49 | Der Pizzalieferjunge.

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Direkt nachdem meine Schicht im Kindergarten zu Ende gegangen war, machte ich mich auf den Weg zu der Wohnung von Liz. Ich war wegen dem vorherigen Telefonat mit Taddl nämlich immer noch total fertig und durcheinander und brauchte einfach jemanden, mit dem ich darüber sprechen konnte. Ich brauchte jemanden, bei dem ich mir bedenkenlos alles, was mich beschäftigte, von der Seele reden konnte. Jemanden, der mich von allen meinen Sorgen ablenken und mich aufheitern konnte... Jemanden, der sich bestens mit solchen, aussichtslos scheinenden, Situationen auskannte, deshalb wusste, wie man am besten damit umging, und mir außerdem noch versprach, dass alles wieder gut werden würde. Auch wenn das vielleicht nur eine Lüge war, brauchte ich diese Worte unbedingt.

Anders gesagt: ich brauchte meine beste Freundin. In dem Moment mehr, als je zuvor. 

Als ich nach dem, zugegebenermaßen relativ langen, Fußweg dann schließlich vor ihrer Wohnungstür angekommen war, drückte ich auf die Türklingel und steckte beide Hände dann in meine Jackentaschen, während ich voller Ungeduld darauf wartete, dass Liz mir endlich aufmachte. Ein paar, wenige Sekunden vergingen, in denen ich meine Lippen zu einem schmalen Strich zusammenpresste und mucksmäuschenstill da stand, damit ich es auch ja mitbekam, wenn sich auf der anderen Seite der Tür etwas tat. Und tatsächlich, im nächsten Moment, vernahm ich plötzlich Schritte, die sich mir näherten. Kurz darauf wurde die Tür auch aufgerissen, sodass ich das Gesicht meiner Freundin sehen konnte.  

"Hey.", begrüßte ich sie, während ich versuchte ihr ein schwaches Lächeln zu schenken.

"Oh. Uhm... Tessa, du bist's. Hi.", erwiderte sie langsam und rieb sich mit der Hand über die Stirn. - Ich bemerkte sofort, dass sie über meinen spontanen Besuch überrascht war. Da ich mich normalerweise immer vorher ankündigte, wenn ich vorhatte zu ihr zu gehen, konnte ich sogar verstehen, wie überrumpelt sie gewesen sein musste. Aber, es war nicht nur das. Da war noch etwas anderes in ihrem Blick. Etwas, das mir das starke Gefühl gab, dass sie noch jemand anderen erwartet hatte. Die Art, wie sie mit mir geredet hatte, wie sie den Mund verzogen hatte, als sie bemerkt hatte, dass ich geklingelt hatte... - Und das waren sogar nur zwei der vielen Gründe, die mich auf diesen Gedanken kommen ließen. 

Bevor ich überhaupt richtig angekommen war, fühlte ich mich also schon fehl am Platz.  

Ich räusperte mich leise und biss mir auf die Unterlippe, während ich die Hände aus der Jacke nahm und mir dann die Haare hinter die Ohren strich. "Uh ja, ich bin's. Komm' ich ungelegen? Ich will nicht stören, aber... weißt du, ich wollte einfach mal mit dir reden..."

Sie warf mir entschuldigende Blicke zu. "Es ist jetzt wirklich 'n bisschen schlecht. Sorry."

"Okay, aber... hast du nicht trotzdem ganz kurz Zeit für mich?", fragte ich vorsichtig und schaute ihr dabei direkt in die Augen. Ich glaubte ihr, wenn sie sagte, dass sie keine Zeit hatte. Ich meine, es war klar, dass sie auch noch andere Dinge zu tun hatte, die nicht mit mir und meinem Leben zusammenhingen... Ich verstand ja auch, dass es andere Sachen gab, die wichtiger waren, als meine Probleme... Aber, keine Ahnung, trotzdem wollte ich irgendwie versuchen kurz mit ihr zu reden. Ich brauchte das jetzt einfach. Unbedingt. Ich brauchte ihre ehrliche Meinung zu der Sache mit Taddl. Mehr, als ein, zwei Minuten ihrer Aufmerksamkeit wollte ich ja gar nicht. Nachdem wir darüber geredet hatten, konnte ich ja auch schnell wieder abhauen und sie in Ruhe lassen, wenn es das war, was sie wollte.

Denn, mal ganz ehrlich, so ein kurzes Gespräch war doch wirklich nicht zu viel verlangt. Ich hätte immerhin auch dasselbe für sie gemacht, wenn sie mich darum gebeten hätte. 

"Ich weiß nicht so recht...", murmelte sie jedoch halblaut. "Ich hab' gerade Besuch und-"

"Liz! Hey! Hast du die Pizza?!" - Mit diesen Worten unterbrach plötzlich eine Stimme, die aus ihrer Wohnung kam, Liz' Versuch mir die Situation zu erklären. Voller Verwunderung zog ich die Augenbrauen zusammen, als ich merkte, dass es eine männliche Stimme war. Ich sah, wie sie die Augen kurz schloss und begann langsam aber sicher zu kapieren, was abging. -Damit was sie also beschäftigt. Mit einem Typ.- Dieser war wohl allem Anschein nach bei ihr in ihrer Wohnung und hielt sie deshalb auch davon ab mit mir zu reden und mir zuzuhören... Das einzig Gute an der Stimme, die ich da gehört hatte, war, dass diese mir, wenn auch indirekt, verraten hatte, wen Liz vorhin erwartet hatte: einen Pizzaboten.

fakin' it ❖ taddl, ardy ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt