Kapitel 1 (Ich glaub, ich mag Reiji nicht)

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Ich wachte im rosafarbenen Traum einer fünfjährigen auf. Himmelbett, Märchenschrank, Schnörkelkommode und alles abgerundet mit pinken Vorhängen. Das ist ja wirklich zum Kotzen, schoss es mir durch den Kopf und sofort schlich sich ein kleiner Würgereiz in meine Kehle. Zu allem Überfluss trug ich auch noch ein weißes Rüschennachthemd. Sekunde... Nachthemd? Ich konnte mich nicht im Geringsten daran erinnern, dieses... nennen wir es mal extravagantes Kleidungsstück... angezogen zu haben. Na geil. Ich wohnte nicht mit Vampiren zusammen, nein, das wäre ja purer Kindergarten. Ich wohnte natürlich mit perversen Vampiren zusammen, die einen erstmal aussaugen mussten bis man ohnmächtig wurde und dann in irgendwelche Barbiekleider von vor 40 Jahren steckten. Na guten Tag auch. Erneut war meine Laune am absoluten Tiefpunkt angekommen. Aber jetzt musste ich erst mal aus diesem unvorteilhaft hässlichen Ding raus. Wer trug denn so etwas auch schon freiwillig, auch wenn es nur zum Schlafen war.

Komplett in schwarz gekleidet fühlte ich mich wieder pudelwohl in meiner Haut, machte die Tür auf und... stieß fast mit einem grünäugigen Hutträger zusammen. Yay... noch ein Vampir. Zwar ein ziemlich hübscher aber Blutsauger bleibt Blutsauger.
"Oi, Bitch-chan, nicht so stürmisch,"
lachte er erfreut und grinste mich lüstern an, dabei stellte er seine spitzen Fänge zur Schau.
"Das will ich mal überhört haben Möchtegernmacho, ich heiße übrigens Kaida, also nenn mich auch so, sonst steck ich dir deinen kleinen blöden Hut in deinen vorlauten Mund,"
erwiderte ich nur und durchstach meinen Gegenüber schon fast mit meinen eisblauen Augen.
"Anscheinend ist Bitch-chan um einiges mutiger als die andere kleine Bitch-chan,"
ignorierte der Typ gekonnt meine Drohung und fügte hinzu
"ich bin Laito, oder für dich auch dein zukünftiger Liebhaber, meine süße Bitch-chan."
"Nein Danke, darauf kann ich gut und gerne verzichten,"
entgegnete ich nur naserümpfend und ließ den dreisten Vampir einfach stehen. Also gab es hier noch ein zweites Mädel... wirklich interessant. Aber um zu meinem eigentlichen Problem zurückzukommen: Wie viele Idioten vegetierten hier eigentlich noch so vor sich hin?

Aus purer Langeweile sah ich mich erstmal im Anwesen um. Dabei lernte ich die anderen Draculas kennen - Kanato, Subaru und Shuu. Letzterer war mir eindeutig am liebsten, da er die meiste Zeit schlief oder seine Kopfhörer in den Ohren hatte. Dieses ominöse Mädchen allerdings fand ich nicht. Irgendwie war mir das aber auch egal, ich würde sie eh früher oder später kennenlernen. Völlig umsonst war meine Erkundungstour übrigens nicht, denn ich ließ aus der Waschküche schwarze Bettwäsche und dunkle Vorhänge mitgehen. Deshalb verschwand ich nach diesem kleinen Beutezug schnell wieder in meinem Zimmer und ließ die kleine Prinzessin verschwinden. Danach holte ich meine geheiligte Musikbox aus dem Koffer, verband diese mit meinem Handy und wenige Augenblicke später erfüllte der laute Sound der hervorragenden Lautsprecher den Raum, herrlich. Vielleicht könnte ich mir auch irgendwo schwarze Wandfarbe und Pinsel besorgen, um diesen Rückzugsort ein wenig hübscher zu gestalten. Ich ließ mich auf das riesige Bett fallen und starrte die hölzerne Decke an. Wenn ich mich nicht dumm anstellte, könnte ich hier eventuell ohne zu viele Bisswunden überleben oder einen dieser Idioten so beeinflussen, dass er die anderen von mir fernhielt und dafür von meinem Blut naschen dürfte, wer weiß, vielleicht standen die da drauf. Ach nee warte, es waren ja kleine Draculas, natürlich liebten die mein Blut. Hm... ich durfte mich aber trotzdem auf keinem Fall zu sehr mit diesen Vampiren anlegen, sonst wäre ich schneller tot als ein lebensmüder Lemming, der ins Wasser springt.

Irgendwann klopfte es an meiner Tür. Sekunde... es klopfte? Hatte hier jemand doch noch Respekt vor der Privatsphäre einer pubertierenden Teenagerin? Enthusiastisch sprang ich auf, lief zum Portal und öffnete dieses. Vor mir stand ein blondhaariges Mädchen mit roten Augen und einem schüchternen Lächeln auf dem Gesicht.
"Hallo, ich bin Yui,"
stellte es sich vor und hielt mir die Hand zur Begrüßung hin.
"Kaida,"
erwiderte ich knapp und schlug ein. Wäre auch zu schön gewesen, wenn einer dieser blutsaugenden Hohlköpfe so etwas wie Anstand besitzen würde. Ja, Reiji besaß meiner Meinung nach definitiv keinen, auch wenn er sich in den wenigen Sätzen, die wir bis jetzt miteinander gewechselt hatten, so aufplusterte, als wäre er der Inbegriff des Wortes "Benehmen". War er nicht, definitiv nicht. Eine Socke besaß mehr Anstand als dieser Typ.
"Ähm... Kaida-san?"
unterbrach Yui meine abwertenden Gedanken. Ich blinzelte ein wenig verdutzt und machte
"hm?"
"Reiji-san hat mich hergeschickt, es gibt Abendessen,"
antwortete meine Gesprächspartnerin, ich nickte, machte meine Musik aus und folgte ihr zum Speisesaal.

Wow... auf einem Friedhof herrschte ja noch mehr Lebensfreude und Euphorie als in diesem Zimmer. Alle saßen schweigend am Tisch und beschäftigten sich mit ihrem Essen... mehr oder weniger. Kanato zum Beispiel machte sich einen Spaß daraus, sein Brötchen zu quälen, während Shuu einfach nur dasaß, die Arme vor der Brust verschränkte und anscheinend damit kämpfe, nicht einzuschlafen. Respekt, jemand, der noch fauler war als ich.
"Bitch-chan, du hast ja kaum etwas gegessen, soll ich dich vielleicht füttern?"
riss mich plötzlich der Aufreißer des Tages aus meiner Beobachtung. Ich blickte ihn einfach nur an und erwiderte
"nein danke, Laito-kun, bei deinem Anblick vergeht mir regelrecht jeglicher Appetit."
"Urusai, ihr seid zu laut,"
meldete sich plötzlich Shuu zu Wort, stand daraufhin auf und verließ mit einem leisen
"das muss ich mir nicht weiter antun"
den Saal.
"Tch. Er ist zu nichts zu gebrauchen, ein wahrer Taugenichts,"
beschwerte sich sofort Reiji in einem unerheblichen Ton. Ich verdrehte genervt die Augen. Toll Brillenschlange, du weißt wirklich, wie man sich bei mir richtig unbeliebt macht. Lästern ist ja auch so anständig.
"Ich denke mal, das Essen ist beendet, ihr könnt auf eure Zimmer gehen. Ach ja, Kaida-san, dein Tischbenehmen ist furchtbar, ich werde dich die nächsten Tage darin unterrichten, ich möchte nicht, dass du eventuelle Gäste mit deinem Verhalten abschreckst,"
fuhr der Schwarzhaarige fort und legte sein Besteck beiseite.
"Ach ich bitte dich, als würde dich auch nur irgendjemand freiwillig besuchen wollen, jemals,"
murmelte ich und erhob mich von meinem Platz.
"Was hast du gesagt?"
hakte die Nervensäge nach und durchbohrte mich mit ihren rot schimmernden Augen.
"Passt schon,"
entgegnete ich lächelnd und machte mich schnell auf den Weg zu meinem Rückzugsort.

Bis(s) Sie Mir Den Letzten Nerv Rauben (Diabolik Lovers FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt