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Obwohl ich geglaubt hatte, dass ich es akzeptiert hatte, war ich trotzdem enttäuscht als meine Familie sich quasi gar keine Zeit für mich nahm. Die sahen mich jährlich nur knapp zwei Monate und trotzdem schien es sie nicht weiter zu kümmern, dass ich da war.

Mein Vater und Paul führten immer wieder Gespräche hinter verschlossener Tür bei denen ich nicht zuhören durfte. Auch sonst beachteten sie mich kaum. Insbesondere mein Vater würdigte mich keines Blickes. Er hatte kein einziges Gespräch mit mir geführt. Die einzigen Sätze, die er an mich gerichtet hatten, waren, dass ich in Hogwarts hätte bleiben soll, dass ich nicht so mit ihm reden solle und dass ich verschwinden solle, weil mich das nichts anging.

Selbst meine Mutter ließ mich immer wieder abblitzen. Wobei ich nicht einmal wusste, was sie den lieben langen Tag tat. So putzte sie beispielsweise Zimmer, die schon vor Sauberkeit blitzten. Immerhin ab und zu unterhielt sie sich mit mir und vor allem ignorierte sie mich nicht, aber trotzdem war die Zuneigung eher dürftig. Ich hatte den Verdacht, dass mein Vater irgendetwas damit zu tun hatte. Vielleicht hatte er ihr gedroht oder sie wollte keinen Streit mit ihm riskieren.

Heute entschied ich mich dazu ins Kino zu fahren. Ich schnappte mir das Fahrrad und fuhr davon, ohne mich von irgendjemand verabschiedet zu haben. Wahrscheinlich würde es ihnen sowieso nicht auffallen, dass ich nicht zuhause war.

Statt aber durch den Haupteingang zu gehen, lief ich auf die Rückseite des Gebäudes. Es handelte sich um ein kleines Dorfkino. Meistens arbeitete nur eine Person, wenn irgendein besonderer Film lief zwei. Mehr waren es so gut wie nie. Das machte es besonders einfach, die Hintertür zu knacken und das Kino von dort zu betreten.

Hinter einer Säule wartete ich darauf, dass der Mitarbeiter von dem Snackstand zurück zu dem Ticketschalter lief, um die Gelegenheit zu nutzen mir schnell eine der Popcorntüten zu schnappen, die am Tresen ausstanden und in den Kinosaal zu schlüpfen.

Der Saal war recht klein, aber dafür war er, wie üblich, ziemlich voll belegt. Was mir dabei half unentdeckt zu bleiben. Ich setzte mich neben eine Gruppen Mädels, die ungefähr in meinem Alter war. Vielleicht ein paar Jahre älter. Wenn der Mitarbeiter reinschauen sollte, dann würde er denken, dass ich zu ihnen gehörte und mich keines weiteren Blickes würdigen.

Zufrieden warf ich ein Popcorn in die Luft und fing es mit dem Mund wieder auf.

Es dauerte nicht lang bis das Licht ausging und die Werbung begann. Ich wusste nicht welcher Film heute laufen würde, aber eigentlich war das auch egal. Der Film war für mich nur Nebensache. Das Schöne war das Kino selbst.

Die gemütlichen roten Kinosessel, die riesige Leinwand, der Geruch und natürlich der Geschmack des Popcorns. Das schönste daran aber war, dass es sich um etwas so Gewöhnliches handelte.

Eine wunderbare Freizeitbeschäftigung, die nicht durch Magie zerstört wurde. Es gehörten den Muggeln und so würde es auch bleiben.

Zauberer hielten sich von der modernen Technik fern. Es war seltsam, dass die Muggelgeborenen in Hogwarts sich nicht mehr darüber aufregten. Sie kannten die wahre Welt, aber es schien keinen zu interessieren, dass die Zauberer in einer rückständigen Welt lebten. Sie nutzten keinerlei Technik oder Elektrizität. Das war aber nicht alles. Sie ignorierten auch die Erkenntnisse der Naturwissenschaften. Ich hatte in meinem ersten Jahr in Hogwarts während der Flugstunden irgendetwas über Gravitation gesagt und sie haben mich angeschaut als wäre ich verrückt.

Sie kannten keine physikalischen Gesetze und klar, konnte man sagen, dass sie das System der Schwerkraft nicht verstehen mussten, weil sie sich nicht an diese Grenzen zu halten hatten, aber trotzdem. Wobei mir einfiel, dass man gerade daran sehen konnte, wie überheblich sie waren. Sie waren der Meinung, dass sie über den Muggeln standen, weil sie die Gesetze der Natur nicht achteten. Was sie in meinen Augen allerdings einfach nur dämlich machte. Sie schienen nicht zu verstehen, dass die Natur über uns allen stand. Wir waren nur ein winziger Teil der Natur. Wir sollten uns an ihre Gesetze halten, sollten ihr dienen und ihr Schutz gewähren. 

Bis ich ihm die Wette stahl (Harry Potter - Rumtreiber - Fan Fiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt