Kapitel 172

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Wincent
Nie wieder! Okay, sage ich wahrscheinlich immer, aber am Ende halte ich es doch nie ein. Meine Augen hab ich noch nichtmal geöffnet und mein Schädel brummt schon. Ich greife rüber auf die andere Bettseite, um Leo in meine Arme zu ziehen, aber die ist wie's aussieht schon aufgestanden. Brüchig erinnere ich mich an letzte Nacht. Man war ich nen Arsch... Irgendwann in der Nacht scheine ich mir auch noch die Jogginghose und das Shirt ausgezogen zu haben. Um es hinter mich zu bringen, öffne ich meine Augen nur einen kleinen Spalt. Oh scheiße ey. Aufsetzen. Ich muss mich aufsetzen und was trinken. Gerade würde mich echt auch eine Schnecke im Wettrennen besiegen. Gibt's noch was langsameres als ne Schnecke? Okay, zu viel Denken. Was auch immer langsamer ist, würde mich auch noch schlagen.
„Kater?" höre meine Freundin, wobei ihr Grinsen eindeutig ist, auch wenn meine Augen inzwischen wieder geschlossen sind.
Ich gebe ein unverständliches Brummen von mir und schaffe es dann doch mal, mich richtig hinzusetzen. Leo setzt sich derweil neben mich, weswegen ich doch mal wieder nen Auge öffne. Meine Freundin hält mir eine Asperin und ein Flasche Wasser hin.
Ich nehme sie, schlucke hinterher ordentlich Wasser und lehne mich dann gegen Leo.
„Wie schlimm war ich?" murmle ich leise.
„Mh... sehr anstrengend. Hat schon ne Ewigkeit gedauert, dich ins Auto zu bekommen und auch da wolltest du mir die ganze Zeit an die Wäsche."
Okay, ich war noch nen größerer Arsch als ich dachte.
„Boah war ich widerlich."
„Mh... ja, aber hätte auch schlimmer sein können."
Sofort fällt mir die Situation vor nem Jahr an ihrem Geburtstag im Club ein... Boah ich bin doch nicht ehrlich so nen Ekelpaket gewesen, wie ihr Ex, oder? Seufzend lege ich mich hin, bette meinen Kopf auf ihrem Schoß.
„Es tut mir leid" murmle ich gegen ihre Oberschenkel.
Leo lacht kurz auf, bevor sie mir sanft durch die Haare streicht.
„Nie wieder Alkohol" brumme ich.
„Genau, glaub ich dir aufs Wort" lacht sie mich aus „Hast du bestimmt schon öfter gesagt. Komm lass mich aufstehen und du solltest dich auch langsam aus dem Bett raus quälen. Denn so leid es mir tut, du musst dich heute trotz Kater zusammenreißen."
„Warum?"
„Weil heute Heiligabend ist, du Schlaumeier."
Sie schiebt meinen Kopf von ihrem Schoß und steht auf.
„Bist du nicht müde?"
„So wenig, wie du mich letzte Nacht hast schlafen lassen? Natürlich bin ich müde!"
„Mach mir doch noch nen schlechteres Gewissen."

Nach einer Dusche und nem schwarzen Kaffee, kann ich mich wenigstens wieder etwas besser bewegen. Trotzdem lungere ich eher auf der Couch rum, während meine Freundin, meine Mutter und meine Schwester lachen... und das über mich.
„Ihr seid doof" brumme ich.
„Ach komm, Wiwi, seit wann bist du nicht mehr trinkfest?"
„Ich bin trinkfest, aber hab's vielleicht etwas übertrieben."
„Wenigstens musstest du nicht zur Polizei" grinst meine Mutter.
„Warte, die Geschichte kenne ich noch nicht" lacht Leo.
„Also, das war ganz einfach so, dass Wincent nicht nur ein bisschen zu tief ins Glas geschaut hat und er es für eine grandiose Idee hielt, splitterfasernackt über die Eisbahn zu schlittern. Mitten in der Nacht versteht sich. Das war allerdings nichtmal der Grund. Er ist, immer noch nackt, in seinem Auto eingepennt und wurde dann von der Polizei geweckt. Ich durfte meinen Sohn dann an Heiligabend früh morgens abholen."
„Ach komm, ich hab schon viel mehr Scheiße angestellt" seufze ich.
Inzwischen haben sich die drei zu mir auf die Couch gesetzt. Ich lege meinen Arm um meine Freundin und lausche den Gesprächen meiner Frauen. Vor allem Leo und Shay verstehen sich blendend und reden über was weiß ich denn alles. Gefühlt geht ihnen nicht ansatzweise der Gesprächsstoff aus.
Gegen vier scheucht Mum uns dann alle hoch, damit wir uns fertigmachen. Ich ziehe mir einfach nen weißes Shirt und eine schwarze Chino an, mache noch schnell meine Haare und knalle mich dann nochmal mit meinem Handy ins Bett. In der Zeit schminkt Leo sich noch, worauf ich nicht wirklich achte, aber als sie sich dann umzieht, schaue ich doch etwas genauer hin.
Über die dunkelrote Spitzenunterwäsche zieht sie ein Strumpfhose, einen schwarzen Rock und einen dunkelgrünen, hochgeschlossenen Strickpullover. Die Haare fallen ihr glatt über die Schultern. Irgendwie sehe ich sie selten mit so glatten Haaren, aber irgendwie find ich es heiß...
„Was schaust du so?"
„Ich hab ne heiße Freundin" schmunzle ich.
„Ah daher weht der Wind... Hab ich letzte Nacht auch schon öfter von dir gehört."
Leo kommt zu mir, legt mein Handy weg und setzt sich dann auf meinen Schoß. Meine Hände legen sich automatisch an ihre Hüften. Sie lehnt sich etwas zu mir runter, um ihre Lippen sanft auf meine zu legen. Dazu muss gesagt sein, dass das heute mein erster Kuss ist. Schnell werde ich also immer gieriger, bis sie sich schweratmend von mir löst.
„Wir sollten langsam wieder runter" flüstert sie.
„Erstmal muss ich selber wieder runterkommen" schmunzle ich.

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