Kapitel 7 (Vampire können auch mal "Nett")

2.3K 118 8
                                    

"Laito... was genau tust du da?"
fragte ich, ohne von meinem Buch aufzusehen. Ich hatte mich in den grünen Salon gesetzt, um endlich mal mit einem Roman, den ich vor gefühlt etlichen Jahren angefangen hatte zu lesen, voran zu kommen, aber üblicher Weise hatte ein gewisser rothaariger Hutträger mein Vorhaben gestört.
"Bitch-chan, was liest du da eigentlich?"
ignorierte der Grünäugige gekonnt meine Frage, ließ zum Glück von seinen seltsamen Turnereien am Sofa ab und guckte mir interessiert über die Schulter, während er seinen Kopf auf der Hand abstützte.
"Eine uralte Geschichte von Stephen King,"
erwiderte ich nur und blätterte auf die nächste Seite, um auf dieser weiter zu lesen.
"Oi, liest du das etwa auf Englisch?"
löcherte mich der perverse Vampir auch schon mit der nächsten unnötigen Frage. Ich schloss meine Augen, klappte den Schmöker widerwillig zu, drehte mich zu meinem ungewollten Gesprächspartner um und entgegnete
"nee, auf Portugiesisch."
"Ich mag deinen Sarkasmus, Bitch-chan,"
meinte der Rothaarige nur und schenkte mir ein adrettes Lächeln, in dem er seine spitzen Fänge zur Schau stellte.
"Laito, ich lebe jetzt schon lange genug hier um zu wissen, dass man mit dir kein vernünftiges Gespräch führen kann, also wenn du von meinem Blut trinken willst, dann mach einfach und tu nicht so, als wärst du auch nur annähernd an den Dingen, die ich fabriziere, interessiert, comprende?"
erwiderte ich und verschränkte ernst meine Arme vor der Brust.
"Zwar würde ich nichts lieber tun, als von deinem köstlich duftenden Blut zu naschen, Bitch-chan, aber ich wurde heute schon von der kleinen Bitch-chan versorgt. Also galt mein Interesse ganz dir,"
sagte er mit seinem üblichen, amüsierten Unterton in der Stimme. Ich runzelte die Stirn und starrte den Hutträger einfach nur an. War das gerade wirklich sein ernst?

Gemächlich durchstreifte ich die altmodischen Korridore des... ja... Hauses, als ich plötzlich vor einer beachtlich großen Tür stand. Okay... warum genau war mir die bis jetzt noch nicht aufgefallen? Ich glaube, ich wurde langsam wirklich blind. Naja, egal, dann bekam ich eben so eine extrem nerdige Brille wie ein gewisser Handschuhträger... nur in hübsch und toll. Da nun dieses Portal, vor dem ich immer noch stand, auf keinem Fall zu einem Schlafzimmer der blutsaugenden Einfaltspinsel gehören konnte, musste sich irgendetwas Großartiges hinter ihm verbergen. Fragte sich nur noch, was genau das sein konnte. Da ich ein sehr neugieriges Menschlein war, sah ich mich prüfend um, öffnete die Tür einen Spalt und huschte durch diesen unauffällig in den dahinter liegenden Raum. Was ich erblickte, ließ mich sichtlich erstaunen und kurze Zeit später formte sich ein wirklich sehr dummes Grinsen auf meinem Gesicht. Ich hatte doch tatsächlich das Musikzimmer entdeckt. Mit Flügel, Gitarren, Geigen, einem Cello, Kontrabass, Schlagzeug und was weiß ich nicht alles. Ich war einfach nur baff und inspizierte äußerst gründlich die wunderschönen Instrumente. Anscheinend hatte ich meinen neuen Lieblingsraum gefunden, denn aus dem Staunen kam ich definitiv nicht mehr heraus. Mein Blick blieb letztendlich dann doch an dem rabenschwarzen Flügel hängen, welcher im schummrigen Licht der Abendsonne ansehnlich zu glänzen schien. Nachdem ich mit meiner nervigen, inneren Stimme eine gefühlte Ewigkeit diskutiert hatte, setzte ich mich ehrfürchtig an das edle Klavier und begann vorsichtig, die ersten Töne zu spielen. Es klang einfach wundervoll.
"Was machst du hier?"
riss mich plötzlich eine ausdruckslose, männliche Stimme aus meinem Pianospiel. Ich schreckte kurz zusammen und blickte dann in Shuus klare Augen.
"Ich hab musiziert, wonach sah's denn sonst aus?"
erwiderte ich schließlich ein wenig patzig, als ich anscheinend wieder in der Lage war, nach diesem Schock mein Sprechorgan zu benutzen und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Das habe ich gehört. Du bist ziemlich gut um nicht zu sagen fast schon talentiert,"
antwortete der Blonde, nahm sich eine der Violinen und stimmte diese allein durch sein Gehör.
"Danke...,"
entgegnete ich gedehnt, da ich nicht wirklich etwas mit seiner Aussage anfangen konnte. Der hatte meinem Klavierspiel gerade nicht ernsthaft ein Kompliment gemacht, oder? Ich meine, der Typ... wusste der überhaupt, wie so was ging? Immerhin war ihm normaler Weise wahrscheinlich schon das Atmen zu stressig, wie konnte er also auch nur annähernd dazu in der Lage sein, etwas Nettes zu sagen. Nach wenigen Minuten verstummte die ebenholzfarbene Geige des Blauäugigen, er sah mich an und sagte schließlich
"fang an zu spielen. Mal sehen, ob du auch nur annähernd mit mir mithalten kannst."
"Ähm... okay?"
erwiderte ich, runzelte einen Moment lang die Stirn und ließ kurz meine Finger über den Tasten des riesigen Instruments schweben, bevor ich zaghaft die ersten Noten zu spielen begann. Keinen Wimpernschlag später erfüllte die harmonische Musik der beiden historischen Klangwerkzeuge den saalähnlichen Raum. Zwischendurch machte es mir der Vampir schwer, seinem speziellen Tempo zu folgen, aber mit der Zeit gewöhnte ich mich an seine plötzlichen Geschwindigkeitswechsel und irgendwie fand ich langsam sogar ein wenig Gefallen an dieser... nennen wir es mal Herausforderung.
   Plötzlich verstummten die wunderschönen Klänge der Violine, ich wurde grob auf meine Beine gezogen, dabei umgedreht und unbarmherzig gegen den kalten Flügel gedrückt.
"Was zum...,"
entfuhr es mir, doch weiter kam ich nicht, da ich von dem scharfen, starrenden Blick des ältesten Sakamakis unwillkürlich nahezu... ja... eingeschüchtert wurde.
"Anscheinend scheint mehr in dir zu stecken als nur die Persönlichkeit eines naiven, vorlauten und nervenden Mädchens. Aber letztendlich bist du nichts weiter als meine Beute. Das solltest du dir merken, bevor du das nächste Mal in diesen Raum gehst,"
sagte der Blonde erschreckend ruhig und strich mit seinen eisigen Fingern über meinen Hals. Ich dagegen sah den Größeren einfach nur an, war nicht in der Lage, auch nur einen Ton herauszubringen. Was war nur los mit mir? Wo zum Teufel blieb mein schlagfertiger Konter, um den Fortlauf des Vorhabens des Vampires zu unterbinden! Langsam beugte Shuu sich zu mir vor, leckte mit seiner Zunge über meine blasse Haut und flüsterte
"mir scheint, als könntest du es gar nicht mehr abwarten, dass meine Fänge sich in dein Fleisch bohren, dein Herz schlägt so schnell. Was für ein unanständiges Mädchen du doch bist."
Ein eiskalter Schauer lief über meinen Rücken, dann zuckte ich vor Schmerzen zusammen, als der Blauäugige seine spitzen Zähne in die noch nicht komplett verheilte Wunde an meinem Hals vergrub. Doch mit der plötzlichen Qual schwand meine einengende Schockstarre und meine Augen wanderten zu den Kopfhörern des jungen Mannes. Was er wohl gerade hörte, wenn er schon die Freude hatte mich auszusaugen. Mit einem konzentriert geschickten Griff angelte ich mir einen der weißen Stöpsel und steckte ihn in mein Ohr. Anscheinend überraschte meine spontane Aktion den Blonden, denn er ließ kurz von mir ab und flüsterte
"du bist wirklich anders, als die bisherigen Opfermädchen... und dein Blut ist von bester Qualität... schon fast so köstlich wie Yuis... wenn nicht sogar schon ihrem ebenbürtig."
Dann änderte er die Position und biss erneut zu... begleitet von sachten Klaviertönen.

Bis(s) Sie Mir Den Letzten Nerv Rauben (Diabolik Lovers FF)Where stories live. Discover now