Kapitel 181: Ein ruhiger Morgen?

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• Vittorius •

Erstaunlich vital und fit hängt Yara in meinem Arm und starrt mich mit offenen Augen an.

Ehrlich gesagt habe ich so früh noch nicht mit ihr gerechnet. Umso mehr freue ich mich aber darauf, die Zeit mit ihr zu verbringen.

Kurz saß der Schock tief, als ich sie mit dem geschwärzten Arm auf den Sofa sitzen sah. Anhand ihrer Reaktion sehe ich aber, dass es ihr soweit gut geht.

Leise fällt die Tür zu Yaras Gemach hinter mir ins Schloss.

„Dir ist schon klar, dass du jetzt Bettruhe hast und ich persönlich dafür sorge, dass du die einhältst?" entgegne ich lächelnd und voller Fürsorge.

Anstatt zu antworten rollt sie spaßeshalber mit den Augen, muss dann aber lächeln. Seelenruhig begebe ich mich mit ihr auf das große Bett und lege behutsam die Decke über uns. Dabei achte ich penibel darauf, ihre Hand nicht versehentlich zu berühren.

„Tut es so noch weh?", frage ich trotzdem leicht besorgt.

„Nein. Ich spüre aber auch praktisch nichts", antwortet sie ruhig.

Ich frage mich, wie sie so ruhig bleiben kann, wenn sie ab ihrem Unterarm kein Gefühl mehr hat.

„Hast du keine Angst?", frage ich verwundert nach.

„Nein, wieso sollte ich?", entgegnet sie und schaut mir dabei fragend in die Augen.

„Normalerweise sind Menschen oder auch Vampire unruhig, wenn sie ein Körperteil nicht mehr spüren können. Theoretisch haben sie dann Angst, dass sie das Körperteil verlieren", antworte ich belustigt.

„Achso so meinst du das", sagt sie lachend. „Ich bin ziemlich sicher, dass die Vampirheilung, die jetzt auch noch durch meine Dunkelmagie verstärkt ist, schon beste Arbeit leisten wird. Wenn es dies dann doch nicht tut, kann ich immer noch unruhig werden", betont sie erstaunlich gelassen.

Sie hat meinen tiefsten Respekt, so eine Einstellung aufbringen zu können. Eigentlich kommt so eine Gelassenheit erst im Laufe der Jahrhunderte, wenn überhaupt. Isajah und Jaron zum Beispiel hätten auch heute noch ein Problem damit und würden sich sorgen.

Behutsam schiebe ich meinen Arm unter ihren Körper und richte mich zusammen mit ihr auf. Während sie sich seelenruhig und voller Genuss aus meiner Halsschlagader nährt, versinkt sie in meiner tiefen Umarmung.

Eine Weile halte ich sie fürsorglich in meinen Armen und sie schmiegt sich zufrieden an meine Brust.

Schließlich schläft sie irgendwann friedlich ein.

• Yara •

Völlig ausgeruht erwache ich noch vor dem Sonnenaufgang. Vermutlich habe ich in den letzten Tagen einfach zu viel geschlafen, schon zu menschlicher Lebzeit hat dies meinen Schlafrhytmus durcheinander gebracht.

Ich befinde mich nach wie vor in Vittorius' fester Umarmung und mein Kopf ruht weiterhin auf seiner Brust.

Hellwach treffen sich unsere Blicke und verwundert hebt er seine Augenbraue.

„So früh warst du noch nie wach", bemerkt er schmunzelnd.

„Ich zerstöre immer meinen Schlafrhytmus, wenn ich mich viel ausruhe. Zumindest war das als Mensch so", erkläre ich ihm meinen Gedankengang.

Behutsam streichen seine Fingerspitzen über meinen Rücken. Die Vampirkrallen lösen dabei eher ein Gefühl aus, als würde er meinen Rücken kraulen statt einfach nur mit den Klauen entlang zu fahren. Ein wenig mehr Druck und er würde eine tiefe Fleischwunde hinterlassen können.

Vampirkind YaraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt