Kapitel 30

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Schweigend standen wir noch eine Weile so da. Ich nahm an, dass Elyas das soeben Gesagte noch verarbeiten musste und wollte ihm Zeit geben. Dennoch war mir die Stille unheimlich und so blickte ich immer wieder um mich, drehte die Uhr an meinem Handgelenk oder betrachtet eingehend den Boden. Als ich aufblickte sah ich an dem schwachen Licht, das von innen kam, dass Elyas eine leichte Gänsehaut an den nackten Armen hatte. Ich wollte nicht, dass er wegen mir fror, dazu war ich zu unwichtig. ,,Elyas, ist dir kalt? Sollen wir reingehen?", fragte ich mit zitternder Stimme.

,,Gute Idee, ich habe mich schon gewundert, ob du die ganze Nacht hier draußen verbringen willst", antwortete er.

-

Mal wieder fand ich mich neben Elyas im Bett liegend und an die Geschehnisse des vergangenen Tages denkend. Von dem Jungen neben mir waren nur tiefe Atemzüge und hin und wieder ein leises Rascheln zu vernehmen, während ich in der Dunkelheit an die Decke starrte. Ich konnte nicht schlafen, da meine Gedanken nicht aufhören konnten, um das Gespräch mit Charlene zu kreisen: Was würde es verändern, wenn ich homosexuell wäre? Würde ich anders behandelt werden? Würde mich Elyas, den ich in meinem Gehirn bereits als großen Bruder abgespeichert hatte, anders behandeln? Nein, das glaubte ich nicht. Denn weder er, noch mein Umfeld waren homophob, beziehungsweise Arschlöcher. Trotzdem... ich wollte es einfach nicht wahr haben. Es konnte doch nicht sein, dass ein einzelnes Gespräch meine Welt auf den Kopf drehte.

Bereits seit mehreren Minuten wälzte ich mich nun bereits von der einen auf die andere Seite, doch der erlösende Schlaf wollte einfach nicht kommen. Nur zu gerne würde ich einfach in meine eigene Fantasie abtauchen und von den Gedanken erlöst werden... Ich hörte, wie etwas näher an mich heranrutschte und bevor ich zu einer Regung fähig gewesen wäre, fühlte ich schon zwei starke Arme, die sich um mich legten. Ich brauchte einen Moment, um mir die gegenwärtige Situation klarzumachen, fand mich aber dann damit ab. Was war schon dabei, ein wenig mit seinem ,,großen Bruder" zu kuscheln? Also legte ich langsam meinen Kopf auf Elyas' Oberkörper und rutschte etwas näher an ihn heran. Er roch so gut... Und ich fühlte mich so geborgen bei ihm...

,,Ich brauche dich. Du bist mir so unheimlich wichtig", flüsterte Elyas im Traum mit einer leicht nuschelnden und fröhlich klingenden Stimme.

Ein leichter Schauer lief mir über den Rücken und seine Worte wiederholten sich immer und immer wieder in meinem Kopf.

Ich brauche dich...

Du bist mir so unheimlich wichtig...

...brauche dich...

...unheimlich wichtig...

...brauche...

...dich...

..wichtig...

Meine Gedanken schweiften ab und ich rutschte langsam und kaum merklich in einen traumlosen Schlaf.

Freak. (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt