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So ungern ich es auch zugab: ich merkte die Fortschritte, die ich dank der Nachhilfe gemacht hatte. Lupin war zugegebenermaßen ein guter Lehrer. Meine Fortschritte waren nicht groß genug, um zu behaupten, ich sei mittlerweile eine gute Schülerin, aber ich konnte dem Unterrichtsgeschehen folgen und sogar die ein oder andere Frage beantworten. Auch die Zauber gelangen mir in einer viel häufigeren Frequenz als all die Jahre zuvor.

Seit Beginn der Stunde hatte Slughorn immer wieder zu mir geguckt, als wartete er auf einen günstigen Augenblick, um etwas zu sagen. Hatte er wirklich Angst davor mich zum Bleiben zu bringen? Das hatte ihn doch beim letzten Mal auch nicht aufgehalten. Wieso jetzt?

Slughorn war aber nicht der Einzige, der mich beobachtete. Da gab es noch jemanden. Jemanden, der mir nicht nur ab und zu einen Blick zuwarf, sondern mich ununterbrochen beobachtete.

Ich war Black seit dem Date ein wenig aus dem Weg gegangen. Ich behauptete nicht, dass ich sofort in die entgegengesetzte Richtung rannte, wenn ich seine schwarzen Haarspitzen sah, aber ich hatte den Sonntag an abgelegenen Orten verbracht, an denen ich ihn nicht zu erwarten hatte.

Das lag nicht daran, dass mir das Date nicht gefallen, sondern vielmehr daran, dass es mir gefallen hatte. Er war gut. Ein guter Schauspieler, der sein Spiel beherrschte. Das machte ihn gefährlich.

Mir war bewusst, dass es sich für ihn nur um ein Spiel handelte, eine Wette, die er gewinnen wollte, aber ich hatte nicht geahnt, wie gut er darin sein würde. Ich würde ihm trotzdem nicht verfallen. Schon allein deswegen, weil ich wusste, dass es nicht echt war, aber die Tatsache, dass er mir, obwohl er ein Mistkerl war, eine schöne und witzige Zeit geschenkt hatte, überforderte mich ein wenig.

Er gehörte zu den schönsten Abenden, die ich in Hogwarts verbracht hatte und dabei war alles nur ein Spiel gewesen. In gewisser Weise war das schon traurig, aber so war es nun mal.

Aufgeben kam für mich nicht in Frage. Ich würde dieses Spiel fortsetzen. Ich hatte, ohne dass er es wusste, sein Spiel übernommen, seine Wette gestohlen und er würde am Ende begreifen, dass er das nie wieder machen dürfte. Ganz sicher würde ich ihn nicht gewinnen lassen.

Black würde seine Lektion erhalten.

Slughorn beendete den Unterricht ein paar Minuten früher mit den Worten: „Miss Burgh, würden Sie noch einen Moment bleiben? Der Rest darf gehen. Der Unterricht ist beendet."

Er wartete, bis all meine Mitschüler den Klassenraum verlassen hatten, bevor er zu mir nach hinten kam.

„Was gibt's?", fragte ich und lehnte mich auf meinem Stuhl nach hinten.

„Wie ist die Nachhilfe?"

Ich runzelte die Stirn. Das war alles? „Ich würde lieber keine Nachhilfe haben, aber naja. Ist schon in Ordnung, denk ich."

Er wirkte erschüttert über meine Antwort. Seine Augen hatten sich geweitet und er stützte sich am Tisch ab, als hätte er Angst den Boden unter seinen Füßen zu verlieren. „Ja, wirklich?"

„Ich würde nie wieder hingehen, wenn ich die Wahl hätte, aber Lupin ist eindeutig besser als es Little Miss Sunshine wäre."

„Sie sollten aufhören Miss Evans so zu nennen."

„Wieso denn? Little Miss Sunshine ist doch keine Beleidigung."

„Aus ihrem Mund klingt es wie eine.", gab er zurück.

Ein Grinsen huschte über mein Gesicht. Er hatte ja recht. „Sonst noch etwas?"

„Äh, ja." Slughorn richtete sich wieder auf. „Ich wollte Ihnen mitteilen, dass wir Ihre Fortschritte durchaus bemerken."

„Heißt das ich muss nicht mehr zur Nachhilfe?"

„Was? Doch, natürlich."

„Schade."

„Das soll nur heißen, dass Sie auf dem richtigen Weg sind, Miss Burgh. Ich habe Hoffnung, dass Sie ihre Lücken mit Mister Lupins Hilfe schließen können."

Am Nachmittag hatte ich dann auch wieder die Nachhilfe, über die wir gesprochen hatten. Wobei ich kurzzeitig nicht sicher war, ob Lupin kommen würde. Er war sonst immer sehr pünktlich gewesen, aber heute verspätete er sich. Ich war kurz davor meine Sachen zu packen und zu verschwinden, als er sich schwerfällig auf den Stuhl neben meinen fallen ließ.

„Du siehst ja furchtbar aus."

„Vielen Dank auch." Selbst seine Stimme klang schwach und brüchig. „Was eine nette Begrüßung."

Entschuldigend zuckte ich mit den Schultern. Es war wohl nicht sonderlich höflich, aber es stimmte. Er sah aus als hätte er seit Tagen nicht mehr geschlafen. Seine Haut war blass mit einem aschgrauen Unterton, riesige dunkle Augenringe und bei jeder Bewegung, verzog sich sein Gesicht vor Schmerz. „Was hast du denn gemacht?"

„Gar nichts. Lass uns anfangen."

„Wollen wir das nicht lieber ausfallen lassen?"

„Das hättest du wohl gerne."

Augenverdrehend schnaubte ich auf. „Durchaus, aber in diesem Falle geht es mir ausnahmsweise nicht darum, dass ich keine Lust habe auf die Nachhilfe, sondern wirklich darum, dass du aussiehst, als würdest du gleich in Ohnmacht fallen. Du wirkst als bräuchtest du unbedingt eine Mütze voll Schlaf oder als müsstest du ganz dringend zum Arzt, um dich untersuchen zu lassen."

„Mir geht es gut."

Ich zog die rechte Augenbraue in die Höhe. „Wirklich? Versuchst du mich zu belügen oder dich selbst?"

Er antwortete nicht, sondern schaute nach unten auf den Tisch. 

Bis ich ihm die Wette stahl (Harry Potter - Rumtreiber - Fan Fiction)Where stories live. Discover now