XXII

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„Verzeihung?", die leise, heisere Stimme eines Kobolds holte Draecon zurück aus seinem Halbschlaf. Dunkle Ringe lagen unter seinen Augen, seit Tagen konnte er nicht gut schlafen. Die Sorge um seinen Herrn wurde mit jedem Tag größer und die Tatsache, dass der Elf nicht wusste, wo der Silberne war, ließ ihn durchdrehen. Es war ein klarer Befehl von dem Drachen gewesen, dass er Draecon nicht in seiner Nähe haben wollte und dass der Assassine Elyssus töten sollte. Nie würde sich Draecon gegen eine Anweisung wehren, aber glücklich war er damit nicht.

Gereizt wandte er den Kopf zum Kobold. Er hatte keine Ausdauer, ihre Namen zu lernen. Jeden Tag kam einer in sein verstecktes Lager, um ihm zu sagen, dass der Bote noch nicht zurückgekehrt war. Vermutlich auch, um zu sehen, ob Draecon noch lebte. Die Kobolde brachten ihm Essen und Trinken, Decken und Münzen. Hier in dieser Stadt war er der Meistbietende als Vertrauter eines Drachen.

Dennoch nervte den Elfen das ständige Verbeugen. Er war nicht von herrschaftlicher Herkunft. Nur ein Elf, den es erfüllte, seinem Drachen zu dienen.

„Der Bote ist zurückgekehrt. Rafnas Bezahlung steht nun aus", nuschelte der Kobold und trat vertreten auf der Stelle. Sofort erhob sich Draecon. Endlich. Es war nun mehr als eine Woche vergangen, seit er Rafna darum gebeten hatte, einen Boten auszusenden.

„Wo treffe ich ihn an?", fragte der Elf den Kobold. Stumm wies dieser hinter sich, wo Rafna und ein fremder Kobold mitten auf der Straße standen und ihn anblickten.

Draecon stöhnte. Offensichtlicher ging es wohl auch nicht. Mit einer genervten Handbewegung winkte er die beiden zu sich in das verlassene Häuschen, das er sich zum Besitz gemacht hatte. Der Dachstuhl war mit der Zeit teilweise eingebrochen und eine Trennwand im Inneren des Hauses war gefallen, aber ansonsten hatte der Elf vier Wände um sich herum, wo wohl niemand nach ihm suchen würde. In dem Licht des kleinen, flackernden Lagerfeuers blickte sich der Bote staunend um, während Rafna seinen Blick auf Draecon richtete.

„Was hat dein Bote erfahren?", fragte der Elf und erwiderte Rafnas Blick eisern. Der Bote, der dem Assassinen kaum bis zu den Knien ging, begann schnell und aufgeregt zu reden.

„Freya lebt in Cadania in einem Haus mit roten Wänden. Es ist ein Prachtstück, eine Villa mit einem Vorgarten wie aus tropischen Regionen. Das Haus wird unter dem Namen Hendricks geführt, er ist der Kentaur, der alle Besucher empfängt. Er ist Spitzel der Drachen und arbeitet eng mit Freya zusammen. Freya selbst wohnt unten im Keller des Hauses, in dem sie über eine ganze Bibliothek von Büchern über Magie verfügt.

Freya besitzt eine riesengroße Bibliothek, in der man angeblich auf alle Fragen Antworten findet. Sie ist auf keiner Reise, so sagt man. Freya verlässt nie ihr Haus", erzählte der Kobold. Draecon hörte genau zu und nahm jedes einzelne Wort in sich auf. Er beugte sich zu dem Jungen herab und lächelte ihn an. Zumindest gab er sein Bestes.

„Ich danke dir", sagte er, seine Stimme klang trotz seines Gesichtsausdruckes hart und kühl. Er steckte dem Kobold drei kleine Goldmünzen in die Hand und ein Leuchten wurde auf dessen Gesicht breit.

„Ich möchte ein Pferd. Ich weiß, Rafna, dass du Kontakte hast. Besorge mir einen Rappen, tiefschwarz wie die Nacht, der mehrere Tage durchreiten kann. Besorge mir kein kümmerliches Pony, sondern ein Elfenpferd, das versteht, um was es geht!", befahl er und warf dem Wirt die Münzbeutel zu, die er ihm versprochen hatte.

Rafna nickte. „Ich verstehe. Zu wann soll es hier sein?", fragte er und Draecon knurrte. „So bald wie möglich, würde ich wohl meinen. Ich danke euch, auch wenn ich es nur schwer über die Lippen bekomme. Besorge mir das Pferd Rafna, ich warte hier und bin jederzeit zum Aufbruch bereit."

———

Es war kaum eine Stunde vergangen, da stand Rafna wieder vor der Ruine und rief nach Draecon. Der Elf zog genervt die Augenbrauen zusammen. Der Kobold lernte es wirklich nicht, dass er unentdeckt bleiben wollte.

Schnell packte der Elf dem Wirt an den Kragen, hob ihn hoch und drückte ihn gegen eine steinerne Wand. Rafnas Augen hatten sich vor Schreck geweitet und er brachte keinen einzigen Ton heraus. Draecon grollte, seine Nasenspitze nur wenige Zentimeter von der langen des Koboldes entfernt.

„Schreist du noch einmal so durch die Gegend, Heinzelmännchen, bist du noch heute ein toter Wicht! Du hast vergessen, mit wem du dich eingelassen hast. Ich bin Draecon, der stille Tod, und es ist wahrlich keine gute Idee, meine wertvolle Zeit mit solchen Dummheiten zu vergeuden!", Draecons Stimme war so leise und drohend, dass er spürte wie Rafna eine Gänsehaut überkam. Stumm nickte er, der kleine Mund mit den scharfen Eckzähnen offen vor Angst.

„Die Bezahlung", brachte er mühsam hervor und Draecon ließ den Kobold langsam wieder hinab auf den Boden. Der Elf drehte sich um und bückte sich, um die wenigen Habseligkeiten, die er besaß, einzusammeln. Eine Öllampe, einen Wetzstein und den Rucksack, in dem sein Mantel, seine Messer und ein wenig Trockenbrot und Wasser verstaut waren.

„Wo finde ich das Pferd?", fragte der Assassine, während er ungeduldig das Feuer austrat. "Die Gasse runter und dann zweimal links", antwortete Rafna beleidigt. Der Wirt hatte verdammt schnell sein Selbstbewusstsein zurückerlangt.

Draecon warf ihm den versprochenen Lohn zu.

„Ich war nie hier. Sollte ich erfahren, dass nur ein Wort über mich von deinen Lippen gekommen ist, werde ich dich suchen, finden und bei lebendigem Leibe verbrennen, wie man es mit Verrätern macht", knurrte der Assassine, dann ging er hinaus und war schon bald in der diesigen Gasse verschwunden.

Breath Of Death - Silbernes LodernWhere stories live. Discover now