Kapitel 79

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„Können wir mal kurz unterbrechen?" kommt es mitten im Interview von Anna „Wincent, komm mal bitte mit raus."
Innerlich seufzend stehe ich also auf und folge Anna raus vor die Tür.
„Was is?" brumme ich.
„Wenn du Beziehungsprobleme hast, rede oder rede nicht drüber, aber verdammt nochmal, lass diese Probleme nicht an den Arbeitsplatz. Das da drinnen ist dein Job, auch wenn da deine Ex ist, scheiß drauf. Sie ist in einer Beziehung und ich weiß, dass du da drüber hinweg bist, sonst bist du ja auch immer mehr als professionell damit, aber gerade sind deine Gedanken einfach nur bei dieser Frau. Benimm dich jetzt endlich wieder normal, geh da rein, lächle. Und ich weiß, dass du das getan hast, aber selbst nen Blinder mit Krückstock sieht, dass das einfach nur gefaked ist. Wenn du es gerade faken musst, dann tu das, aber dann bitte auch so, dass man es nicht sieht. Sonst kannst du auch direkt rausposaunen, dass es dir mehr als scheiße geht."
„Verstanden" murmle ich nur, atme nochmal durch und gehe wieder rein.
Ich setze mich wieder auf den Hocker und schaue zu Yvonne, wobei ich einmal kurz fast vom Stuhl falle. Ich blinzle ein paar Mal und sehe dann auch zum Glück wieder Yvonne und nicht Leo. Alter, jetzt halluziniere ich schon...

Irgendwie schaffe ich es dann aber doch, mich aufs Interview zu konzentrieren und schiebe die Gedanken an Leo vorerst etwas beiseite. Somit verlasse ich später fast schon wieder fluchtartig das Gebäude, um mich auf den Weg zu meiner Wohnung zu machen. Hier packe ich meine restlichen Sachen einfach zusammen und lasse mich dann auf dem Sofa fallen. Wieder einmal hole ich mein Handy hervor und gehe auf den Chat von Leo. Wie erwartet, alles ungelesen, gleiches auf Instagram. Seufzend mache ich mich dann doch langsam mal fertig, schnappe mir meine sieben Sachen und gehe runter zu meinem Auto. Meine Sachen verstaue ich schnell und setze mich dann auch rein. Schnell werde ich auch schon von den schönsten Tönen von System of a Down beschallt und nachdem ich den ekelhaften Verkehr in der Stadt hinter mir habe, düse ich über die Autobahn Richtung Zuhause. Während der Fahrt schaffe ich es zumindest anfangs meine Gedanken total abzuschalten und mich nur auf die Straße zu konzentrieren, bis sich doch Leo wieder in meine Gedanken schleicht. Dann muss ich mich regelrecht dazu zwingen, an irgendwas anderes zu denken. Allerdings funktioniert das auch eher semi gut. Ich zwinge mich, an die Tour zu denken, für die bald die Proben losgehen, allerdings fällt mir dann wieder ein, dass ich mir schon vorgestellt habe, wie sie mich auf Tour besucht -eventuell auch ziemlich detailliert an Offdays mit ihr allein im Hotel.

Somit parke ich dann auch recht mies gut gelaunt vor dem Haus meiner Mum, steige aus, schnappe mir meine Sachen und gehe dann zur Tür. Mit den Gedanken immer noch etwas bei Leo, betrete ich dann das Haus und werden direkt von meiner Schwester, die freudig auf mich zukommt, aus den Gedanken an meine Freundin -zumindest hoffe ich, dass ich sie überhaupt noch meine Freundin nennen darf- gerissen. Sie schlingt ihre Arme fest um mich und mir fällt gefühlt eine zentnerschwere Last von den Schultern. Ich vergrabe meine Nase in ihren Haaren, während sie schon wieder versucht, sich von mir zu lösen.
„Wincent, ich krieg keine Luft mehr" kommt es dann von ihr, weswegen ich sie dann auch loslasse „Ist alles okay? Du siehst gar nicht gut aus."
„Geht so, ich brauche vielleicht einmal etwas Zeit mit meinen Liebsten."
„Mama musste nochmal zu Oma und Opa, wir haben also etwas Zeit zu zweit... Willst du mir sagen, was passiert ist?"
„Was passiert ist, ist dass meine kleine Schwester viel zu schnell erwachsen wird" murmle ich.
„Nein, im Ernst, was ist passiert?" schmunzelt sie.
Seufzend ziehe ich mir erstmal Jacke und Schuhe aus, während Shayenne mich einfach weiterhin ansieht. Kann ich mit ihr über Leo reden? Oder kommt sie dann wieder mit dem Quatsch um die Ecke, dass ich sie vergessen würde? Ich will mit ihr darüber reden, aber ich muss mehr als einfach nur vorsichtig an die Sache rangehen.
„Wincent, was ist los? Geht es um... um eine Frau?"
Ich schließe kurz die Augen und lasse leicht den Kopf hängen.
„Also ja."
„Nicht um irgendeine Frau, Shay..."
„Die vom Weihnachtsmarkt? Hast du für sie auch den Song geschrieben?"
„Ja und ja" murmle ich „Können wir uns setzen?"
Von meiner Schwester kommt nur ein zögerliches Nicken, bevor wir ins Wohnzimmer gehen und uns auf die Couch setzen.
„Liebst du sie?" fragt sie dann leise.
„Ja, ich liebe sie. Ich habe mich wirklich in sie verliebt."
Erst kann ich ihre Mimik so gar nicht deuten, bis sie doch endlich etwas sagt.

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