47 | Problem mit dem Verzeihen.

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Am nächsten Tag.

"Ardy!!", brüllte ich lauthals durch meine Wohnung. "Jetzt komm doch bitte endlich!"

"Jaha, gleich! Beruhig dich doch mal!", gab er, in einer ebenso lauten Stimmlage, zurück. - Daraufhin rollte ich nur genervt mit meinen Augen und setzte mich ganz kurz im Bett, in dem ich in dem Augenblick lag, auf, um das platte Kissen aufzuschütteln. Als dieses dann wieder flauschig genug aussah, legte ich den Kopf wieder darauf und begann gleichzeitig mit den Fingern an der Bettdecke herumzuspielen. - Ich wartete nun bestimmt schon seit einer gefühlten Ewigkeit darauf, dass Ardy zu mir kam und mir den Tee brachte, um den ich vorher gebeten hatte. Ich fühlte mich nämlich immer noch irgendwie krank, weshalb ich tatsächlich das Kunststück vollbracht hatte, ihn dazu zu bringen, mich zu versorgen. 

Er war an dem Tag sowas wie meine persönliche Krankenschwester. Nur in männlich.

Ich geduldete mich noch einige Sekunden, bis ich schließlich leise seufzte und dann die Hand ausstreckte, um nach meinem Handy, das auf dem Nachttisch, neben mir, lag, zu greifen. Ich schaltete es mit einem Knopfdruck ein, entsperrte es und ging dann schnell auf WhatsApp, um meine neuen Nachrichten zu checken. Dort sah ich, dass Liz mir zwei Nachrichten wegen einer Verabredung geschrieben hatte. Außerdem hatte ich noch eine weitere von meiner Mutter und eine von einem Kollegen aus dem Kindergarten. - Und ja, das war's dann auch schon. Ich hatte zwar Nachrichten bekommen, aber eben nicht von der Person, von der ich mir eine gewünscht hatte. Ich wartete schon seit Stunden darauf, dass er -Taddl- endlich mal auf die Nachrichten, die ich ihm geschrieben hatte, reagierte.

Aber nichts. Keine Nachricht, keine Reaktion, kein Lebenszeichen, buchstäblich nichts. 

Er war mehrmals online gewesen, hatte gelesen, was ich ihm geschrieben hatte und mir trotzdem nicht geantwortet. - Die erste Nachricht hatte ich ihm bereits am letzten Abend geschickt, ganz kurz nachdem ich in meiner Wohnung angekommen war. Darin hatte ich versucht ihm zu erklären, warum genau ich abgehauen war und warum ich es ihm nicht persönlich erzählt hatte. Dann, am Morgen hatte ich ihm, wegen seiner ausgebliebenen Reaktion, noch einmal geschrieben, aber leider hatte er auch darauf nichts geantwortet.

Eigentlich fand ich diese Menschen, die sich zu sehr auf den Onlinestatus bei WhatsApp konzentrierten, immer total dumm. Aber in dem Moment verstand ich zum ersten Mal, wie scheiße frustrierend diese, eigentlich unwichtige, Zeitangabe wirklich sein konnte...

Mein Gott, ich wusste halt einfach wirklich nicht, was mit ihm los war. Ich verstand nicht, warum er glaubte, mich ignorieren zu müssen. Ich meine, falls er tatsächlich wütend auf mich war, konnte ich es ja verstehen. Ich war einfach so verschwunden und das hatte ihn wahrscheinlich verärgert. Aber, das war noch lange kein Grund, mich so zu behandeln! Er hätte mir doch zumindest sagen können, wie er sich fühlte... Er hätte mir sagen können, wie scheiße meine Aktion gewesen war. Er hätte einfach nur mit mir reden sollen. Es war nämlich immer besser zu sagen, was man dachte. Denn, wenn er nicht zurückschreiben und seine Gedanken für sich behalten wollte, konnte ich ja nicht wissen, was ihn störte. Klar, ich konnte es vielleicht irgendwie erahnen, aber eben nicht mit Sicherheit wissen. 

Das einzige, was ich von ihm verlangte, war Gewissheit. Ich wollte nur einen Anruf oder eine Nachricht von ihm; nur eine Erklärung, warum er sich verhielt, wie er sich verhielt.

"Okay, ich bin jetzt hier.", riss mich plötzlich eine mir nur allzu gut bekannte Stimme aus meinen wirren Gedanken. Reflexartig sah ich von meinem Handydisplay auf und richtete meinen Blick in Richtung der Tür. Dort entdeckte ich Ardy, der gerade -eine grüne Tasse in der Hand- mein Zimmer betrat. Er kam mit langsamen Schritten auf mich zu, während ich das Handy neben mir, auf der Matratze, ablegte und mich vorsichtig aufsetzte. Als er sich dann schließlich direkt vor mir befand, drückte er mir jene Tasse mit einem sanften Lächeln in die Hand. "Und das hier is' der Früchtetee, den du unbedingt haben wolltest."

fakin' it ❖ taddl, ardy ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt