Kapitel 36

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Die Türen der Gondel öffneten sich und wir lösten uns voneinander. Hektisch rannte ich aus dem kleinen Raum, ohne auf Elyas zu warten. Draußen atmete ich tief ein und aus und begann erst jetzt, das soeben Geschehene zu erfassen: Ich, Greyson Sielder, der wohl uncoolste Junge des Jahrhunderts, war gerade von Elyas Hellmer, meinem besten Freund -mittlerweile konnte ich ihn wirklich so nennen- geküsst worden. Und ich konnte nicht abstreiten, dass es mir gefallen hatte: denn noch immer meinte ich, das Gefühl seiner Lippen zu spüren. Dennoch fühlte es sich nicht richtig an. Nicht etwa, weil es ein Junge war, den ich soeben geküsst hatte, nein, das war mir herzlich egal, sondern weil ich einfach nicht glauben konnte, dass Elyas den Kuss ernst gemeint hatte. Bestimmt hatte er vergessen, mit wem er es zu tun hatte und bereute es nun bitter.


Und soviel zum Thema nicht schwul...

Ich sah mich um und erkannte, dass Elyas zwanzig Meter entfernt am Ausgang auf unsere Mütter wartete. Derweil sah er mich auf der Unterlippe kauend an und es versetzte mir einen Stich, seinen verletzten Blick zu sehen. Oder war er einfach nur entsetzt, dass er mich geküsst hatte?

-

Den ganzen Tag konnte ich nur noch an den Kuss denken, egal ob ich Ski fuhr oder in einem Lift saß. Immer wieder spukten mir ein paar weiche, rosa Lippen und blonde Haare im Kopf herum.

,,Ist alles okay, Schatz?"

Mum. Wir saßen im Moment nebeneinander im Sessellift, wo sie mich bereits die ganze Zeit voller Sorge angeblickt hatte. Ob sie etwa von dem Kuss erfahren hatte? Aber dann würde sie ja wissen, was los ist...

,,Ja, ja, alles gut"

Mir war klar, dass meine Mutter mir nicht glaubte, auch wenn sie zu meinem Glück nicht weiter nachhakte.

Dieser Skiurlaub hatte mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt: Mir war nun bewusst, dass ich nicht ganz so hetero war, wie ich es die ganze Zeit geglaubt hatte und außerdem hatte ich nun einen besten Freund, dem ich alles erzählen konnte.

Ja, ja, ein bester Freund, der dich küsst..., murmelte eine gehässige Stimme in meinem Kopf.

-

Ich hatte gehofft, dass Elyas den Kuss nicht wieder ansprechen würde und war nun froh, dass er es auch nicht tat. Allerdings starrte er mich fast durchgehend an und sein Blick wurde jedes Mal, wenn ich zurückblickte, nachdenklicher.

Der Kaffee in meiner Hand war mittlerweile kalt geworden, doch noch immer hielt ich die Tasse in meinen Händen, einfach, um etwas zu tun. Mein Blick fiel auf mein Handy und ich erkannte, dass mir Charlene geschrieben hatten. In den letzten Tagen hatten wir immer wieder miteinander telefoniert und gechattet. Hauptinhalt unserer Gespräche waren vor allem diverse Musikbands, sowie Ski fahren und Harry Potter. Ich beschloss, sie anzurufen und murmelte daher ein leises ,,Ich rede mit Charlene" zu Elyas, der nur knapp nickte.

,,Stell dir Mal vor, Padfoot und Moony hätten Harry großgezogen", schrie Charlene mir ohne Begrüßung aufgeregt entgegen. Ich musste über ihre Begeisterung lachen und stimmte zu, dass auch Wolfstar ein wirklich gutes Shipping sei.

,,Gibt es etwas neues wegen Elyas?", fragte sie plötzlich ohne Vorwarnung und ich erstickte fast an meinem kalten Kaffee. ,,Das heißt dann also ja. Was ist passiert?!"

,,Ich...ähm...also Elyas -hm...wir haben uns vielleicht- eventuell- unter Umständen- ehh...geküsst?", stammelte ich und es herrschte Schweigen in der Leitung, bevor Charlene in ein lautes Quietschen verfiel.

,,Ich habs' ja gewusst! Seid ihr jetzt zusammen?"

Rasch berichtete ich ihr von heute morgen und wir einigten uns darauf, dass ich einfach Mal abwarten würde, was passiert. Aus dem Hintergrund hörte ich, wie Charlene von ihrem Freund gerufen wurde und sie verabschiedete sich.

Ich hatte meinen ersten Kuss wirklich an Elyas verloren...

Freak. (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt