2 | Mama zu Besuch.

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Nächster Tag. - Ungeduldig tippte ich mit meinen Fingern auf den Tisch in meiner Küche. Meine Mutter wollte in knappen zehn Minuten da sein und ich war aufgeregt wie sonst was, weil ich ihr meinen Freund, aka Ardy, den Typen, den ich gerade mal einen Tag kannte, vorstellen musste. Im Zug hatten wir uns noch eine Weile unterhalten. Er war eigentlich ziemlich cool. Ein bisschen seltsam, aber im großen und ganzen cool.

Ich mochte seine Art. Wir hatten zwar noch nicht allzu viel miteinander gesprochen, aber das, was ich in der kurzen Zeit von ihm mitbekommen hatte, war faszinierend. Er war aufgeschlosen und direkt, aber gleichzeitig auch ziemlich nachdenklich. Es kam mir vor, als würde er versuchen alle Menschen zu durchschauen.

Ob er das auch schaffte, konnte ich noch nicht einschätzen.

Plötzlich hörte ich, wie es klingelte und schloss kurz die Augen. Entweder war das Ardy, der schon seit einer Viertelstunde hätte da sein müssen, oder meine Mutter. - Zweiteres wäre ganz und gar nicht gut gewesen. Lautlos ging ich auf die Haustür zu und hielt vor ihr inne.

Mit zitternden Fingern drückte ich die Türklinke hinunter und spähte ins Treppenhaus. Als ich einen grinsenden Ardy da stehen sah, fiel mir ein Stein vom Herzen. "Gott, na endlich!", keifte ich und ließ ihn in meine kleine Wohnung kommen. Er grinste mich entschuldigend an.

"Hi, sorry, bin zu spät. Aber ich hab' verschlafen.", rechtfertigte er sich.

Ich runzelte die Stirn. Wollte er mich verarschen? "Es ist 16:00 Uhr.", stellte ich fest.

"Ich weiß. Und ich bin vor 'ner halben Stunde wie eine Leiche aus dem Bett gekrochen." Argwöhnisch zog ich die Augenbrauen zusammen und verschränkte die Arme vor der Brust. Dass er mir weismachen wollte, dass er bis kurz vor 16:00 Uhr geschlafen hätte, ignorierte ich. Es gab in dem Augenblick deutlich wichtigeres.

"Naja, das is' jetzt auch egal. Wir haben keine Zeit mehr für sowas, sie ist gleich da. Weißt du noch, was ich dir gestern gesagt habe? Was du machen sollst?" Er zog eine Schnute und kratzte sich am Hinterkopf. "Also ehrlich gesagt, nein. Also nicht mehr alles."

Ich schlug mir mit der flachen Hand gegen die Stirn. "Was? Ernsthaft? Ich kann dir ni-"

Ich wurde von der Türklingel unterbrochen und fuhr erschrocken zusammen.

"Oh nein. Scheiße. Scheiße, scheiße, scheiße.", murmelte ich. Dann fuhr ich mir mit der Hand durch die Haare und sah hilfesuchend zu Ardy. Dieser deutete meinen panischen Blick richtig und lächelte mich beruhigend an. "He, immer ruhig bleiben, okay? Lass mich nur machen. Ich improvisiere einfach, ich kann das. Das wird schon klappen."

Ich atmete tief durch. "Ardy, du solltest wissen, dass meine Mutter...sie ist schrecklich."

Es klingelte ein zweites Mal, diesmal länger. "So schlimm ist sie bestimmt nicht." Oh doch. So schlimm war sie. "Willst du nicht aufmachen?", meinte Ardy. "Ich muss wohl.", murmelte ich und tapste zur Haustür, um sie zu öffnen. Im nächsten Moment wurde ich auch schon von meiner Mutter in eine viel zu feste Umarmung gezogen. "Hey, mein Schätzchen!", trällerte sie.

"Mhh, hi.", nuschelte ich unverständlich, während ich versuchte nicht an ihrem ekelhaften, viel zu stark aufgetragenden Parfum zu ersticken. Als sie mich endlich wieder freigab, zupfte ich mein Oberteil zurecht und lächelte sie gequält an. Meine Mutter schlüpfte an mir vorbei in die Wohnung, ich ihr hinterher. Im Flur zog sie sich die Jacke aus und hängte sie auf.

Dann klatschte sie voller Begeisterung in die Hände. "Und? Wo ist denn dein Freund, Schatz?"

Ich warf einen Blick in mein kleines Wohnzimmer. "Er ist-", begann ich. Im nächsten Moment stand Ardy auch schon neben mir uns legte seinen Arm um meine Hüfte. "Hier.", vollendete er meinen Satz. Ich schaute von Ardy zu meiner Mutter und sah Fassungslosigkeit in ihrem Gesicht aufblitzen.

Sie musterte ihn von oben bis unten, schüttelte leicht mit dem Kopf. Es war nicht schwer zu erraten, was sie dachte. Sie war geschockt von Ardys Aussehen. Von seiner Kleidung, von seinen Tattoos.

Ardy ignorierte ihre Blicke und streckte höflich die Hand nach ihr aus. "Freut mich.", meinte er.

Meine Mutter schluckte leise. "Mich auch." Sie nickte ihm nur ausdruckslos zu, ohne ihm die Hand zu reichen. Ardy ließ seine, als er das bemerkte, langsam wieder sinken. Wow. Das fing ja schon mal gut an. Toll, Mama. Echt toll gemacht.

Nach wenigen Sekunden gingen wir alle drei in die Küche und setzten uns an den Tisch. Meine Mutter lehnte sich über den Tisch und musterte Ardy ziemlich auffällig. Schon wieder. Langsam wurde es wirklich peinlich. Zum Glück wandt sie sich dann mir zu. "Tessa, also. Wie läuft's in der Uni? Alles gut?"

Ich wusste, dass sie dieses Thema ansprechen wollte. Sie interessierte sich nur für diese dumme Uni, im Gegensatz zu mir. Ich setzte mich damit schon lange nicht mehr auseinander.

"Jap, läuft bestens." - In Wahrheit hatte ich die Uni geschmissen.

"Sicher, dass diese Beziehung hier dich nicht zu sehr vom Lernen ablenkt?"

Ich verdrehte die Augen und bemerkte Ardys skeptische Blicke, die auf mir ruhten. "Ich bin sehr wohl in der Lage das alles unter einen Hut zu bekommen, keine Sorge." Alles unter einen Hut zu bringen war leichter, als sie dachte. Ich hatte nämlich weder Lernstress, noch einen Freund.

"Schatz.", meinte sie leise. "Ich weiß wie das ist, wenn man jung ist. Aber du musst dich wirklich auf deine Zukunft konzentrieren. Das ist wichtig und funktioniert so nicht."

"Mama, ich krieg' das schon hin, danke.", keife ich genervt. Sie zog überrascht die Augenbrauen zusammen und wandt sich wieder an Ardy, der unser Gespräch gespannt verfolgt hatte. "Studierst du auch, Ardy?" Ja, geil. Jetzt versuchte sie den Fehler bei Ardy zu finden. Toll.

"Nein, leider nicht. Ich arbeite als... Videoproduzent." Ich konnte nicht abschätzen, ob das die Wahrheit war, oder ob er das nur sagte, weil er meiner Mutter seinen echten Job nicht verraten wollte. "Oh, tatsächlich? Arbeitest du bei einer Firma?" Ardy schüttelte den Kopf. "Ich bin selbstständig." "Oh, so jung und schon selbstständig? Wie alt bist du? 20?" "Nee, ich bin fast 23."

Sie runzelte die Stirn und sah wieder zu mir. "Tessa, du bist doch erst 19."

Was? Das war doch wohl nicht ihr verdammter Ernst. "Das sind knappe vier Jahre Unterschied, Mama. Das ist nichts.", murmelte ich. "Nichts sieht aber anders aus." Diese Frau machte mich fertig.

Sie mochte Ardy nicht, das merkte jeder Blinde. Sie versuchte ihn schlecht zu reden. Den ganzen Nachmittag lang ließ sie bissige Kommentare gegen ihn ab. Sie sah ihn und seine Tattoos abschätzig an. Versuchte mich in jedem zweiten Satz davon zu überzeugen, dass er ein schlechter Umgang war. Es war schrecklich. Das mit Ardy und mir war zwar gefaked, aber wäre es nicht so gewesen, hätte sie mir mein Glück nicht gegönnt. Und das war mehr als ekelhaft.

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hi, Leute. schreibt mir doch mal in die Kommis wie ihr die ff findet und lasst ein Vote da. <3

fakin' it ❖ taddl, ardy ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt