Kapitel 21

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Leicht nickte ich und er räusperte sich kurz, bevor er zu reden begann. Seine Stimme war fest und monoton, sodass man keinerlei Emotionen heraushören konnte. ,,Als wir umgezogen sind war alles perfekt: Ich verstand mich super mit den Leuten aus der Stadt, hatte schnell Anschluss gefunden. Meine Eltern hatten beide eine Arbeit, mit der sie gut verdienten und ich liebte Mara abgöttisch, sie war meine kleine Prinzessin. Dann letztes Jahr, Mara war gerade neun geworden, wollte sie zu einer Freundin gehen, die in der Nähe wohnte. Wir begleiteten sie nicht, es war ja nicht weit weg und sie spielte oft mit ihren Freundinnen auf der Straße. Aber dann klingelte es, die Polizei stand vor der Türe und fragte, ob wir ein kleines Mädchen kannten. Die Beschreibung passte genau auf Mara. Sie ist überfahren worden"

Schockiert starrte ich ihn an. Es tat mir so unendlich Leid, was passiert war, doch mir war bewusst, dass er bestimmt kein Mitleid wollte. ,,Und der Fahrer?", fragte ich dann vorsichtig.

,,Fahrerflucht. Bis heute nicht gefunden", sagte er mit weiterhin emotionsloser Stimme, ,,aber das ist nicht alles. Ab diesem Tag war mein Leben am Arsch. Ich fand keinen Sinn mehr darin. Mein Vater hatte begonnen zu trinken, immer öfter kam er betrunken nach Hause, machte Mum und mich für alles verantwortlich. Wir hätten sie begleiten müssen"

,,Es ist nicht eure Schuld. Niemand hätte erwarten können, dass so etwas passiert!", sagte ich mit nachdrücklicher Stimme, ,,und deshalb seid ihr weggezogen?"

Er knetete seine Finger nervös und biss sich auf die Lippe. Er zitterte ein wenig und sah mich ängstlich an. Verwundert hob ich meine Augenbrauen: Vor was hatte er Angst?

,,Du wirst mich hassen, wenn ich es dir erzählt habe. Nein, das war nicht der Grund, weshalb wir weggezogen sind. Auch ich ging immer öfter aus und lernte dort andere Leute kennen. Und ich erkannte, dass... ich, ähm, nicht auf Frauen stand. Ich bin schwul, Grey. Als Dad es erfahren hat... Er hat mich beschimpft, schlimmer als er es sonst getan hatte. Er meinte, ein schwuler Sohn wäre nicht sein Sohn. Und dann hat er ausgeholt. Mum hat ihn von mir weg gezerrt, unsere Koffer gepackt und wir haben den nächsten Monat bei meiner Oma verbracht"

Er sah mich weiterhin ängstlich an, während ich nicht sicher war, wie ich fühlen sollte. Ich trauerte um Mara, war enttäuscht weil er mir nicht vertraute und wütend, wegen seinem Vater. Wie konnte man so etwas seinem Sohn antun?! Was ein Arschloch! Noch immer sah ich ihn an, was er wohl falsch interpretierte, denn er meinte mit bedrückter Stimme:,,Ich verstehe. Keine Sorge, ich werde mich von dir fern halten. Ich gehe dann mal ins Wohnzimmer, ich schlafe auf der Couch"

Er war gerade dabei sich zu erheben, als ich nach seiner Hand griff und ihn zu mir zog. Ich umarmte ihn und strich ihm über den Rücken. ,,Weshalb sollte ich dich hassen? Du bist doch der gleiche Mensch wie zuvor, nichts hat sich verändert. Du hast es nicht verdient, so behandelt zu werden. Es tut mir Leid wegen Mara und dein Vater ist ein totales Arschloch. Aber danke, dass du mir vertraut hast"

Und dann konnte Elyas nicht mehr an sich halten. Er begann zu schluchzen und drückte mich so fest an ihn, dass ich glaubte, keine Luft mehr zu bekommen. Ich strich ihm durch die Haare, bis sein Schluchzen verstummt war und er ein heiseres ,,Danke" murmelte.

Freak. (boyxboy)Where stories live. Discover now