Epilog

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Die warme Sonne stand tief am Himmel Richtung Festland. Sie kündigte langsam den Einbruch der Nacht an und warf noch ihre letzten hellen Strahlen glitzernd auf die sanften Wellen der türkisen Wassermassen, welche durch ein leises Lüftchen bewegt wurden. Mit einem lautlosen Gähnen rieb ich mir leicht den Schlaf aus den Augen, bevor ich mich gemütlich aufsetzte und mich schließlich dazu aufraffte mich zu erheben. Die nackten Fußsohlen glitten still über den vom Tag noch sacht erhitzten Holzboden, stiegen die Stufen der geschwungenen Treppe hinab und traten letztendlich durch die geöffnete Tür auf die im rot-orangenen Schimmer liegende Terrasse. Mit einem Lächeln auf den Lippen atmete ich tief die nun etwas kühler werdende Abendluft ein und beobachtete für den Moment das leichte Spiel der Wellen vor mir. Fast schon verspürte ich das Verlangen, vom harten Holz in den weichen Sand zu springen und am Strand dem Meer entgegen zu schreiten. Jedoch erinnerte ich mich wieder an mein eigentliches Vorhaben, außerdem hatte ich dafür immerhin die restliche Nacht Zeit. Noch kurz den verspielten Geräuschen der Tiere des dicht gelegenen Regenwaldes lauschend begab ich mich letzten Endes zurück ins Innere des kleinen Anwesens und betrat die urig eingerichtete Küche.

Mit einem leisen Summen auf den Lippen trat ich zum Plattenspieler, ging in die Hocke und überlegte einen Moment, welches Vinyl heute meinen Geschmack treffen könnte. Leise lachend entschied ich mich für das erste Konzeptalbum "Days Of Future Passed" von "The Moody Blues", nahm die Scheibe vorsichtig aus ihrer sicheren Hülle und legte diese noch bedachter auf. Diese LP hatte ich bestimmt vor hundert Jahren zum letzten Mal gehört. Zum Bespielen war mir die Tonpressung einfach zu schade, vor allem da nur noch sehr wenige gut erhaltene Exemplare existierten. Jetzt schaltete ich das Gerät ein. Sanftes Knacken ertönte für einen Moment im sonst stillen Raum, bevor die klassisch, melodischen Töne des ersten Liedes die Luft erfüllten. Nun passend zur britischen, leicht progressiven dennoch auch neoklassischen Musik summend bereitete ich gemütlich den Espressokocher vor und stellte ihn dann auf die erhitzte Herdplatte.

Ein liebreizendes Miauen ließ mich meine Aufmerksamkeit auf eine kleine, vierbeinige, getigerte Gestalt richten, welche keine Sekunde später schnurrend um meine Beine strich und ihr Köpfchen an der entblößten Haut rieb.
"Hast du etwa schon wieder Hunger, Smetana?"
ich ging in die Hocke und streichelte das bezirzende Kätzchen sanft hinter den spitzen, aufgestellten Ohren,
"wo hast du dich eigentlich den ganzen Tag schon wieder herumgetrieben?"
Zur Antwort miaute der Kater kräftig, guckte mich durch die bernsteinfarbenen Augen unschuldig an und bewegte sacht den nach oben geschwungenen Schwanz hin und her.
"Typisch,"
nochmals kraulte ich das Tier, bevor ich aufstand und neues Futter wie auch Wasser in die beiden silbernen Näpfe füllte. Mittlerweile breitete sich der Geruch von frisch aufgebrühtem Kaffee im Haus aus.

"Guten Morgen, kleiner Drache,"
Shuu war nahezu lautlos hinter mir aufgetaucht, legte die kalten, blassen Arme um meinen ebenso kühlen Körper und hauchte mir einen sanften Kuss auf den Nacken. Lächelnd befüllte ich zwei Tassen mit der heißen, koffeinhaltigen Flüssigkeit,
"guten Morgen, mein Murmeltier. Hast du gut geschlafen?"
"So wie jeden Tag seit den letzten zweihundert Jahren,"
er bettete seinen Kopf in meine Halsbeuge, schien der Musik zu lauschen und brummte schließlich,
"das Album haben wir eine halbe Ewigkeit nicht mehr gehört, wie schön."
"Ich dachte mir es passt heute ganz gut,"
wenn auch etwas widerwillig löste ich mich aus der vertrauten Umarmung, nahm die Hände des Blonden in meine und bewegte mich mit ihm breit lächelnd für einen Moment zum Takt. Die Sonne strahlte mittlerweile nur noch leicht durch die geöffneten Fenster, vergoldete mit ihrem warmen Licht den großen, offenen Raum. Shuu legte meine Arme um seinen Nacken und schließlich seine Hände um meine Taille. Still sahen wir uns tief in die Augen, lauschten beide den melancholischen Tönen der alten Aufnahme, der gefühlvollen Stimme des Sängers. Die Welt um uns herum blieb für diesen Augenblick stehen, verlieh der Szenerie eine magische Atmosphäre. Der blonde Vampir legte die Stirn an meine. Seine blaue Iris zeigte seit Jahrzehnten keinen monotonen Ausdruck mehr, zog mich jetzt in ihren liebevollen Bann. Sie ließ mich sanft lächeln und ich strich meinem Partner vorsichtig über die blasse, kalte Wange. Langsam schwappte die Musik ab. Die Welt drehte sich wieder. Schweren Herzens, als würden wir beide aus einem tiefen Schlaf erwachen, lösten wir uns aus der vertrauten Haltung, konnten den Blick dabei jedoch noch immer nicht voneinander abwenden.

Schließlich reichte ich ihm seine Tasse,
"wir haben einen Brief von Yuma bekommen."
"Ist das so?"
mein Gegenüber trank einen kleinen Schluck,
"was schreibt er denn?"
"Er hält sich momentan auf dem Festland um Rio de Janeiro auf und wollte fragen, ob er uns einen Besuch abstatten dürfte."
"Meinetwegen. Er wird so oder so her kommen, egal ob wir ihm zu- oder absagen,"
Shuus Blick fiel nun auf den kleinen Kater, welcher sich auf einem der Esszimmerstühle zusammengerollt hatte und vor sich hin zu dösen schien,
"er ist faul geworden, es wird wohl bald an der Zeit sein."
"Wie gut, dass ich diesem Lulatsch schon zugesagt habe,"
ich richtete meine Aufmerksamkeit nun auch auf das friedliche Wesen,
"Hauptsache es wird nicht so ein Fiasko wie das letzte Mal, in seinem Kittenalter lassen wir ihn definitiv nicht mehr hinaus."
"Das liegt dann in deiner Verantwortung, mir entwischt er nur wieder,"
schief lächelnd legte der Blonde seinen Kopf auf meinen ab. Unwillkürlich schlich sich auch auf meine Lippen ein sanftes Schmunzeln und ich begann dem jungen Mann ein Zöpfchen zu flechten,
"aber nur, wenn du seine Asche wegkehrst."

FIN

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Nach diesem Part folgt noch die Danksagung in einem Extra Kapitel

Bis(s) Sie Mir Den Letzten Nerv Rauben (Diabolik Lovers FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt