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ᴀɴᴀᴡᴀᴛ ᴄʜᴀɴɴᴀʀᴏɴɢ, ʟᴇᴏ | So gerne ich es tun würde, ich kann meinen Blick nicht von ihm abwenden. Kann nur stumm dabei zusehen, wie er seine Hände zu Fäusten ballt und eine einzelne Träne von seinem Auge aus geradewegs auf den Boden prallt. Er nimmt einen tiefen Atemzug durch seine mit einem mal verstopfte Nase und wischt sich dann schnell über die Augen. ,,Mir ist bewusst, dass es gerade Wichtigeres gibt, als meine Gefühle, aber trotzdem musst du sie nicht mit Füßen treten!", zischt er und deutet dann mit einem Nicken auf die Tür, ,,Wenn das alles war, was du wolltest, kannst du gehen." Ohne mich antworten zu lassen, schiebt er mich Schritt für Schritt zurück.

Seine Gefühle mit Füßen treten? Nein, das habe ich nicht vor – hatte ich auch nie!
…Ich habe dieses Geständnis, wenn man es so nennen will, geradewegs in den Hintergrund geschoben. Warum? Wegen dem Stress, der Angst um Som, all dem, was mit einem mal auf die Beine gestellt werden musste. Ich habe nicht an Milo gedacht, in dem Moment war es mir, so bitter es nun auch klingen mag, egal.
... Nicht weil er mir egal ist, sondern weil ich diese neue Hürde nicht gleich auch noch bewältigen wollte. Ich will mich nicht mit meinen Gefühlen auseinander setzen, möchte mir nicht eingestehen, dass ich ihn auch mag und seine Gesellschaft nicht nur aufgrund der sexuellem Intimitäten genieße. Ich ziehe beinahe beschämt meinen Kopf ein, als ich vom Flur aus, gegen die Tür der Suit sehe. Noch beschämter fühle ich mich, als ich sie schnell wieder öffne und dabei zusehe, wie Milo unbeholfen die tränennassen Augen verstecken will. ,,Milo...", flüstere ich etwas unentschlossen, ziehe vorsichtig seine Hände von seinem Gesicht und umschließe sie stattdessen fest mit meinen. Seine Nasenspitze ist jetzt schon ganz rot und auch seine Augen wirken etwas verfärbt. ,,Es tut mir leid.", bringe ich leise hervor und lehne meine Stirn vorsichtig gegen seine. ,,I–Ist schon gut.", entgegnet er überraschend schnell, wobei seine Hände so sehr an meinen klammern, dass mir gleich bewusst wird, dass dem nicht so ist. ,,Nein...", murmel ich also, ,,Ich hätte mich zusammenreißen–" ,,Lass uns das klären, wenn– wenn das alles vorbei ist. Wie schon gesagt, ich weiß, d–dass meine Gefühle gerade nicht das wichtigste sind.", unterbricht er mich sanftmütig. ,,Aber–" ,,Wie geht es Som?", lenkt er auf ein anderes Thema und überrascht mich damit gleich erneut. Ein wenig entfernt er sich dabei von mir, gibt mir sogar die Möglichkeit die wenigen Tränen wegzuwischen und sein Gesicht zu umrahmen. ,,Ein wenig besser, aber er hat unheimliche Schmerzen.", erkläre ich leise und sehe abschätzend in die Augen meines Gegenübers. Er scheint sich schnell wieder gefasst zu haben, lächelt mir nun sogar ganz schwach entgegen. Es ist eher wie ein kurzes Zucken. Ich überwinde mich selbst, schmiege dann aber schnell meine Lippen an seine Stirn und drücke ihn kurz darauf so fest an mich, dass sich unsere Herzen fast berühren könnten. Ich weiß nicht mal, ob das schwere Pochen von seiner oder meiner Brust aus geht... Wahrscheinlich sind es wir beide.

Ich fühle mich leicht unwohl, als ich ihn zurücklasse und endlich wieder nach meinem besten Freund sehe. Mittlerweile schläft er aber tatsächlich, hat eine unangetastete Suppenschüssel auf dem Couchtisch stehen und eine Hand auf Nanuks Bauch gebettet, der es sich neben dem Mann bequem gemacht hat. Bemerken tut er mich trotzdem, schält sich unerwarteter Weise sogar von dem lockeren Griff des anderen und kommt mir schwanzwedelnd auf dem Sofa ein paar Schritte entgegen. ,,Hey mein Großer.", grinse ich leicht. Er ist ja doch irgendwie ganz süß. Hin und wieder zumindest. Som streiche ich bloß eine einzige Strähne aus dem Gesicht, die über seinem rechten Auge hängt, decke die Suppe ab und verlasse mit Nanuk das Zimmer. Im Garten kann er sich richtig austoben, auch wenn er die Ruhe wohl ziemlich genossen hat. Immer wieder werfe ich dem jungen Hund einen quietschenden Ball zu, lasse ihn diesen holen und werfe ihn gleich wieder weg. Zwischendurch fordert er, dass ich ihn ein wenig streichle, selbst mit ihm ein wenig durch den Garten laufe und ich erlaube mir den Spaß, ihn mit ein wenig des Pool-Wassers zu beträufeln. Er jault auf, rennt mir aber weiter belustigt hinterher.
– Es ist ein Moment der Erleichterung. Nur ein kleiner, kurzer, denn es dauert nicht lange, bis Song mit einem gezückten Tablet durch das Gartentor schlendert. Er war es, den ich zu Sean geschickt habe und alleine seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen schien es wohl gut gelaufen zu sein. Trotzdem schleudert es mich sofort direkt in die bittere Realität zurück. Ich schlucke leicht, werfe den Ball ein letztes Mal mitten in eines der Blumenbeete, damit er länger zu suchen hat, und komme ihm dann entgegen. ,,War es in Ordnung? Er hat dir nichts getan, oder?", frage ich sofort, was ihn schnell den Kopf schütteln lässt. ,,Er war ziemlich ruhig, hat während wir gesprochen haben ein wenig rumgemalt.", zuckt er mit den Schultern. ,,Immerhin hat er mit dir geredet.", nicke ich leicht zuversichtlich und werfe einen kurzen Blick auf seine Notizen. ,,Ja, ziemlich viel sogar.", nickt mein Angestellter schnell, ,,Wir haben ein paar mehr Infos über das Versteck am Flughafen und zwei Namen von Polizisten, die ihnen mal geholfen haben." Anerkennend nicke ich. ,,Dann... hat er noch einen Namen von einem jungen Mann erwähnt, wurde wohl erschossen - er meinte Sie wissen, was damit anzufangen ist - und hier hat er versucht einen ungefähren Lageplan von einem Casino zu zeichnen. Er hat gesagt den Kopf des ganzen trifft man dort immer mal wieder. Ist ein guter Tipp für Informanten, um an ihn ranzukommen, aber er hat wohl auch schon einige Leute dort umlegen lassen..."

Es dauert noch seine Zeit, bis ich einen Überblick über alle neuen Infos bekomme und gleich die nächsten Befehle losschicken kann. Letzteres tue ich aber im Wohnzimmer in Anwesenheit von Som, um für ihn da zu sein, wenn er wach wird. Eigentlich gibt er aber nur hin und wieder ein leises Grummeln von sich, wird erst richtig wach, als ich bereits fertig bin. ,,Oh Gott, wie lange bist du schon wieder hier?" ,,Lange genug, um dich sabbern gesehen zu ha–" ,,Nein nein nein!", ruft er schnell und lächelt mich dennoch so breit an, dass mir das Herz aufgeht. Normalerweise bin ich wenig emotional, aber bei Som ist e so anders. Er bedeutet mir unfassbar viel und ihn verletzt zu sehen, tut auch mir weh. ,,Also?" ,,Die Sache mit Sean klingt erstmal vielversprechend.", erkläre ich schnell, wärme dem Mann in null Komma nichts die Suppe und helfe ihm etwas beim Essen. ,,Und?", fragt er zwischendurch weiter. ,,Neue Befehle sind–" ,,Das meine ich nicht. Ich rieche Milo an dir.", schüttelt er den Kopf leicht und schmunzelt, als ich mir ertappt auf die Lippe beiße. ,,Ich war nicht mal lange bei ihm, wie soll ich nach ihm riechen, mh?", schüttel ich dennoch den Kopf und hebe den Löffel gleich nochmal vor seine Lippen. Er grinst, lässt sich unbekümmert füttern und stößt mir dann leicht in die Seite. ,,Man riecht nichts.", sagt er leise, fährt sich dann über die dunklen Augenschatten. ,,Blödmann–" ,,Ich wollte die Stimmung auflockern.", sagt er kurz, schluckt dann leicht und lässt für einen Moment die Vermutung aufkommen, es würde zu einer weiteren Hiobsbotschaft kommen. Doch seine folgenden Worte sind beinahe ein wenig erleichternd. ,,Mein Vater will mich in eines unserer Schutzhäuser bringen, Luca, Boo und Claire sollen mit und wenn es in deinem Interesse ist, kann ich auch Nanuk mitnehmen.", erklärt er leise. Dabei sieht er mich zunächst unsicher an, doch seine Miene lockert sich mit meiner auf. Gerne hätte ich, dass die Situation es nicht erfordern würde, aber wir können sie eben nicht so sehr einschätzen, als das wir es einfach dem Zufall überlassen könnten. Vor allem Boo und Nanuk gehören in Sicherheit, Som muss sich noch erholen und die Eltern meines kleinen Neffen schickt man natürlich auch mit. Sie haben beide ohnehin nicht besonders viel mit unseren Geschäften zu tun, befinden sich mehr oder weniger nur wegen der ausgezeichneten Sicherheit auf diesem Gelände.

,,Ist vernünftig.", erkläre ich meine Reaktion knapp. Sollten wir wirklich einen hinterhältigen Spion haben, ist es besser, wenn sie fort sind. ,,Nur ich und dein Vater sollten von den Koordinaten wissen.", murmel ich, ,,Ich möchte wirklich nichts riskieren." Verständnisvoll nickt der Kleinere. Schweigend helfe ich ihm beim aufessen, reiche ihm dann noch ein kleines Gebäckstück und ein Glas Wasser, ehe er dann bittend die Arme ein wenig anhebt. Ich verstehe sofort und erhebe mich gleich wieder. ,,Kannst du mich nach oben bringen? Kurz ins Bad und dann ins Bett." ,,Natürlich.", nicke ich, nachdem er also meine Vermutung bestätigt hat, und hebe ihn schnell, natürlich darauf bedacht, ihm nicht allzu viele Schmerzen zuzubereiten, hoch. ,,Du könntest doch bestimmt eigentlich selbst laufen.", murmel ich belustigt, dabei helfe ich ihm mehr als gerne. ,,Du müsstest sowieso mit nach oben, nicht wahr?", kichert er leise, was mich nicken lässt. ,,Natürlich, aber laufen..." Langsam erklimmen ich die ersten Treppenstufen und sehe einmal prüfend auf den Torso des Mannes ,,Laufen könntest du bestimmt selbst.", beende ich meinen Satz. ,,Gönn‘ mir den Service." ,,Tue ich.", erkläre ich schnell und ehrlich, kneife belustigt in seinen Oberschenkel. Als wir wenig später das Badezimmer des Gästezimmers betreten, stelle ich ihn schnell vor dem Waschbecken ab. Kurz zischt er schmerzvoll auf, fängt sich aber schnell. ,,Keine Sorge ich will nicht duschen, mich nur etwas waschen."
– Was auch nicht lange dauert. Ich helfe ihm, sich weitestgehend zu entkleiden, ehe ich ihm ein paar kürzere Klamotten besorge. Er wäscht sich derweil selbst mit einem angefeuchteten Lappen, kämmt sich die Haare und faltet die Kleidung. ,,Soll ich bei dir bleiben oder hättest du lieber etwas Ruhe?", frage ich ehrlich interessiert und ziehe meinen langjährigen Freund ein T–Shirt über seinen nackten Oberkörper, nicht ohne einen Blick auf die verbundene Wunde zu werfen. Es würde noch lange dauern, bis Luca die Fäden ziehen könnte, geschweige denn bis die Wunder verheilt sein würde. Eine Narbe bleibt auf jeden Fall. ,,Bleib bei mir, nimm es mir nur nicht übel, wenn ich nochmal einschlafe." ,,Mal gucken...", zucke ich mit den Schultern, führe ihn schnell zurück in das Schlafzimmer und lasse ihm es sich bequem auf dem Bett machen, bevor ich mich neben ihn setze. ,,Ich kann ein Kartenspiel holen.", schlage ich vor und deute auf die Kommode unter dem Fernseher. ,,Ist gut.", nickt er schnell, schmunzelt mich dann aber an, ,,Dann kannst du mir dabei auch etwas über Milo erzählen. Ich will wissen, warum du bei ihm warst." Ich schlucke leicht, als ich doch wieder aufstehe und ihn damit nachdenklich den Rücken zuwende. Gerade vor ihm müsste ich den wahren Grund nicht verstecken und trotzdem überlege ich einen Moment. Wie peinlich es eigentlich ist, dass ich mich von Sean für ein paar Infos geküsst habe, mich einfach von ihm um den Finger hab wickeln lassen. Ich schlucke leicht. ,,Willst du die Wahrheit oder die Version, die mir lieber wäre?", seufze ich, in meinen Händen die Schachtel mit Uno–Karten. ,,Deine Version?", zuckt er mit dem Schultern, sieht mich gespannt an und nimmt die Hälfte der Karten, um diese zu mischen. Kurz bin ich erleichtert. ,,Ich wollte ihn sehen." Dann fällt meine Erleichterung wieder ab. ,,Und die Wahrheit?" Ich schlucke leicht, wenn auch nicht unsicher. Etwas angespannt, wenn überhaupt. ,,Seans Belohnung." ,,Leo, ich brauche mehr Informationen!", zischt er und schlägt mir einmal kräftig gegen die Brust. ,,Er wollte einen Kuss... und ich wollte das Gefühl wieder loswerden." ,,Du hast ihn geküsst?", erstaunt weitet Som die dunklen, sowieso schon runden Augen und blinzelt mir ein paar Mal entgegen, ehe er ungläubig den Kopf schüttelt. ,,Das hätte ich nicht erwartet." ,,Die Informationen sind gerade eben besonders wichtig.", versuche ich mich zu rechtfertigen, auch wenn das überhaupt nicht nötig ich. Ich habe zu tun, was ich für richtig habe. Ich habe zu tun, was nötig ist.

,,Magst du Milo?" Nun bin ich es, der überrascht aufsieht. Ob ich ihn mag? Natürlich. Sonst hätte ich ihn nicht eingestellt, würde ihn nicht so in mein Leben lassen. Wäre er mir auch nur ein bisschen unsympathisch, würde ich ihn nicht an mich ran lassen. Schon gar nicht an Nanuk. ,,Inwiefern?" ,,Du weißt genau was ich meine.", verdreht er die Augen. Natürlich hat Som recht. Er redet nicht von normalen mögen, sondern von ernsthaftem Interesse, romantischen Gefühlen, einem wahrhaftigen, tiefen Verlangen. Aber hätte er es so gesagt, hätte ich gleich nein gesagt – nicht, weil es nicht so ist, sondern weil ich nicht vor ihm zugeben würde. Ich schlucke erneut. Diesmal tatsächlich etwas unsicher. ,,Ich mag ihn.", stelle ich dann fest. ,,Sehr?", fragt er weiter. ,,Schon.", nuschle ich daraufhin und ziehe solange meinen Kopf ein, bis ich meine mein bester Freund könnte seinen Blick abgewendet haben. Hat er nicht. Er hat mich geradezu fixiert, mit einem leichten, nicht belustigt wirkenden Lächeln. Ich habe ja fast schon das Gefühl, er sieht mich ein wenig stolz an. ,,Er hat mir sogar von seinen Gefühlen erzählt.", murmel ich ihm unbewusst entgegen, schließe meine Beine in einen Schneidersitz und teile langsam die Karten aus. ,,Ich habe es verstanden, nur nicht gleich registriert, weil– weil..." ,,Ich weiß schon.", nickt er. ,,Es war alles so viel auf einmal. Die Sache mit dir, dann das unsere Eltern mich erst nicht einweihen wollten, dass ich dann doch alles übernommen habe–" ,,Leo, ich weiß, dass der Druck auf dich enorm ist. Du musst es nicht rechtfertigen und Milo wird es auch verstehen... Oder?" Unschlüssig zucke ich mit den Schultern. ,,Ich schätze schon. Ich habe ihn nur ziemlich überrumpelt, weil ich mich einfach nur ablenken wollte– und dann hat er angefangen zu weinen und ich–... Ich habe mich schlecht gefühlt." ,,Du besitzt eben doch noch ein bisschen Empathie.", schmunzelt er leicht, ,,Zumindest gegenüber den Leuten, die du wohl sehr magst."

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bruises and twisted guns ☾ ⋆*・゚Hikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin