüllte Gestalt spukt ebenfalls wie ein unwillkommener Schatten vor meinem inneren Auge. Ein seit 1504 Jahren vermisster und hochtalentierter Vampir namens Aaru, der mich zu sich holen möchte. Und das I-Tüpfelchen bildet die stockfinstere Ebene, die ich nun Schattenebene nenne. Wie ich erfahren habe, hat Aaru seinerzeit versucht, nicht nur seinen Geist dorthin zu bringen sondern auch seinen ganzen Körper.

Ganz ehrlich? Als ich dort war und nicht wusste, wie ich da wieder weg komme, war mein erster Gedanken nicht gerade ‚da gehöre ich hin'. Aber hey, jeder dem seins.

„Ein paar Stunden solltest du nun noch schlafen, die Einheiten werden sehr kräftezehrend", beendet Vittorius den Abend.

„Ich würde mich ebenfalls gerne zurückziehen", verkündet Kaelen. „Prinz Isajah, wärt Ihr so freundlich?", richtet sich Kaelen an meinen großen Vampirbruder. „Natürlich", entgegnet dieser freundlich.

Nachdem wir uns eine angenehme Nachtruhe gewünscht haben, verschwindet Isajah mit Kaelen in den Flur. Vittorius erhebt sich und trägt mich zu seinem Himmelbett. Er nährt mich noch kurz und dann sinke ich in einen tiefen Schlaf.

Ich bin wirklich sehr kaputt vom Tag.

• Vittorius •

Die Sonne steht schon seit zwei Stunden am Himmel. Visionsmeister Kaelen bereitet unten in den Lehrräumen bereits seine Einheiten vor. Isajah trainiert im Rahmen seines morgendlichen Trainings auf dem Übungsgelände.

Yara schläft noch friedlich vor sich hin. Ich sitze auf der Bettkante meines Himmelbetts und starre sie nun schon seit mehreren Minuten an. Ihr Geruch umhüllt mich, ich kann mir jetzt in diesem Moment kein friedlicheres Gefühl vorstellen.

„Yara?", ich versuche sie sanft zu wecken.

Sie dreht sich von mir weg.

„Noch fünf Minuten", nuschelt sie verschlafen in das weiche Kopfkissen.

Ich kann mir ein Lachen nicht verkneifen.

„Nicht so laut", grummelt sie vor sich hin.

„Komm mein kleiner Morgenmuffel, die Sonne steht schon seit zwei Stunden am Himmel", sage ich und rüttle sanft an ihrer Schulter.

„Ach von mir aus darf die auch drei oder vier Stunden am Himmel stehen", sagt Yara mit verschlafener Stimme.

„Ich fürchte, solange kann ich dich nicht hier liegen lassen", gebe ich amüsiert wieder.

„Mhh, schade", murmelt sie vor sich hin.

Dann dreht sie sich um, streckt sich genüsslich und mustert mich durch ihre verschlafenen Augen. Oh, wie gelenkig sie doch ist.

„Ich würde jetzt gerne duschen gehen", verkündet sie.

„Ich lasse dir gerne warmes Wasser in den Duschbottich", entgegne ich ihr.

Sie richtet sich langsam auf und streckt sich noch einmal. Ich würde sie am liebsten den ganzen Tag beobachten.

„Darf ich das selbst machen?", fragt sie. Ich hatte gehofft, sie fragt nicht. Aber ich kann ihr ja auch nicht ewig alles abnehmen, schließlich ist die Wassermagie für das Hygienebedürfnis etwas ganz normales und alltägliches.

„Ja", antworte ich ihr.

Entspannt sucht sie sich ein paar Kleidungsstücke aus dem Schrank aus, dann gehen wir ins Bad.

Vampirkind YaraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt