Kapitel 39

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,,Ich werde dich so vermissen...", murmelte Charlene, während sie mich noch etwas enger an sich drückte. Es war Freitag morgen, der Tag der Abreise, und sie war extra noch einmal vorbeigekommen um sich zu verabschieden. Auch ich hatte sie in den 1 1/2 Wochen sehr in mein Herz geschlossen und konnte mir gar nicht mehr vorstellen, mein Leben ohne ihre Ratschläge und Hilfe weiterzuleben.

,,Wir skypen und telefonieren, ja?", fragte ich daher und spürte, wie meine Stimme zum Ende hin immer leiser wurde. Traurig nickte sie.

,,Klar! Vielleicht können wir uns ja in den Pfingstferien treffen? Ich frage Mal meine Eltern."

Hoffnungsvoll nickte ich und schielte zu meiner Mutter hinüber, die gerade dabei war, eine Tasche im Auto zu verstauen. Sie würde mir bestimmt erlauben, dass Charlene eine oder zwei Wochen bei uns wohnte. Genug Platz hatten wir schließlich.

Linn hupte.

,,Ich muss jetzt gehen. Mach's gut und grüß' Michael von mir, ja?", sagte ich an Charlene gewandt und umarmte sie ein letztes Mal. Meine Augen brannten ein wenig von den aufsteigenden Tränen. Ich hasste Abschiede, ich war zu emotional für so etwas...

Überraschender Weise kam auch Elyas kurz zu uns, um Charlene Tschüss zu sagen. Und obwohl sie es in der Umarmung nur sehr leise sagte, hörte ich trotzdem, was sie Elyas mitteilte:,, Pass gut auf den Kleinen auf. Und wenn ich hören sollte, dass du ihn verletzt, dann stehe ich nachts bei dir im Zimmer und bringe dich eigenhändig um."

Elyas lachte leise und nickte dann, während ich rot angelaufen war und höchst unauffällig gen Himmel starrte.

-

Wir saßen im Auto und obwohl es noch nicht Sommer war, schwitzte ich wie Hölle. Welcher verdammte Sadist baute in ein Auto auch keine Klimaanlage?!

Ich öffnete das Fenster und genoss die kalte Luft, die zu uns hinein strömte. Meine Hand war hinaus gestreckt, so wie ich es als Kind immer getan hatte. Im Radio lief ,,Savior" von Rise Against und hin und wieder summte ich ein wenig mit. Die Mütter unterhielten sich vorne über den neusten Klatsch und Elyas saß schweigend neben mir. Er sah aus dem Fenster und wirkte sehr abwesend.

,,Diese Woche hat ziemlich viel verändert", sprach Elyas plötzlich und lächelte dabei fröhlich, ,,am Anfang warst du noch so schüchtern und unnahbar... Ich bin froh, dass wir uns besser kennengelernt haben."

Zustimmend nickte ich, da ich keine Ahnung hatte, was ich darauf antworten sollte. Ja, dieser Urlaub hatte viel verändert... auch mich. 

,,Soll ich dir morgen das Dorf zeigen, damit du dich wieder erinnerst?"

,,Ja, wäre super. Und wann lerne ich diesen Simon kennen?"

,,Ich frage ihn Mal, ob er am Sonntag Zeit hat."

Rasch schickte ich ihm eine Nachricht und erhielt prompt eine Antwort, in der er zusagte. Vielleicht kannte Elyas ihn ja schon, er hatte schließlich acht Jahre in unserem Dorf verbracht. Wie hatten wir uns damals eigentlich so aus den Augen verlieren können, dass ich am Anfang nicht einmal mehr wusste, wer Elyas war? Nachdem er damals weggezogen war hatten wir anfangs noch Briefe geschrieben und ab und zu telefoniert. Doch auch dieser Kontakt war nach und nach immer geringer geworden.

Ich zuckte zusammen, als Elyas ganz sanft und langsam meine Hand in seine nahm, doch dann musste ich lächeln, was er erwiderte. In meinem Magen kribbelte es und Nervosität breitete sich in meinem ganzen Körper aus. Doch als Elyas sanft über meinen Handrücken strich, war auch diese verflogen.

Noch immer verstand ich nicht, was ich da fühlte. Ob ich in Elyas verliebt war? Doch woher sollte ich das schon wissen, ich war es ja noch nie zuvor gewesen.

Freak. (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt