Kapitel 11 (Verwirrt ist der richtige Begriff)

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Hass, Hass, Hass. Ja, Hass war ein sehr schönes Gefühl. Und vor allem, wenn ich an einen gewissen, perversen Lüstling dachte, dann wurde mein gesamter Körper von dieser starken Abneigung durchströmt. Genau in einer Nacht hatte es Laito geschafft, sich in meiner Beliebtheitsskala auf den vorvorletzten Platz zu katapultieren. Noch weniger konnte ich wirklich nur Reiji und meinen Vater leiden. Respekt an diesen rothaarigen Vollidioten der Perversion. Dank ihm tat mir jetzt irgendwie alles weh. Allein schon, dass ich gefühlte Stunden auf diesem furchtbar unbequemen Steg unter dem Gewicht dieses Vampires gelegen und er mich an sämtlichen Stellen meines armen Körpers gebissen wie auch hemmungslos befummelt hatte. So übel war ich wirklich noch von keinem anderen dieser ekelhaften Blutsauger zugerichtet worden. Mir war ernsthaft zum Heulen. Aber nicht vor Schmerzen oder Ärger. Nein... einfach wegen meiner verdammten Naivität diesem Hutträger gegenüber! Wie konnte ich den denn nur so furchtbar harmlos einschätzen und mich einfach so von ihm aussaugen lassen? Von nun an durfte ich wirklich keinerlei Schwächen mehr zeigen, es herrschte der ultimative Krieg! Auch, wenn ich erst noch ein gewisses Referat mit einem blonden Faultier halten musste. Ob Pfefferspray eigentlich auch gegen Vampire half? Hatte das schon mal jemand so im realen Leben ausprobiert? Oder ich füllte einfach die Innentaschen meiner Strickjacke mit Dingen, denen diese Blutsauger einfach nicht widerstehen konnten. Also hieße das für Laito einen Porno, für Kanato Schokolade oder anderen Süßkram, für Reiji eine Packung Tee, für Subaru etwas zum kaputt Machen, für Ayato köstliches Takoyaki und für Shuu... ähm... gar nichts. Immerhin schlief der doch eh die meiste Zeit. Wenn man sich letzterem ruhig gegenüber verhielt, kapierte der bestimmt nicht einmal, dass man mit ihm in einem Raum war.

Ich stand vor einem Spiegel in der Mädchentoilette und betrachtete mein Outfit aus dem 18. Jahrhundert. Die Bissspuren eines gewissen Hutträgers hatte ich größtenteils durch meine Handschuhe und Make-Up überdeckt. Allgemein machte ich doch einen wirklich authentischen Eindruck. Als wäre ich gerade eben noch durch ein Schloss irgendwo im alten Preußen gestreift und kurzerhand hier gelandet, dachte ich und verdrehte auf diesen albernen Gedanken hin meine Augen. So langsam machte sich in mir eine leichte Aufregung breit. Na schön... um leicht zu definieren... bei meinem letzten Kälteschock hatte ich nicht so sehr gezittert, wie jetzt. Was war denn nur los? Okay, ich durfte mich da einfach nicht zu sehr reinsteigern, irgendwie würde ich das schon hinkriegen. Also atmete ich noch einmal tief durch, warf zum letzten Mal einen prüfenden Blick in den Spiegel und marschierte letztendlich so selbstsicher wie nur möglich aus dem WC. Shuu wartete bereits, an einer Wand gelehnt, auf mich, warf mir einen kurzen Blick zu und setzte sich dann ebenfalls in Bewegung. Nach wenigen Minuten betraten wir das Klassenzimmer, zum Glück war schon der Laptop mit der Präsentation aufgebaut, ich holte tief Luft und sagte
"Hallo, oder wie man im alten Preußen zu Deutsch sagte "Grüß Gott."."

"Na, das lief doch gar nicht so schlecht,"
meinte ich, nachdem wir den... nennen wir es mal Vortrag... gehalten hatten und nun wieder auf dem Weg in Richtung Toiletten waren, um aus den alten, kratzenden Klamotten raus zu kommen. Der Blonde aber machte keinerlei Anstalten, mir zu antworten. Ich sah ihn forschend von der Seite an, seufzte und fragte
"alles klar?"
Doch anstatt eine Erwiderung zu murmeln, drehte sich der Vampir erstaunlich schnell zu mir und drückte mich grob gegen die Wand. Scharf zog ich die Luft ein, das hatte verdammt wehgetan.
"Ich bin so durstig...,"
erhob der Blauäugige leicht seine Stimme, entfernte unbekümmert meine rote Halskrause und näherte sich bedrohlich langsam meiner hellen Haut, während er mich so festhielt, dass ich keinerlei Chancen hatte zu entkommen. Unwillkürlich schloss ich krampfhaft meine Augen und stellte mich auf den höllischen Schmerz seiner Fänge, die sich unaufhaltsam in meine frischen Wunden bohren würden, ein. Jedoch stoppte der Größere abrupt sein Vorhaben und strich mit seinen eisigen Fingern schon fast vorsichtig über meinen Hals.
"Das ist Laitos Werk, oder?"
sprach er auf einmal mit einem, für ihn äußerst untypischen, kalten Unterton in der Stimme, während er einen meiner Arme anhob und dort ebenfalls die Bisswunden des rothaarigen Perversen inspizierte. Mir aber hatte es nun endgültig die Sprache verschlagen. Was zur Hölle ging hier bitte ab? Seit wann kümmerte es die überdimensionale Schlaftablette denn, von wem ich gebissen wurde? Doch bevor ich auch nur annähernd sein seltsames Verhalten zuordnen konnte, hatte mich der älteste Bruder der Sakamakis los gelassen und war urplötzlich verschwunden. Ich jedoch rutschte einfach an der Wand hinunter und starrte perplex vor mich hin.

"Yui, kann ich mit dir reden?"
fragte ich, als ich an ihre Zimmertür klopfte und diese nach einer Zustimmung der Blonden öffnete.
"Kaida-san, ist etwas passiert?"
erkundigte sie sich sofort besorgt bei mir, zog mich in den Raum, setzte mich schließlich auf einen gemütlichen, alten Sessel, zog einen weiteren heran und ließ sich mir gegenüber nieder.
"Wollte dich schon einmal einer der Brüder beißen, hat es dann aber doch nicht getan?"
erhob ich nach einer Weile des Schweigens meine Stimme und blickte die Jüngere starr an. Diese rutschte etwas nervös auf ihrer Sitzgelegenheit herum, spielte an dem Saum ihres Pullovers und antwortete
"nein... nein noch nie. Ist dir das etwa passiert?"
"Ja... irgendwie schon...,"
erwiderte ich und sah auf den wirklich sehr interessanten Boden.
"Wer war es?"
bohrte die Rotäugige weiter, während sie mich erstaunt wie auch neugierig anstierte.
"Shuu,"
entgegnete ich schon fast so leise, dass es mehr einem Flüstern glich.
"Das sieht Shuu-san ähnlich, er ist nicht oft so wie seine Brüder,"
meinte die Blonde, legte ihre kleine Hand auf meine Schulter und fuhr fort
"du gehst mit ihm auch auf diesen Schulball, oder?"
"Ja, aber was hat das damit zu tun?"
antwortete ich ein wenig verwirrt und runzelte die Stirn.
"Nun ja, ich gehe mit Ayato-kun und er behandelt mich seitdem dies feststeht noch mehr, wie sein Eigentum,"
erklärte das Mädchen.
"Aber wieso sollten sie uns da anders behandeln, das ist doch völlig absurd,"
stellte ich klar, sprang auf und fügte hinzu
"trotzdem danke fürs Zuhören, Yui."
Dann verließ ich ihr Zimmer und durchstreifte ziellos das Anwesen.

Kurzzeitig spielte ich mit dem Gedanken das Musikzimmer aufzusuchen, um dort ein wenig auf dem Klavier oder einer Gitarre zu klimpern. Jedoch warf ich dies schnell beiseite, da ich heute mein Glück nicht noch weiter herausfordern wollte. Also kramte ich kurzerhand meine Kopfhörer aus der Hosentasche, steckte diese in meine Ohren und machte eine meiner ruhigen Playlists an. Irgendwie brauchte ich jetzt etwas Zeit für mich. Auch, wenn ich diese in jenem Gebäude so und so niemals bekommen könnte, weil an jeder Ecke der nächste Vampir schon sehnsüchtig auf mich warten könnte. Man fühlte sich schon fast, wie in einem schlechten Horrorfilm, der mit wenig Budget gedreht wurde.

Bis(s) Sie Mir Den Letzten Nerv Rauben (Diabolik Lovers FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt