IX ✔️

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Er sah Draecon langsam an der kalten Steinwand zu Boden sinken.

Das Gesicht des Assassinen war aschfahl, war es Schweiß, der da so auf seiner Stirn glänzte?

Der Elf taumelte und blieb am Boden liegen.

Die Kentauren preschten auf Draecon zu.

Aber er war vorbereitet.

Sein Schwert hielt er bedrohlich erhoben, als er aus der Gasse stürmte und sich breitbeinig vor Draecon stellte. Er kannte diesen Mann nicht wirklich, hatte nur jene Geschichten über ihn gehört, die jeder in Nyrathur kannte. Aber es war seine Pflicht, Draecon zu schützen.

Bei dem Gedanken an all die Leichen in der Straße wurde ihm schlecht. Draecon war gefährlich. Er hatte alleine mehr als zwei Dutzend Kentauren niedergestreckt. Gut, sie waren betrunken und rasend vor Zorn, aber gemeinsam bildeten sie oft eine eingespielte Einheit.

Er schlug gleich zwei Kentauren das Haupt vom Körper, tänzelte um seine Feinde herum und streckte sie schon nieder, ehe sie sich auch nur nach ihm umgedreht hatten. Seine weißen Stiefel traten dabei in die hohen Pfützen aus Blut, auch sein Mantel war schon bald mit dunklen Flecken übersäht.

In der Dunkelheit hatte er den entscheidenden Vorteil, für die Pferdemänner war er nichts weiter als eine weiße, umherwirbelnde Gestalt.

Es war so verdammt einfach. Es war wie ein Tanz.

Ein Ausfallschritt nach hinten, ein Neigen des Kopfes zur Seite, ein entscheidender Schritt nach vorne.

In seinem Ohr klang das Lied der Orchysea, eines jener Stücke, die auf den Festen der gehobenen Elfen gespielt wurde, die er so gerne besuchte.

Der letzte Kentaur fiel.

Und er drehte sich zu Draecon um.

-

Zum wiederholten Male erbrach sich Draecon. Die Galle stieg rau und sauer in seinem Hals auf.

Ihm ging es beschissen. So beschissen, wie es ihm seit langer Zeit nicht mehr gegangen war.

Sein linker Arm kribbelte, die Finger waren taub und ein schmerzhaftes Pochen hatte sich in seinem Kopf und seinem Oberkörper breitgemacht.

Aber er lebte.

Der Assassine wusste nicht, wo er war. Als er eben zum ersten Mal versuchsweise die Augen geöffnet hatte, hatte sich alles um ihn herum so stark gedreht, dass er nichts hatte erkennen können. Das Einzige, was er wusste, war, dass er in einer Art Kutsche sein musste. Der Weg unter ihm war holprig und das schmale Bett, auf dem er liegen musste, knirschte und knarzte.

Jemand hatte ihn gefunden. Jemand hatte ihn aus der Straße getragen. Aber er wusste nicht, wer dieser jemand war.

Ein weiterer Schwall von Erbrochenem landete irgendwo zu Draecons rechter Seite. Hoffentlich hatte dieser Jemand einen Eimer dort hingestellt. Er täte sich damit selbst einen Gefallen.

Draecon hustete und ließ seinen schmerzenden Kopf in ein Kissen fallen. Die Matratze, auf der er lag, war hart und stank nach Schweiß.

Seinem Schweiß?

Mit der Zeit hatte der Schwindel etwas nachgelassen, auch wenn das Holpern unter ihm nicht gerade zu Draecons Genesung beitrug.

Mit einem Ruck kam das Gefährt zum Stehen.

Der Assassine schlug die Augen auf.

Die Kutsche besaß ein einziges Fenster, vor das ein blauer, gestreifter Vorhang gezogen war. Bei seinem Anblick wurde dem Elfen wieder schlecht.

Breath Of Death - Silbernes LodernWhere stories live. Discover now