Kapitel 21 (Dilemma)

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"Der Grund ist ein Vertrag,"
meldete sich seine unverkennbare Stimme zu Wort und mein Herz machte einen schmerzlich schönen Hüpfer, als ich ihn erblickte. Er hatte sich kein bisschen verändert. Verwuschelte blonde Haare, eine halb zugeknöpfte Strickjacke und, wie üblich, trug er seine Kopfhörer in den Ohren. Aber ich merkte auch, wie die drei Vampire um mich herum bei seinem Anblick sofort ihre Muskeln anspannten. Man konnte einfach nicht vergessen, dass die Sakamakis und Mukamis untereinander nicht gut miteinander auskamen. Yuma war der Erste, der sich aus seiner Starre löste und den unerwarteten Gast kühl ansprach
„was für ein Vertrag?"
Der Angesprochene senkte seinen Blick, richtete seine Augen nach einer Weile auf mich und sagte ruhig
„Kaida, können wir das unter vier Augen besprechen?"
Empört verzogen Kou und der Brünette neben mir ihre Gesichter und wollten schon anfangen lautstark zu protestieren, aber ich hielt sie zurück indem ich zu dem ältesten der Sakamakis vortrat und erwiderte
„klar."
„Aber Kaida!"
rief mein Lieblingslulatsch, während die Rotjacke zeitgleicht maulte
„M Neko-chan, warum?"
Der blauäugige Besucher ignorierte die beiden jedoch, ergriff einfach meine Hand und zog mich in den nächstbesten Raum.
   „Er wird nächsten Vollmond hier auftauchen, um sich deine Seele einzuverleiben,"
fiel er gleich mit der Tür ins Haus, nachdem wir das Wohnzimmer erreicht hatten und der Blonde sich auf einem der Sofas niedergelassen hatte. Ich im Gegensatz stand mitten im Raum und konnte die eben ausgesprochenen Worte nicht verstehen. Na gut, erwischt, ich wollte sie einfach nicht verstehen.
„Das ist ein schlechter Witz, oder?"
erhob ich nach einer Weile die Stimme und biss mir nervös auf die Unterlippe.
„Ich wünschte, es wäre so,"
entgegnete der Vampir und setzte sich wieder auf,
„diese Couch ist wirklich unbequem."
Unwillkürlich musste ich grinsen. Das passte gerade mal so überhaupt nicht zu dem Ernst der Lage.
„Willst du hier noch ewig rumstehen und mich von der Seite anreden?"
fuhr der Blonde plötzlich fort, augenblicklich verstummten meine Gedanken und ich machte schon Anstalten, mich ihm gegenüber zu setzen, jedoch ergriff er blitzschnell meine Hand und zog mich mit auf sein Sofa.
„Dein Duft wird immer schwächer,"
murmelte er, als er seinen Kopf wie selbstverständlich auf meine Schulter legte. Vor Aufregung raste mein Herz und ich traute mich nicht, auch nur einen Millimeter zu verrutschen.
„Wann ist Vollmond?"
fragte ich nach einer Weile und krallte meine Finger in die Oberschenkel, eigentlich wollte ich es gar nicht wissen. Der Blonde atmete tief aus und antwortete
„in vier Tagen."
Ich schluckte. Mein Leben würde in sechsundneunzig Stunden schlagartig zu Ende gehen und ich konnte nicht im Geringsten irgendetwas dagegen tun. Ich würde alles verlieren, was mir etwas bedeutete. Ich würde... mein Blick wanderte langsam zur Seite und ich sah Shuu direkt in seine tiefblauen Augen.
„Ich merke, dass du deine Empfindungen unterdrückst. Dein Blut pulsiert äußerst unregelmäßig,"
bemerkte der Vampir monoton, als würde ihm rein gar nichts irgendetwas ausmachen.
"Hm... versetz du dich doch mal in meine Lage, wenn du dazu überhaupt imstande bist,"
erwiderte ich kalt und wollte mich von ihm abwenden. Sein gleichgültiges Verhalten mir gegenüber verletzte mich, auch, wenn ich mir das nicht eingestehen wollte.
   Plötzlich ließ sich der Blonde wieder zurückfallen und zog mich mit sich, ohne dass ich überhaupt in der Lage war irgendetwas dagegen zu tun und so letztendlich mit weit aufgerissenen Augen direkt auf ihm lag, während er mich einfach nur ansah.
„Was sollte da..."
fing ich an, kam jedoch nicht weiter, da mich der Vampir mit seinen Armen nah an sich presste und somit mein Kopf genau auf der Brust des jungen Mannes lag. Wenn er einen Puls hätte, würde sein Herz genauso schnell schlagen, wie meines es gerade tat?
„Du bist mir nicht egal...,"
flüsterte er nach einer Weile, ich sah zu ihm auf und merkte, dass sein Blick nach wie vor auf mir ruhte.
„Wenn es einen Weg gäbe, dich vor meinem Vater zu retten, würdest du ihn einschlagen?"
fuhr er fort und strich mir, als wäre es selbstverständlich, durchs Haar.
„Was müsste ich tun?"
fragte ich und drehte meinen Kopf, damit ich den Blonden besser ansehen konnte. Der älteste der Sakamakis zog mich so zu sich hoch, dass seine Lippen direkt an meinem Ohr waren, und raunte
„deine Unschuld an einen Vampir verlieren."
Augenblicklich verfärbte sich mein komplettes Gesicht puterrot und ich begaffte den Blauäugigen, als hätte er gerade Weihnachten und meinen Geburtstag abgeschafft.
„Das... war... der... schlechteste... Anmachspruch... aller... Zeiten,"
entgegnete ich, nachdem ich mich wieder halbwegs gefangen hatte und sah gerade noch so, wie für einen kurzen Augenblick ein spöttisches Grinsen die Lippen des jungen Mannes umspielte. Doch dann kehrte seine gewohnte Ernsthaftigkeit zurück und er sprach
„nein, es war die Wahrheit."
„Was würde passieren, wenn ich mein erstes Mal mit einem blutsaugenden Menschlein wie dir hätte?"
erkundigte ich mich und zupfte an seiner braunen Strickjacke herum.
„Du würdest selber zu einem Vampir werden,"
klärte Shuu mich knapp auf und strich meinen Rücken entlang.
„Also würde ich meine Seele verlieren um meine Seele zu retten? Ist das nicht ein wenig... wie sagt man das gleich nochmal am besten... ach ja... contra produktiv? Nein, warte wahnwitzig klingt eindeutig besser,"
lächelte ich sarkastisch und fing an, dem Typen unter mir ein Zöpfchen zu flechten. Wenn er schon mal so nahe war konnte man das ja ruhig mal ausnutzen.
„Du kannst es dir aussuchen. Entweder du stirbst in vier Tagen oder du wirst deine Unsterblichkeit mit mir verbringen,"
stellte mich der Blonde vor eine schwere Entscheidung.
„Du weißt, wenn ich mich auf dich einlasse, werden die Probleme erst richtig losgehen. Für dich, meine ich,"
antwortete ich und begann damit, ihm ein weiteres Zöpfchen zu machen.
„Das Risiko nehme ich gerne in Kauf,"
entgegnete der junge Mann trocken und legte seine kühle Hand auf meine Wange.
„Seit wann so nahbar, Sakamaki,"
fragte ich und richtete kritisch meinen Blick auf den Vampir. Dieser schwieg einige Zeit und erwiderte letztendlich
„seitdem ich gemerkt habe, dass es mir was ausmacht, dich nicht in meiner Nähe zu wissen."
Still lächelte ich in mich hinein. Jedoch wusste ich nicht, ob ich seinen Worten wirklich Glauben schenken konnte. Bei diesen Blutsaugern musste man immer genau überlegen, ob sie ihre Aussagen ernst meinten, oder nur mit einem spielten.
„Wenn du das alles wirklich ernst meinst...,"
sagte ich nach einer Weile, sah mein Gegenüber genauestens an und fuhr fort
„dann beweise es mir."
Der Blonde seufzte leicht und meinte
„so lange du mich nicht auf den Nordpol schickst."
Kurz grinste ich, dann setzte ich aber sofort wieder mein Pokerface auf und antwortete
„versöhne dich mit Yuma."
„Weshalb sollte ich das tun,"
erwiderte der Vampir viel zu schnell. Ich beugte mich zu ihm runter, so dass sich schon fast unsere Nasenspitzen berührten und raunte ihm zu
„weil ich genau sehe, wie sehr du darunter leidest, deinen ehemals besten Freund als einen Feind zu haben."

Bis(s) Sie Mir Den Letzten Nerv Rauben (Diabolik Lovers FF)Where stories live. Discover now