Kapitel 8 (Wie in einem schlechten Film)

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Nein! Nein du scheiß Wecker! Du reißt mich jetzt nicht aus meinem verdienten Schlaf der Gerechten! Und... schon war es zu spät... Kerzengerade saß ich da, die Augen weit aufgerissen und wenig später den lauten Störenfried mit meinem Todesblick anguckend. Ich seufzte, schlug auf das Nerven tötende Gerät, stand langsam auf, zog die Vorhänge beiseite und streckte mich, sodass meine eingerosteten Gelenke knackten. Dabei gähnte ich erstmal ausgiebig. Ich hatte, wie so oft, viel zu wenig Schlaf ab bekommen, damit hatte sich meine Motivation heimlich, still und leise in den Keller geschlichen und sich dort wohl für immer verbarrikadiert. Auf die konnte man sich ja auch nicht mehr verlassen...
   Das Frühstücken verlief, wie jedes andere Essen bei den Sakamakis auch, schweigsam und unbehaglich. Ja okay... letzteres lag wahrscheinlich daran, dass Reiji mich nach wie vor mit diesem gewissen Blick an sah. Also dieser Blick, mit dem man Menschen umbringen könnte, wobei bei ihm speziell dann die Worte aussaugen und dann nochmal "umbringen" eindeutig besser zutreffen würden. Langsam bekam ich vor diesem Möchtegernfamilienoberhaupt wirklich Angst. Vor allem, da mir Yui erzählt hatte, was er ihr vor meinem Auftauchen antat, als sie sich seiner Meinung nach nicht ganz so verhielt, wie er es wollte. Dieser Typ hatte wirklich eine Menge Schrauben in seinem Hirn locker... das war ja schon nicht mehr feierlich.

In der schwarzen Limousine steckte ich mir meine Kopfhörer in die Ohren, machte meine Songliste auf Shuffle und lauschte den, für mich, angenehmen Klängen der Musik von "Nirvana". Die üblichen Streitereien der Drillinge um Yui ignorierte ich gekonnt, Shuus Parolen für seine benötigte Ruhe konnte ich aufgrund seiner Lippenbewegungen gerade so erahnen und Subarus Miene nach zu urteilen kotzte ihn die allgemeine Situation mal wieder sehr an. Mann hatte ich ein Glück, dass meine Ohrstöpsel so lautundurchlässig waren. Obwohl... nicht so gut... warum gafften mich jetzt alle an? Langsam nahm ich meine sprichwörtlichen "Tore zu einer besseren Welt" ab und fragte ganz scheinheilig
"hab ich irgendwas im Gesicht, oder warum guckt ihr mich alle an?"
"Es ist äußerst unhöflich die Musik so laut zu stellen, dass man eventuelle Gesprächspartner nicht versteht,"
bemerkte ein gewisser Benimmtrainer, schob seine Brille zurecht und sah mich durchdringlich mit seinen rotfarbenen Augen an.
"Aja, und was ist jetzt los?"
erwiderte ich, verschränkte die Arme vor der Brust und zog meine Augenbrauen hoch.
"Demnächst findet ein Schulball statt, Bitch-chan, und wir würden gerne wissen, mit wem von uns du hingehen möchtest,"
antwortete Laito, zwinkerte mir zu und legte seinen Arm auf die Lehne der ledernen Sitzbank.
"Hm... spielt einfach Dart darum. Je nachdem wie ihr wollt geht der Gewinner mit mir als Trophäe oder ich bin für den Verlierer die Strafe,"
meinte ich schulterzuckend und stöpselte wieder meine Kopfhörer in die Ohren. Dass diese Typen sich ernsthaft wegen so etwas in die Haare kriegten, war einfach... einfach unglaublich... behindert. Ja, behindert war definitiv das richtige Wort dafür.

"Hm... Kaffee oder Tee...,"
überlegte ich halblaut, als ich vor dem Getränkeautomaten stand und die beiden Angebote ausgiebig studierte. Was für eine riesen Auswahl, dachte ich sarkastisch und verdrehte die Augen. Meine Wahl stand jetzt schon eindeutig fest. Ein Hoch auf die Sucht! Natürlich entschied ich mich für meinen heißgeliebten Kaffee. Warten musste ich zum Glück auch nicht lange, denn binnen weniger als einer Minute war das Getränk auch schon fertig, ich schnappte es mir samt Wechselgeld und schlurfte gemütlich den Korridor in Richtung meines Klassenzimmers entlang. Dafür, dass es sich nur um ein Automatengesöff handelte, schmeckte es richtig gut, stellte ich nach dem ersten Schluck fest und spürte, dass auch langsam meine Motivation wieder zurückkehrte. Ganz in Gedanken versunken bemerkte ich nicht den großen brünetten Typen, welcher mir genau entgegen lief und so geschah das, was natürlich passieren musste. Ich krachte mit voller Wucht in diesen langen Lulatsch und fiel dadurch fast auf die Nase. Doch im aller letzten Moment fand ich mein Gleichgewicht wieder, krallte mich an irgendetwas Stoff ähnlichem fest und stand letztendlich wieder sicher auf meinen Beinen. Dazu darf ich jetzt noch voller Stolz sagen, dass ich wirklich keinen Tropfen meines Kaffees verschüttet hatte. Yes man yes! Jetzt entdeckte ich auch, an was ich mich festgekrallt hatte und... musste leider feststellen, dass es sich dabei um die Jacke dieses jungen Mannes handelte, die er fast wie eine Art Cape um seine Schultern trug. Peinlich berührt ließ ich das Kleidungsstück los, sah den Kerl an und kratzte mir unbeholfen den Hinterkopf während ich sagte
"ähm sorry, dass ich in dich rein gerannt bin, hab wohl nicht aufgepasst."
"Tch, schon in Ordnung, ist ja nichts passiert,"
erwiderte mein Gegenüber und schien sich mit der linken Hand den Nacken zu massieren.
"Oh, bevor ich's vergesse, ich bin übrigens Kaida und wie heißt du?"
antwortete ich, bis jetzt machte dieser junge Mann einen wesentlich besseren Eindruck als gewisse andere Personen. Obwohl... da gehörte auch nicht viel dazu.
"Yuma,"
entgegnete mein Gesprächspartner und schien mich von oben bis unten zu mustern.
"Okay Yuma, dürfte ich dich als Wiedergutmachung zu einem Kaffee einladen?"
schlug ich vor und lächelte extra freundlich. Ja, ich konnte wirklich nett sein, aber das war eine meiner Eigenschaften, welche die Sakamakis wahrscheinlich niemals zu sehen bekommen würden.
"Nein danke, ich bin nicht so der Kaffeefan, aber man läuft sich bestimmt noch einmal über den Weg, Kleine,"
lehnte der Brünette grinsend ab, wuschelte mir zum Abschied durch die Haare, war kurze Zeit später auch schon um die nächste Ecke gebogen und somit aus meinem Blickfeld verschwunden. Netter Kerl... auch wenn er etwas sehr vampirmäßiges an sich hat, dachte ich und setzte meinen Weg fort.

"So, da mir noch immer einige Noten fehlen, werdet ihr in Partnerarbeit Referate halten müssen,"
begann der uralte Geschichtslehrer gleich seinen Unterricht. Ernsthaft jetzt? Ich hatte da eine ganz üble Vorahnung, schielte zu dem blonden Typen neben mir und ließ meinen Kopf leise auf die Tischplatte knallen. Sollte ich tatsächlich mit dieser Schlaftablette zusammenarbeiten müssen, wäre Harakiri auf einmal eine wunderbare Alternative für mich.
"Da wir leider nur fünf Schüler sind, wird es ein Dreierteam geben und da ihr drei da vorne euch so gut versteht, werdet ihr natürlich zusammen an einem Projekt arbeiten,"
fuhr der alte Mann seinen Vortrag fort und deutete auf - wie ich sie nannte - dumm, dümmer und am dümmsten. Mit anderen Worten, das waren alles naive Gutgläubige, deren reiche Eltern abends anscheinend keine Lust auf ihr Balg hatten und sie somit in solch eine renommierte Privatschule schickten. Somit stand für mich die Hölle auf Erden fest. Ein Geschichtsreferat über - wie ich keine Sekunde später erfuhr - die Zeit von Friedrich dem Großen mit Shuu, dem Dauerschläfer, Sakamaki. Cry! Ja... in Gedanken heulte ich wirklich! Ich meine, womit hatte ich das bloß verdient? Alleine wenn ich schon an diesen lauffaulen Möchtegernvampir dachte, meldeten sich die Bissspuren, die er mir vor wenigen Tagen zugefügt hatte, schmerzhaft zu Wort. Ich glaube, dieses Referat würde ich nicht überleben...

Bis(s) Sie Mir Den Letzten Nerv Rauben (Diabolik Lovers FF)Where stories live. Discover now