Kapitel 33 (Chaos)

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„Wenn du für mich nur ein Spielzeug wärst, dann würdest du schon längst nicht mehr leben,"
erhob Shuu plötzlich seine Stimme, sie hatte einen ruhigen und kühlen Ton.
„Naja, ich bin's ja bald,"
lächelte ich bitter und verschränkte langsam die Arme vor der Brust, als würde ich versuchen mir selbst Halt zu geben.
„Kaida...,"
fing mein Gegenüber an, trat näher zu mir und fuhr fort
„ich habe schon einmal jemanden wegen des Vampirismus verloren, ich will nicht, dass du zu so einem Monster wirst wie ich es bin."
Aufgebracht schnaubte ich und entgegnete
„denk nicht, dass du das Recht dazu hast, zu entscheiden, was für mich am besten ist."
„Das Dasein als Vampir ist mehr Fluch als Segen... ich wollte nicht, dass du so kalt und abgestumpft wie meine Brüder und ich wirst...,"
versuchte sich der Blonde weiterhin zu  rechtfertigen.
„Ach und deshalb willst du mich einfach verrecken lassen!"
giftete ich ihn an und verengte meine Augen zu gefährlichen Schlitzen. Der junge Mann fuhr sich durch die weichen Haare,
„ich würde es niemals zulassen, dass du stirbst, Kaida."
„Ach ja? Das kommt gerade echt nicht so rüber,"
gab ich fauchend von mir und schnalzte wütend mit der Zunge.
„Glaubst du etwa Reijis Worten mehr als meinen?"
fragte mein Diskussionspartner mit einem Unterton in der Stimme, welcher mir kurzzeitig das Blut in den Adern gefrieren ließ.
    Ja, wem schenkte ich mehr Glauben? Um ehrlich zu sein wusste ich das gerade nicht einmal. In Reijis Aussagen steckte verdammt viel Überzeugungskraft, immerhin hatte er seine Brüder und sich als sadistisch wie auch egoistisch beschrieben. So, wie sie alle anfangs auf mich gewirkt hatten. Was war, wenn das letztendlich auch auf Shuus Persönlichkeit zutraf? Wenn seine Taten der letzten Wochen doch nur Show gewesen waren, damit ich mich an ihn band und somit ganz sein war? Aber andererseits hasste Reiji Shuu abgrundtief. Immerhin hatte der Schwarzhaarige Yumas Dorf in Flammen gesetzt, nur um seinem älteren Bruder die Schuld für all das zu geben und ihn zu quälen. Also, konnte ich wirklich auf die Worte des Brillenträgers bauen? Oder waren seine Aussagen letztendlich nur weitere Sticheleien, welche Shuu noch mehr verletzen sollten? Wusste ich mittlerweile über den Blonden nicht eigentlich gut genug Bescheid, um zu wissen aus welchen Gründen er handelte? Der Shuu, den ich kennengelernt hatte, war eine äußerst musikalische, irgendwie freundliche, verträumte und manchmal auch ein bisschen provozierende Seele. Immerhin hatte er extra das Mukami Anwesen betreten, um mich von Karl Heinz' Plänen bezüglich meiner Wenigkeit zu unterrichten. Warum also sollte sich der älteste der Brüder all diese Arbeit machen, um mich letztendlich sterben zu lassen.
   Schweigend sah ich mein Gegenüber an und starrte letztendlich zu Boden. Ich wusste nicht, ob ich auf meine Gedanken bauen konnte, was ich überhaupt noch glauben sollte. Deshalb blieb ich lieber still.
„Also ja...,"
erhob der Vampir nach einer Weile die Stimme. Hatte ich mich gerade verhört, oder schwang in seinen Worten wirklich so etwas wie Enttäuschung mit? Langsam hob ich wieder meinen Blick und meine Augen weiteten sich vor Überraschung für den Bruchteil einer Sekunde. Auf dem Gesicht des Blonden zeichnete ich eine Mimik ab, welche ich nie zuvor bei ihm gesehen hatte. Seine Iris schimmerte ungewöhnlich dunkel wie auch gläsern und es wirkte fast so, als müsste sich der junge Mann beherrschen, um nicht die Fassung zu verlieren. Der sonst so gefühlsmonotone, verschlafene Vampir zeigte zum ersten Mal so unglaublich viele Gefühle mit nur einer Mimik, dass ich es schon fast mit der Angst zu tun bekam. Ich hätte mit allem gerechnet. Dass er mich anbrüllen, sich weiter rechtfertigen oder sogar einfach gehen würde, aber dass er nun so vor mir stand... das zerriss mir fast mein nicht mehr schlagendes Herz.
   Was hatte ich nur getan? Wie konnte ich nur so dumm sein und Reijis Anschuldigungen gegenüber seinem Bruder auch nur eine Sekunde wirklich Glauben schenken?
„Shuu...,"
fing ich an, verstummte jedoch augenblicklich, als seine Augen mich plötzlich kühl anfunkelten. Nun hatte ich es wohl endlich geschafft, ihn gegen mich aufzuhetzen.
„Ich wollte nach einem Mittel suchen, mit dem ich dich wieder zu einem Menschen machen könnte. Den gesamten Tag über habe ich Reijis Fachliteratur und alte Werke aus der Bibliothek durchforstet... aber finden konnte ich nichts. Ich wollte dir um jeden Preis den Fluch, als Vampir auf ewig durch die Welt zu wandeln, ersparen...,"
erklärte der Blonde leise, fuhr sich erneut durchs Haar und legte letztendlich seine linke Hand um seinen rechten Oberarm. Er wirkte plötzlich so traurig... so gebrochen. Und das war alles nur meine Schuld, weil ich so naiv gewesen war und auf eine eifersüchtige Brillenschlange gehört hatte.
„Aber... warum hast du geschwiegen? Warum hast du mir nicht einfach erzählt was los ist?"
fragte ich nachdem eine Weile keiner von uns beiden mehr ein Wort gesprochen hatte.
„Ich konnte es nicht. Hätte... hätte mein Vater Wind davon bekommen, dann hätte er dich ohne mit der Wimper zu zucken umgebracht...,"
antwortete Shuu leicht stockend, während sein Blick weiterhin auf mir ruhte. Das klang echt logisch. Verdammt! Wieso war ich nur so unbeschreiblich dumm! Leicht panisch fuhr ich mir durch die langen Haare und eine schuldbewusste Mimik legte sich auf mein Gesicht,
„es... es tut mir so leid Shuu... ich bin so dumm. Ich... ich hätte Reiji nicht einfach glauben sollen."
„Bringst du mir so wenig Vertrauen entgegen, dass dich die Worte solch eines verbitterten Vampirs so schnell schwanken lassen?"
ignorierte der Blonde mein Gestammel und schenkte mir einen kalten wie auch enttäuscht wirkenden Blick durch seine tiefblauen Augen. Sichtlich schockiert legte ich die Hände auf meinen Mund, schüttelte heftig den Kopf und flüsterte schon fast
„nein... ich... ich war nur so verwirrt... ich...".
Plötzlich versagte mir die Stimme und neue Tränen bahnten sich ihren Weg über mein Gesicht. Warum nur war ich diejenige, welche so sentimental wurde? Immerhin hatte ich doch Shuu verletzt und nicht umgekehrt. Seit wann war ich so ein gefühlvolles, verheultes Dummchen? Frustriert biss ich meine Zähne zusammen, wischte mir achtlos die Nässe aus meinem Antlitz und fuhr mit einem leicht zitternden Ton fort
„ich hab es nicht mehr verdient noch weiter hier bei dir zu sein Shuu... lass mich einfach sterben... ich würde dir eh nur noch mehr Schmerz bereiten."
   Meinem Gegenüber entglitten sämtliche Gesichtszüge und er starrte mich nur ungläubig an,
„Kaida... du kannst doch nicht erwarten, dass ich dich nach alle dem alleine deinem Schicksal überlassen würde."
„Du bist ohne mich besser dran, immerhin hast du dich doch gerade wegen mir mit deinem Vater, dem Dämonenlord, angelegt... du bringst dich Dank mir nur unnötig in Gefahr...,"
meinte ich und lächelte traurig.
„Aber ich will doch nicht, dass du stirbst,"
gab Shuu mit solch einer überraschenden Überzeugung in der tiefen Stimme zurück, dass ich ihn nur schweigend anstarren konnte. Letztendlich empfand er wirklich etwas für mich seltsames Wesen. Und somit wurden auch die restlichen Zweifel unbarmherzig aus meinem Unterbewusstsein verbannt.
„Shuu..."
erwiderte ich fast lautlos und wollte einen Schritt auf ihn zu machen, als mich mit einem Mal ein erschreckend starkes Schwindelgefühl übermannte und ich unaufhaltsam ins Wanken geriet. Langsam zog sich mein Sichtfeld immer mehr zusammen und mit letzter Kraft streckte ich hilfesuchend meinen Arm nach dem Blonden, welcher mich mit vor Schreck geweiteten Augen ansah, aus. Mein Gesicht musste pure Angst widerspiegeln und meine Beine sackten erschöpft zusammen. War das hier nun das Ende?

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Diese Fanfiction hat mir gelehrt gute Cliffhanger zu machen ^^

Bis(s) Sie Mir Den Letzten Nerv Rauben (Diabolik Lovers FF)Where stories live. Discover now