Kapitel 92

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So wunderschön wie vor wenigen Wochen steht sie da und unterhält sich mit irgendwelchen anderen Leuten. Ihre Haare fallen ihr locker über die Schultern und ihr Outfit betont ihre perfekte Figur, eine hellblaue, enge Jeans und ein lockeres schwarzes Top mit etwas Spitze... Warte, sie muss doch gewusst haben, dass ich komme, warum ist sie dann hier? Warum tut sie mir das an?
„Wincent, hallo" kommt es dann von Anna.
„Ja, was? Sorry."
„Ich weiß, wen du gerade gesehen hast, aber du musst dich da jetzt nochmal zusammenreißen, okay? Sie ist hier, weil es ihr Job ist und du bist hier, weil es dein Job ist. Ihr seid denke beide professionell genug" kommt es von Amelie.
„Ach ja? Ich würde nichts lieber machen, als zu ihr zu gehen und sie wegschicken. Immer noch professionell?"
„Nein, deswegen reiß dich zusammen!"
„Ich geb mir Mühe" murmle ich und konzentriere mich dann auf das, was Anna mir erzählt.
Recht schnell muss ich dann auch schon in die Maske, wobei nur Anna mitkommt. Sie erzählt mir noch ein paar Regeln, an die ich mich wohl unbedingt halten muss. Später hängen meine Gedanken allerdings nur noch an Leo, vor allem weil sie dann auch noch in den Raum kommt. Ich beobachte im Spiegel, wie sie sich mit einer Frau unterhält. Irgendwann sieht sie auch zu mir, wobei sich unsere Blicke kurz miteinander verharren. Jetzt sehe ich auch das erste Mal, wie müde sie aussieht, okay, ihr MakeUp verdeckt das echt gut, aber ihre Augen sind klein und trüb und sie strahlt irgendwie nicht mehr so. Kaum merklich schüttelt sie mit dem Kopf und verschwindet kurz darauf wieder aus dem Raum.

Das ist das erste Mal, dass wir nach der Trennung aufeinander treffen und ehrlich gesagt ist mir das gerade etwas zu früh. In ein paar Monaten würde ich damit vielleicht zurecht kommen, aber nicht jetzt schon.
Als ich fertig bin, gehen wir zurück zum Set wo ich direkt sehe, wie Amelie und Leo sich unterhalten. Was zur? Als die beiden mich dann sehen, meint Amelie nur noch irgendwas zu meiner Ex und lässt sie dann stehen.
„Ähm, Amelie? Was war das? Was hast du zu ihr gesagt?"
„Entspann dich, wir haben uns nur kurz unterhalten. Zum Konzert hatten wir uns halt gut verstanden."
„Du bist meine beste Freundin-"
„Und das wird sie dir ja auch nicht wegnehmen, also benimm dich nicht wie nen Kind. Du bist erwachsen und wenn sie es aushält, mit dir in einem Raum zu sein, wirst du das wohl auch."
„Das ist doch was total anderes."
„Nein, ist es nicht, glaub mir."

Nachdem Amelie mir dann einmal ordentlich den Marsch geblasen hat, hab ich mich dann doch mal am Riemen gerissen und mich einigermaßen professionell verhalten. So wie auch Leo es getan hat. Trotzdem bin ich echt froh, als wir das Set dann langsam verlassen können. Ich muss also eigentlich nur noch warten, bis Anna alles abgeklärt hat und Amelie von Toilette zurück ist.
„Hey" höre ich dann Leo und sehe von meinem Handy auf.
„Hey" meine ich leise, bevor sie sich einfach neben mich setzt „Wie geht's dir?"
„Geht so... Dir?"
„Beschissen" antworte ich ehrlich und sehe zu ihr rüber, Leo hingegen beobachtet einfach das Geschehen hier am Set.
„Ich habe nie mit dir spielen wollen, alles was ich gefühlt habend immer noch fühle, war, ist echt... genau wie der Schmerz, dass du jetzt weg bist... Ich vermisse dich" flüstert sie und sieht mich dann kurz an, bevor sie aufsteht und wieder geht.
Was war das grade? Sie vermisst mich auch? Es tut ihr auch weh? Was sie gefühlt hat war echt? Was sie fühlt ist echt?
Bevor ich aber nochmal aufstehen und zu ihr gehen kann, um sie nochmal zur Rede zu stellen, tauchen schon Amelie und Anna auf. So schnell kann ich gar nicht gucken, da sitzen wir im Auto zum nächsten Termin. Warum hat sie mir das jetzt gesagt? Warum jetzt und nicht vor zwei Wochen? Was soll der Scheiß?!
Soll ich vielleicht doch nochmal zu ihr gehen und mit ihr reden? Könnte ich mich nochmal auf sie einlassen? Am Ende läuft das wieder so wie beim letzten Mal...

Irgendwann spät abends kommen wir dann wieder in unserem Hotel an, wobei ich mich aber nochmal unten an die Bar setze, während Amelie und Anna sich schon in ihre Zimmer verabschieden. Nach zwei, drei Bier setzt sich auch eine Frau neben mich, welche ich von der Seite kurz mustere. Lange braune Haare, schlank... definitiv ansehnlich.
„Hey" grinst sie mich dann flirty an.

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