Kapitel 51

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Ein aller letztes Mal drückte Elyas mich an sich und entließ mich dann aus der Umarmung. Sein breites, glückliches Grinsen zwang mich dazu, auch meine Mundwinkel etwas anzuheben. Seine braunen Augen glänzten voller Freude und er sah wie immer umwerfend aus, mit den blonden Locken, die sein Gesicht umrahmten und seinem lässigen Outfit (AN: Ich wollte gerade Outfit mit Au- schreiben...). ,,Jungs, ihr seht euch doch spätestens morgen wieder, das ist kein Abschied für immer", seufzte Linn, doch ihr Lächeln verriet, dass sie es alles andere als schlimm oder nervig fand.

Bevor die Situation noch peinlicher wurde, machte ich meine Jacke zu und verließ mit einem leise gemurmelten ,,Tschüss" das Haus. Sobald ich draußen war kam meine schlechte Laune und der Hass auf alles und jeden -besonders auf mich-  wieder hoch. Mein Kopf begann zu pochen und ich schwor mir, nie wieder so viel zu trinken.

Beinahe war ich an meinem Haus vorbeigelaufen, da ich zu sehr in die Nachricht vertieft war, die soeben auf meinem Display erschienen war. Sie war von Sophie.

Sophie: Hallo Süßer! Ich wollte mich noch einmal für gestern Abend bedanken. Der Kuss war echt gut *-*! Hättest du Lust, das bei Gelegenheit zu wiederholen? Wie wärs: heute Abend um halb neun bei mir daheim? Sophie xx

Verzweifelt las ich die Nachricht wieder und wieder. War ja schön, dass ihr der Kuss im Gegensatz zu mir gefallen hatte, doch was sollte ich ihr nun antworten? Ich war mir inzwischen sicher, dass ich schwul war und ich hatte eindeutig keine Lust, Sophie Hoffnung zu machen geschweige denn erneut zu küssen. Ich seufzte und steckte mein Handy rasch in die Jackentasche, bevor ich nach meinem Haustürschlüssel kramte. Jawoll Grey, so löst man Probleme am besten! Einfach ignorieren und hoffen, dass sich irgendwie alles von selbst löst..., dachte ich bitter.

,,Hallo Schatz!", schrie meine Mutter aus der Küche und kam auch schon angerannt um mich in eine feste Umarmung zu drücken. Was hatten heute nur alle mit ihren Umarmungen und guter Laune?! ,,So und jetzt komm mit, ich will alles wissen!", meinte sie bestimmt und zog mich am Handgelenk in die Küche. Auch wenn sie mit ihren blonden, lockigen Haaren und dem zierlichen Körper den Anschein machte, nicht sehr stark zu sein, war genau das Gegenteil der Fall.

,,Was willst du denn wissen? Ich habe zu viel getrunken und danach bei Elyas übernachtet."

,,Das war alles?"

,,Ja, was soll denn sonst gewesen sein?"

,,Also zwischen dir und Elyas lief gar nichts...?"

,,Mama!", rief ich empört und sah sie mit einem vernichtenden Blick an. Wie kam sie denn nur darauf? Okay ich war schwul und okay, vielleicht hatte ich Elyas auch ein ganz kleines bisschen zu sehr in mein Herz geschlossen, aber das konnte sie doch nicht wissen!

,,Du, Grey... Es gibt da etwas, was ich dir so langsam Mal erzählen müsste. Ich hasse es, dir Sachen zu verheimlichen", sprach Mum da leise und sah mich mit einem vorsichtigen Blick an. Was war denn nun los? Wo war denn so plötzlich ihre gute Laune und sonst so selbstsichere Art hin?

,,Versprich mir, bis zum Ende zuzuhören", bat sie und ich nickte sofort. Ich wollte einfach nur wissen, was passiert war. Meine Mutter atmete noch kurz tief durch, schloss die Augen und begann dann zu erzählen.

,,Wie du weißt, bist du adoptiert. Aber dass es so lange gebraucht hat, dass ich überhaupt als Adoptivmutter in Frage kam für das Jugendamt liegt daran, dass ich, nun ja- lesbisch bin. Sie meinten, ein Kind brauche einen Vater und eine Mutter und zuerst ließen sie sich auch nicht von meinem Argument überzeugen, dass es doch besser war, wenn ein Kind zwei Mütter als gar keine Eltern hat. Lange musste ich warten doch dann bekam ich die Nachricht, dass ich sie damit einverstanden waren, dass ich ein Kind adoptierte. Ich war so glücklich!

Und da habe ich dich gesehen: Erst einige Monate alt und so zuckersüß, dass ich dich einfach nur in mein Herz schließen konnte. Und als ich dich mit nach Hause nehmen und als meinen Sohn großziehen durfte war mein Glück vollkommen. Dennoch war ich wohl nicht bereit einzusehen, dass ich wirklich nur auf Frauen stand und probierte es immer wieder mit den Männern. Doch nie war ich bei ihnen wirklich glücklich. Ich beschloss, mich voll und ganz auf dich zu konzentrieren und das mit der Liebe nicht mehr zu erzwingen.

Ich lernte die Mutter von deinem besten Freund kennen -Linn. Ich war so traurig als sie wegzogen. Und jetzt sind sie wieder da und Linn hat sich von ihrem Mann getrennt und ich- habe mich in sie verliebt. Sie ist in meinen Augen so perfekt. Sie macht mich glücklich und bei ihr fühle ich mich so vollkommen. Als hätte ich gefunden, was mir jahrelang gefehlt hatte. Wie du weißt haben wir in den letzten Wochen viel Zeit miteinander verbracht und- jetzt sind Linn und ich zusammen. Grey, i-ich liebe sie. Und ich hoffe, dass du das akzeptieren kannst. Ich will nicht, dass du das Gefühl hast, dass du mir nun weniger wichtig bist, denn das stimmt nicht. Ich liebe dich nach wie vor, du bist mein Engel. U-und... wir haben vor, zusammen zu ziehen."

Gegen Ende hin war Mum immer leiser geworden und in ihren Augen blitzten Tränen.

Halt Stopp. Noch einmal von Anfang: Mum und Linn waren zusammen und wollten zusammenziehen? Dann würde ich Elyas täglich begegnen und-

,,Grey, sag doch bitte was", bat Mum mit einem traurigen Flüstern.

,,L-lindra i-ist real?!", fragte ich verwirrt, ,,äh... tut mir Leid, Mum. Ich freue mich für dich. Ich finde es schön zu sehen, dass du glücklich bist und du wirst immer meine Mutter bleiben aber das kam alles so plötzlich. I-ich... entschuldige, ich muss das erst Mal verarbeiten."

Mum nickte bedrückt, während ich aufstand und sie umarmte. Dann verließ ich das Haus und begann zu laufen.

Freak. (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt