41 | Schlechtes Gewissen.

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➳ Tessa

(Montag, still.)

"Und jetzt, bitte, sag mir, ganz ehrlich: sollte ich ein schlechtes Gewissen haben?", wollte ich von meiner besten Freundin, die gegenüber von mir, am Küchentisch saß und sich im Minutentakt immer mal wieder einen Löffel voll Joghurt in den Mund schob, wissen. - Sie war vor einer knappen Viertelstunde vorbeigekommen und hatte sich seitdem alle meine neusten, wirren Gedanken bezüglich Taddl und Ardy, die ich endlich jemandem erzählen musste, angehört. - Und ja, jetzt wartete ich eben noch auf ihren Beitrag zu dem Thema. 

Sie zog aber, aufgrund von meiner Frage, die Brauen hoch. "Weil du Sex hattest...? Nein."

Ich rollte mit meinen Augen und stöhnte leise auf. "Du weißt, dass ich nicht das meine."

"Was denn dann?", fragte sie, so als ob sie wirklich nicht verstand was ich meinte. "Stell deine Fragen doch bitte 'n bisschen konkreter." - Ugh. Es war ja nicht so, dass ich ihr vor wenigen Minuten alles, was mich beschäftigt hatte, sehr detailliert erzählt hatte und es deshalb auch eigentlich hätte klar sein müssen, worauf ich hinauswollte. Aber okay, gut, wenn sie wirklich nicht von selbst draufkam, musste ich ihr eben auf die Sprünge helfen.

Ich erklärte es ihr also noch einmal schnell und wurde, wie sie verlangt hatte, 'konkreter'.

"Ich rede, übrigens nach wie vor, von dem Fakt, dass ich es nicht über mich bringe Taddl und Ardy voneinander zu erzählen.", erklärte ich, während ich mir auf die Unterlippe biss und meinen Rücken leicht nach hinten, gegen die hölzerne Lehne des Stuhls, auf dem ich saß, lehnte. "Sollte ich ein schlechtes Gewissen haben, weil ich's ihnen nicht sage...? Weil ich sie belüge? Oder vielleicht weil ich, trotz dieser Scheiße, mit Taddl geschlafen habe?"

"Viele Menschen haben Geheimnisse, vor der Person, mit der sie schlafen.", erwiderte sie nur schulterzuckend. "Ganz ehrlich, sowas besonderes und seltenes ist das nich', Tessa."

Ich seufzte leise und verdrehte meine Augen. "Das beantwortet meine Frage aber nicht."

Sie nahm einen Löffel Joghurt in den Mund und schaute dabei direkt zu mir. "Also schön, dann... also, uhm... Gegenfrage: hast du denn eins? Ein schlechtes Gewissen, mein' ich."

"Naja... macht es mich zu einem schlechten Menschen, wenn ich nein sage?", entgegnete ich fragend, während ich mir mit der flachen Hand den Nacken rieb und die Lippen dann zu einem dünnen Strich zusammenpresste. - Ja, richtig gehört, ich hatte kein schlechtes Gewissen. Gegenüber niemandem. Ich meine, ja, ich wusste, wie scheiße es war zu lügen. Ich wusste, dass Lügen meistens nach hinten losgingen und jede noch so blöde Situation sogar verschlimmern konnten. Und trotzdem hatte ich, wie schon vorher erwähnt, weder Schuldgefühle noch ein schlechtes Gewissen. Das soll jetzt aber nicht bedeuten, dass ich richtig gerne log, sondern einfach, dass ich mich dabei nicht sonderlich schlecht fühlte. 

"Oh Gott, Tessa. Natürlich nicht.", meinte Liz grinsend. "Du lügst nur, du hast niemanden umgebracht. Und sowas macht dich nun wirklich nicht zu einem schlechten Menschen."

"Es ist nicht nur lügen.", wendete ich ein. "Ich belüge sie sicher schon seit einem Monat."

"Na und...?", kontere sie mit einem leichten Schulterzucken, während sie den Löffel, den sie bis zu dem Zeitpunkt in ihrer Hand gehalten hatte, auf dem Küchentisch, neben dem Joghurtbecher, ablegte. "Das is' doch noch gar nichts. Deine Mutter lügst du doch schon mindestens genau so lange an. Wenn nicht sogar doppelt, drei- oder viermal so lange."

Langsam verschränkte ich die Arme vor der Brust. "Das ist aber was komplett anderes."

Sie zog, voller Verwunderung über meine Aussage, die Augenbrauen hoch. "Inwiefern?" 

fakin' it ❖ taddl, ardy ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt