Lauf nicht weg

Kapitel 121

„Äh Jungs, bei mir hat sich auch nen bisschen was getan, zwar schon länger, aber ich musste mir erst richtig sicher sein, bevor ich es euch erzähle."
„Ziehst du zurück in den Norden?" platzt es direkt aus Alex und sofort sind die drei total aufgeregt.
„Nein, noch nicht" versuche ich sie zurück auf den Boden der Tatsachen zu holen „Irgendwann, bald, werde ich wieder in den Norden ziehen, das steht fest, aber geplant hab ich das noch nicht."
„Oh... was dann?"
„Ich hab mich vor fast einem Jahr von Jonas getrennt und eigentlich hatte ich vor, eine Weile mein Singleleben zu genießen. Bevor ihr jetzt direkt irgendwie glaubt, wir wären wieder zusammen, nein. Das ist aber sowas von nicht der Fall. Aber... ich habe wieder jemanden an meiner Seite. Wir haben uns schon Ende letztes Jahr kennengelernt und haben Anfang dieses Jahr festgestellt, dass da mehr ist."
„Anfang des Jahres?!" platzt es aus Nils raus „Du hast seit über nem halben Jahr wieder nen Typen und erzählst uns das erst jetzt?"
„Nein, es gab viel hin und her, es war super kompliziert, richtig fest sind wir vielleicht seit zwei Monaten oder so zusammen."
„War er der Grund, warum du nicht gestern schon gekommen bist?" fragt Toby leise.
„Ja, ich bin spontan zu ihm und bin erst gestern Abend mit ihm zusammen von München her gefahren."
„Er is hier?"kommt es jetzt noch fassungsloser von Nils.
„Nicht hier hier, seine Familie wohnt ne halbe Stunde von hier. Aber er kommt in ein paar Tagen her, ich will, dass ihr ihn kennenlernt."
„Wissen Mama und Papa, dass du schon wieder nen Neuen hast?"
„Nils, chill!" platzt mir dann langsam der Geduldsfaden „Ja, Mama und Papa wissen von meinem Freund. Sogar schon relativ lange. Schon seit der komplizierten Phase mit ihm."
Nils setzt an, bricht dann aber doch ab und verschwindet im Haus. Alex und Toby fragen mich noch ein bisschen über Wincent aus und freuen sich glaube echt schon etwas drauf, ihn kennenzulernen. Auch wenn sie noch ein bisschen überfordert sind. Aber die beiden gehen so viel erwachsener mit der Sache um als Nils. Irgendwie tut das weh.

Den Tag verbringen wir entspannt zuhause und jetzt sitze ich gerade mit meiner Mum im Garten, Balu liegt neben mir und genießt sein Hundeleben. Mit Nils hab ich seit heute Mittag nicht mehr gesprochen, er hat sich erstmal in sein Zimmer verschanzt und ist später zu nem Kumpel.
„Bin wieder zuhause" streckt er plötzlich den Kopf raus, aber bevor ich reagieren kann ist er schon wieder abgehauen.
„Was ist denn mit ihm los?"
„Er ist sauer auf mich, weil ich nen neuen Freund habe."
„Leona... Er ist nicht sauer, er ist nur überfordert. Er hat sich immer so gut mit Jonas verstanden, haben wir alle. Papa und ich waren anfangs ja auch sehr überfordert, vor allem ich."
„Aber ihr habt noch mit mir geredet, genau wie Alex und Toby. Ihr gebt mir nicht das Gefühl, dass es das größte Verbrechen ist, dass ich mich verliebt habe. Ich liebe ihn, Mama. Er macht mich mehr als glücklich."
„Das haben Papa und ich schon mitbekommen und deswegen freuen wir uns schon drauf, ihn endlich kennenzulernen. Wir hatten jetzt aber auch etwas mehr Zeit , um uns an den Gedanken, du mit einem neuen Mann -von dem wir bis jetzt übrigens immer noch nur den Vornamen kennen- zu gewöhnen."
„Aber Toby und Alex haben es jetzt doch auch geschafft, Nils ist erwachsen und benimmt sich wie ein Kind. Ich will, dass er nicht nur mit Wincent klarkommt und es irgendwie akzeptiert, ich will, dass er ihn auch mag."
„Geh hoch und rede nochmal mit ihm. Versuch, ihm zu erklären, wie du dich grade fühlst."
„Wir reden von Nils-"
„Du hast den selben Sturkopf, also meckre nicht rum. Bewege deine vier Buchstaben hoch zu deinem Bruder und vertrag' dich mit ihm."
„Ich frag mich woher wir den Sturkopf haben" murmle ich in mich rein, stehe aber auf und gehe hoch.

Vorsichtig klopfe ich bei Nils an die Tür und gehe dann rein, nachdem ich keine Antwort bekomme. Mein Bruder sitzt auf seinem Bett und tippt auf seinem Handy rum. Ich setze mich neben ihn und lehne mich an die Wand, genau wie er, nur schaue ich auf die paar Bilder gegenüber vom Bett. Nicht annähernd so viele wie bei mir, aber doch ein paar schöne. Unter anderem eines von ihm, Jonas und mir vor einigen Jahren bei seiner Konfirmation.
„Nils, ich mag es nicht, wenn die Stimmung zwischen uns so komisch ist."
„Warum kommst du jetzt schon mit nem Neuen an? Du warst wahrscheinlich grade mal nen Monat von Jonas getrennt, als du den kennengelernt hast."