Kapitel 7

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,,Grey, Elyas kommt ihr bitte? Wir wollen losfahren!", schrie meine Mutter von draußen.

Ich zuckte heftig zusammen und merkte, dass es Elyas nicht anders ergangen war. Er war wohl genauso in Gedanken versunken gewesen wie ich. Ich lächelte zittrig, schloss die Haustüre ab und lief gemeinsam mit ihm aus dem Haus zu dem dunkelroten Mercedes, der bereits vollständig beladen war.

Shit, ich dachte wir fahren getrennte Autos! Ich halte doch keine vier Stunden mit Elyas und seiner Mutter auf einem so engen Raum aus!, dachte ich voller Panik.

Frau Hellmer war eine große, dünne Frau mit kurzen blonden Haaren. Ihre dunklen Augen erschienen zu groß für ihr schmales Gesicht und sie sah allgemein aus, als hätte sie in letzter Zeit zu wenig gegessen. Dennoch lächelte sie mich strahlend an, sodass ich mich in ihrer Nähe sofort wohl fühlte, was nur selten vorkam.

Sie streckte mir die lange, knochige Hand entgegen und ich schüttelte diese. Sie fühlte sich so zerbrechlich an...

,,Hallo Greyson, wir haben uns ja schon ewig nicht mehr gesehen! Gut siehst du aus", meinte sie fröhlich.

Ich war mittlerweile dunkelrot angelaufen und wusste erneut nicht, was ich sagen sollte, weshalb ich nur ein flüchtiges ,,Danke" murmelte.

Ich?! Gutaussehend?! Das sagt sie bestimmt nur um höflich zu sein.

Meine Mutter schloss den vollgestopften Kofferraum und stieg auf den Fahrersitz, Frau Hellmer neben sie. Dann würden Elyas und ich uns wohl die Rückbank teilen müssen...

Ich setzte mich, schnallte mich an, schloss die Türe und hätte mich am liebsten übergeben. Ich hasste den Geruch von Autos, wenn man einstieg. Kurz seufzte ich. Dann zog ich meine Schuhe aus und machte es mir bequem.

Nach fünf Minuten wurde mir das Gespräch der Mütter zu langweilig und beschloss daher, Musik zu hören.

Die ersten Takte von Daughtrys ,,It's not over" ertönten und ich schloss die Augen. Ich war erschöpft von der Angst, die mir heute den ganzen Tag nicht von der Seite gewichen war. Sie machte mich innerlich kaputt, zermürbte mich, bis ich nichts mehr außer ihr fühlte.

Aber immerhin, die Anfänge sind geschafft. Das erste Kennenlernen ist vorbei, dachte ich optimistisch. Doch da ich eindeutig kein Optimist war, schossen mir kurz darauf die negativen Gedanken durch den Kopf: Du hast noch nicht einmal den ersten Tag überstanden, bist schon innerlich am Arsch und hast noch eine ganze Woche vor dir!

Als die Anfänge von ,,Red Flag" von Billy Talent ertönten, lächelte ich, denn dieses Lied schaffte es immer, mir gute Laune zu zaubern, egal wie schlecht es mir ging.

Doch der Frieden sollte nicht lange währen: Gerade war ich aus der Realität entflohen, als ich wieder unsanft dorthin zurückgeschupst wurde. Zuerst versuchte ich, das Zupfen an meinem rechten Ärmel zu verdrängen, doch da es immer stärker wurde nahm ich entnervt meine Kopfhörer ab und starrte Elyas fragend in die braunen Augen.

,,Ich wollte fragen, was du so für Musik hörst."

Ernsthaft?! Dafür hat der Typ mich wieder zurückgeholt?

,,Am liebsten Rock und Punk", antwortete ich knapp und war schon fast dabei, mir wieder die Kopfhörer auf zu setzten, als mir einfiel, dass dies wohl unfreundlich wäre. Deshab fügte ich noch ein ,,Du?" hinzu.

,,Eigentlich alles. Nur nichts klassisches. Oder Deutschrap! Das ist ganz grausig!", erklärte er und verzog das Gesicht.

Schön für dich. Kann ich jetzt weiter hören?! Sonst lasse ich die ganze nächste Woche nur Rap laufen. Wobei, das mag ich selbst nicht...

Freak. (boyxboy)Where stories live. Discover now