Chapter 4 | abhängig.

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[Flashback wird fortgeführt, Ardy wacht auf. Die Nacht, nachdem seine Mutter ihn schlug.]

Pov: Ardy
Ich wurde durch ein Klopfen wach. Schaute auf meinen Wecker. Halb vier. Mein Kissen war feucht.

Ich erinnerte mich, wie ich mich nach der Aufforderung meiner Mutter, stöhnend in Bewegung gesetzt hatte. Ich hatte mich auf mein Bett geschmissen, wusste nicht, was ich empfinden sollte, ob Trauer oder Wut.

Ich wusste auch nicht, auf wen ich wütend sein sollte. Auf meinen Vater, weil er sie betrogen hatte? Auf meinen Bruder, der sie im Stich gelassen hatte? Auf sie selbst? Oder einfach nur auf mich? Wer war schuld?

Ich hatte mir meine Kopfhörer wieder genommen und war versunken in meine Musik, musste ich weinend, zusammengekauert eingeschlafen sein.

Ein weiteres Klopfen riss mich wieder zurück.
"Ja?", fragte ich leise.
Die Tür öffnete sich. Herein kam meine Mutter, mit geröteten Augen. Sie musste lange geweint haben, wie ich.
"Ardian...", flüsterte sie unsicher, "E-es tut mir leid. Ich hatte keine Kontrolle mehr. Ich...".
Ich unterbrach sie. "Ich weiß".
Diese Nacht entschuldigte sie sich mehrmals. Sie schien es wirklich zu bereuen. Ich versuchte, sie zu beruhigen, nahm sie in den Arm, ließ sie erzählen.

Irgendwann bat ich sie, besser schlafen zu gehen und sich auszuruhen. Als sie ging, ließ ich mich in mein Kissen fallen. Ich wollte jetzt nicht mehr denken. Ich sollte Schlaf nachholen. Kaum war ich endlich eingenickt, klingelte auch schon mein Wecker. Ich schaltete ihn aus, drehte mich um. Das war der erste Tag, an dem ich zu spät zur Schule kam.

[Flashback Ende]

Sie schlug mich danach kaum noch. Doch seit diesem Vorfall kam sie jede Nacht um diese Zeit, um ihre Trauer und ihre Wut loszuwerden. Jede Nacht kümmerte ich mich. Jeden Morgen war ich todmüde. Jeden Morgen kam ich zu spät.

Daraus entwickelte sich der monotone Tagesablauf. Mittlerweile hatte ich das Gefühl, sie war abhängig. Abhängig von dieser Konstante in ihrem Leben, abhängig von mir.

Seitdem war ich aber auch nicht mehr frei. Sie hatte Angst um mich, Angst, mich zu verlieren, da sie mich brauchte. Sie ließ mich nicht länger als unbedingt nötig das Haus verlassen.
Also hatte ich nur den Schulweg für mich.

Doch, auch wenn sie mir keine Freiheit gab, auch wenn sie alkoholabhängig war, auch wenn sie ihre Ausbrüche hatte, und auch wenn sie mir meinen Schlaf raubte: Ich liebte sie.
Nein. Das stimmte nicht. Ich hasste sie.
Auch falsch. Es war eine Hassliebe. Ich musste sie lieben, weil sie meine Mutter war. Und dennoch hasste ich sie.
Trauriger Gedanke.

Plötzlich stand ich vor unserer Haustür. Ich schloss auf und ging herein.

Pov: Taddl
Ich rannte aus dem Klassenraum. War das sein Ernst? Moment, war das überhaupt MEIN Ernst?

Ich verstand nichts mehr. Nicht mal mehr mich selbst.

Als ich aus dem Gebäude, runter vom Schulgelände stürmte, spürte ich einige verwunderte Blicke auf mir. Doch das war mir egal.

Ich wollte bloß weg, nach Hause, mich auf mein Bett schmeißen und ... - Warum eigentlich? Warum wollte ich weinen? Es war nicht einmal etwas passiert. 

Dieser Junge, Ardian... Es war mir so vor gekommen, als würde er mich mögen, ich hatte also auf ihn warten wollen, damit wir zusammen auf den Hof gehen konnten. Doch er hatte mich mit einem Blick angeschaut, der wahrscheinlich etwas hatte heißen sollen wie "Was willst du...?".

Daraufhin war ich rausgestürmt. Das flashte mich. Hatte ich mich getäuscht? Wir verstanden uns wohl doch nicht so gut, wie ich gedacht hatte. Gut, wir haben vielleicht ein paar Worte gewechselt, aber bloß, weil er nett schien, musste er ja nicht die Pause mit mir verbringen.

Ich dachte bloß, weil es nicht so ausgesehen hatte, als würde jemand anderes auf ihn warten und ich war schließlich auch neu und allein. Ich konnte ihm jedoch keinen Vorwurf machen, schließlich war er mir nichts schuldig.

Ich hatte wahrscheinlich wieder zu viel in jemandes Worte hereininterpretiert, wäre ja nicht das erste Mal. So'n Scheiss. Jetzt dachte er bestimmt auch noch, dass ich wegen ihm beleidigt war. Mann, wie peinlich.




Trust me. || Tardy FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt